Weihnachten ist das Fest der Familie – Liebe, Harmonie und ein gemütliches Miteinander. Dennoch streiten sich viele Paare bereits bei der Vorbereitung des Festes.
Ein Großteil der Familien erlebt Weihnachten mit Konflikten und Spannungen. Viele Menschen verbinden Heiligabend und die Weihnachtsfeiertage mit Stress, Pflichten und Leistungsdruck.

Das Problem sind zu hohe Erwartungen
„Das Problem sind die Erwartungen“, erklärt Ramona Bliestle. Die Konflikt- und Antiaggressionstrainerin ist Gründerin der Beratungsstelle für Kinder und Jugendliche „Lebenskomplizen“ mit Büros in Schwenningen und Donaueschingen. Die Buchautorin und Rednerin hat vor eine kurzem eine Umfrage unter ihren Followern auf Instagram gestartet.

Das Ergebnis: Viele verbinden „Familie“ und „Weihnachten“ mit Frust, Chaos und Zwang. Die Weihnachtszeit wird häufig als stressig und hektisch erlebt. Einige bezeichnen sie als „Horror.“ 61 Prozent der Antwortenden beschreibt Weihnachten als „teilweise harmonisch“.
Was kann man tun, damit das Fest an Weihnachten friedlich verläuft und die Zeit harmonisch erlebt wird? Dafür hat Ramona Blieste folgende Empfehlungen:
1. Über Erwartungen reden
Jeder hat andere Erwartungen an Weihnachten – deshalb müsse man sich darüber in einem ruhigen Rahmen in lockerer Form austauschen.

Die erfahrene Konflikttrainerin empfiehlt dafür eine einfache Methode: „Jeder schreibt zwei Erwartungen auf Zettel – und dann spricht man gemeinsam darüber, wie diese erfüllt werden können.“
2. Zuhören und Wahrnehmen
Es sind oft Kleinigkeiten, die zu Missverständnissen und Unfrieden führen. Probleme sollten direkt angesprochen und Wünsche offen geäußert werden. Zum Beispiel von der Mutter, die für die Familie gekocht hat. „Ich fände es schön, wenn beim Essen der Fernseher nicht läuft.“
3. Gemeinsame Erlebnisse schaffen
Den Tannenbaum gemeinsam schmücken. Bei einem Spaziergang den neuen Puppenwagen einweihen. Eine Radtour mit dem neuen Fahrrad. „Gemeinsame Aktivitäten schaffen Bindung“, erklärt Ramona Bliestle.
4. Lachen
Lachen nimmt Druck und befreit. Dafür können Situation bewusst geschaffen werden. Man könnte auch Aufträge an die Kinder verteilen, wie zum Beispiel: „Bring die Oma beim Frühstück zum Lachen.“
5. Bewegung
Das Kaffeetrinken mit der ganzen Familie ist gerade noch gut gegangen? Bevor es zu Spannungen kommt, sollte die Stimmungsreissleine gezogen werden. Dafür empfiehlt Ramona Bliestle zum Beispiel einen kleinen Spaziergang. „Bewegung wird oft unterschätzt,“ erklärt die Therapeutin.
Kinder übernehmen die Anspannung der Eltern
Die Sozialpädagogin hat jahrelang in Einrichtungen der Jugendhilfe gearbeitet und berät Familien in Krisensituationen. Dabei hat sie erlebt, wie wichtig es sei, Kindern keinen Druck zu machen. Bis zu ihrem zehnten Lebensjahr könnten Kinder ihre Gefühle nicht selbstständig regulieren. „Sie übernehmen die Anspannung der Eltern und ihrer Umgebung,“ beschreibt die Autorin von mehreren pädagogischen Sachbüchern. Wenn sich die Eltern an Weihnachten unter Druck setzen, übertrage sich das auf die Kinder.
Lieber ein Kartenspiel als Playstation
Aus ihrer therapeutischen Arbeit mit Kindern weiß Ramona Bliestle, was sich die meisten Kinder an Weihnachten wünschen: „Zeit miteinander – ohne Technik.“ Ein kurzweiliges Tisch- oder Kartenspiel mit der Familie sei für viele Kinder wichtiger, als sich allein mit der neuen Playstation zu beschäftigen.
„Das Wertvollste, das wir haben, ist Zeit,“ erklärt die Therapeutin. Deshalb seien gemeinsame Erlebnisse das schönste Geschenk, das man sich gegenseitig machen könne. Dies gelte für das ganze Jahr – nicht nur an Weihnachten.
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