Seit knapp drei Wochen gilt: Wer ein Medikament verschrieben bekommt, erhält dieses nur noch über ein sogenanntes E-Rezept. Für Ärzte, Apotheker und auch Patienten soll das vieles erleichtern. Aber funktioniert das in der Praxis auch wirklich so reibungslos?
Ohne Internet geht nichts
Alexander Gluns ist stellvertretender Leiter der Berthold-Apotheke in VS-Villingen. Er berichtet von normalen „Kinderkrankheiten“ in den ersten Tagen, etwa wenn E-Rezept-Server manchmal nicht erreichbar sind oder nur langsam antworten. „Und ohne eine funktionierende Internetverbindung geht nichts“, gibt er zu bedenken. Dann sei es unmöglich, an die hinterlegten Rezept-Daten auf den Servern zu kommen.
Ab und an komme es vor, dass noch gar keine Daten vorliegen, wenn der Kunde nach einem Arztbesuch direkt zur Apotheke geht. „Das ist aber kein technisches Problem“, erklärt er. Vielmehr würden Verschreibungen in manchen Praxen immer gesammelt abgearbeitet, wenn der Arzt gerade Zeit dafür hat. Dann liege das Rezept erst mit Verzögerung vor.
Alexander Gluns schätzt aber auch die Vorteile, die das neue Verfahren bietet, „etwa bei Rücksprachen mit Ärzten oder bei nötigen Korrekturen.“ Noch während einem Telefonat mit der Praxis könne das Rezept gelöscht und neu übermittelt werden.
Effektive Arbeitserleichterung
Überzeugt von den neuen Möglichkeiten ist Michael Luft, Facharzt für Innere Medizin in VS-Villingen. „Wir haben bereits im Dezember damit angefangen, das neue System einzuführen“, berichtet er. Dadurch konnte man bereits vor dem offiziellen Start Erfahrungen sammeln und sich mit Problemen auseinandersetzen.
Entsprechend reibungslos sei der Januar bisher verlaufen. Bis auf wenige kurze Ausfälle ganz zu Beginn, habe es kaum Probleme gegeben. „Wir haben komplett umgestellt“, berichtet der Mediziner, der bei solchen Maßnahmen nichts von halben Sachen hält.
Klassische Papier-Rezepte gibt es bei ihm in seiner Praxis nur noch bei Hausbesuchen, oder für Privatpatienten, was er als „effektive Arbeitserleichterung“ beschreibt. Mit nur zwei Klicks am Computer sei das E-Rezept inklusive digitaler Signatur versendet. Mehr Rückfragen von Apotheken oder Probleme mit den Rezepten seien nicht häufiger als vorher.
Großer bürokratischer Aufwand
Eine andere Sichtweise berichtet Peter Meess, Inhaber der Hofapotheke in Donaueschingen. Das Jahr begann auch dort mit einigen Ausfällen und Überlastungen des Systems. Viele Kunden hätten noch nicht genau verstanden, was das E-Rezept eigentlich ist, wie es im Detail funktioniert.
Die größte Last sieht Meess aber in den vielen Rücksprachen mit Ärzten, etwa wenn ein Medikament nicht erhältlich ist. Ein großer bürokratischer Aufwand, wie er findet, und das in einer Zeit, in der noch immer viele Medikamente nicht verlässlich lieferbar seien. Häufig sind dann Alternativen gefragt, von anderen Herstellern, mit anderen Wirkstoffen oder in anderer Dosierung. „In jedem Fall müssen wir den Arzt kontaktieren. In der Praxis wird das alte Rezept dann gelöscht und ein neues erstellt“, so Peter Meess.

Mit jeder Rückfrage geht Zeit verloren, ihm selbst aber auch den Ärzten. Er und sein Sohn Fabian, ebenfalls in der Hofapotheke tätig, sehen durchaus auch die Vorteile der E-Rezepte, wie etwa bei Folgerezepten. Unter dem Strich überwiegen aber noch die negativen Aspekte. Sie fordern daher Verbesserungen und weniger Bürokratie, ganz ähnlich, wie es bei den Papier-Rezepten einst war, schnell und unkompliziert.
Altes Rezept hat noch nicht ausgedient
Dabei sind die Verschreibungszettel längst nicht ausgestorben. Noch immer kommen sie zum Einsatz. Peter und Florian Meess sprechen von „häufig“, Alexander Gluns geht gar von einem ausgeglichenen Verhältnis aus, 50 Prozent E-Rezepte, 50 Prozent klassische Rezepte.
Gluns vermutet, dass noch nicht alle Ärzte komplett umgestellt haben, sei es wegen technischen Problemen oder wegen einer noch immer verbreiteten Skepsis gegenüber dem E-Rezept.
Nur bei bestimmten Medikamenten
Von einem leichten Mehraufwand kann auch Gereon Dennebaum von der Hausärztlichen Gemeinschaftspraxis am Riettor in Villingen berichten, allerdings nur bei bestimmten Medikamenten wie Penicillin oder Cholesterinsenkern. Hier gebe es immer wieder Rückfragen. Einen generellen Anstieg sieht der Facharzt für Innere Medizin allerdings nicht. Gut funktioniere das hauseigene Rezepttelefon für Vorbestellungen.
Unter dem Strich beschreibt er die Einführung des E-Rezepts aber als eine Veränderung, noch nicht als Verbesserung, obwohl auch in seiner Praxis bereits im Dezember mit der Umsetzung begonnen wurde