Zum dritten Mal haben Helfer aus dem Schwarzwald Hilfsgüter in die Ukraine gebracht. Roland Müller, Andrea Winter und weitere Helfer aus Unterkirnach und anderen Gemeinden kehrten jetzt nach zehntägiger Reise zurück. Nur knapp ist der Tross dabei einem Raketenangriff entkommen.
Mehrere Tonnen dabei
Am 9. April ist der Konvoi mit fünf Kleinlastern und zunächst neun Personen in das 1500 Kilometer entfernte Lemberg gestartet. „Wir hatten mehrere Tonnen Lebensmittel, Medikamente, medizinische Geräte, Rollstühle, Hygieneartikel und Waschmittel, Schlafsäcke, Kissen und Isomatten dabei“, zählen Roland Müller und Andrea Winter auf.
Kurz vor der polnischen Grenze kehrten zwei Personen mit einem Fahrzeug um, da ihnen die Situation offensichtlich zu brenzlig wurde. So erreichten nach langer Anreise sieben Personen mit vier Fahrzeugen den polnisch-ukrainischen Grenzübertritt in Medyka. Dort kommen täglich unzählige ukrainische Flüchtlinge an.
Aber nicht nur. „Wir haben auch sehr viele Menschen gesehen, die bereits wieder zurück in ihr Land gehen“, sagt Roland Müller. Seiner Einschätzung nach hält sich der Strom an Flüchtenden und Rückkehrern in etwa die Waage. Die Menschen, die zurück wollen, möchten ihr Land nicht im Stich lassen, sondern den Wiederaufbau der zerstörten Städte so schnell wie möglich vorantreiben.
„Außer, es war Fliegeralarm, dann mussten wir runter, aber nicht in den Keller.“Roland Müller, einer der Helfer
Etwa 70 Kilometer hinter der Grenze liegt die Stadt Lwiv, auf deutsch Lemberg. Die Stadt im Westen galt bislang als relativ sicherer Zufluchtsort für ukrainische Geflüchtete. Das dortige Krankenhaus, eine Poliklinik, war erstes Ziel des Unterkirnacher Hilfskonvois. Dort haben sie auch übernachten können.

„Die Klinik hat sieben Stockwerke, von denen die oberen Etagen bereits geräumt wurden“, sagt Andrea Winter. Die deutschen Helfer konnten in einer dieser geräumten Etagen nächtigen. „Außer, es war Fliegeralarm, dann mussten wir runter, aber nicht in den Keller“, ergänzt Müller.
Ukrainer bei Alarm gelassen
Überhaupt reagierten die Menschen bei Alarm eher gelassen. Viele seien weiter ihren Tätigkeiten nachgegangen und hätten keinen Schutz in einem Keller gesucht. Fliegeralarme haben sie während ihres mehrtägigen Aufenthalts insgesamt fünf Mal erlebt. „Aber wir haben nie Flugzeuge oder Raketen am Himmel gesehen“, beschwichtigt Müller.
Fünf Raketenangriffe
Das änderte sich schlagartig. Nur wenige Stunden, nachdem der Unterkirnacher Hilfskonvoi Lemberg verlassen hat und auf der Rückfahrt war, gab es am Morgen des 18. April fünf Raketenangriffe auf Lemberg, bei dem sechs Menschen getötet wurden. „Zu diesem Zeitpunkt waren wir bereits in der Slowakei“, sagt Müller.
Das wirkt bei den Helfern nach, die während ihres mittlerweile dritten Aufenthalts inzwischen viele Freundschaften mit den Menschen in Lemberg geschlossen haben. Während ihres Aufenthalts, bei der sie auch weitere Sammelstellen anfuhren um ihre Hilfsgüter abzuladen, darunter ein Kinderheim, in dem versucht wird, den Kindern, die auf der Flucht sind, ein möglichst unbeschwertes Leben zu ermöglichen, konnten die Helfer bei einer von Militär geschützten Sightseeing-Tour auch viel von Lemberg sehen.
Trotz Krieg eine wunderschöne Stadt
„Es ist eine wunderschöne Stadt, bei der noch die Einflüsse aus der österreichisch-ungarischen Kaiserzeit zu sehen sind“, schwärmt Andrea Winter. Allerdings sind die Einflüsse des Krieges auch zu sehen. „Es gab viele Straßensperren, die Polizei und das Militär haben streng kontrolliert.“
Trotz des hohen Risikos, dass die Russen mittlerweile auch Teile der West-Ukraine angreifen, planen die Helfer aus Unterkirnach bereits den nächsten Hilfsgütertransport. „Wir wollen versuchen, im monatlichen Rhythmus dorthin zu fahren“, sagen Andrea Winter und Roland Müller.
Derweil läuft auch die Ukraine-Hilfe in Unterkirnach weiter auf Hochtouren. Wie die Initiatorin Susanne Ciampa sagt, leben mittlerweile 50 Personen in Unterkirnach. Die Unterstützung aus der Bevölkerung sei ungebrochen hoch. „Wir haben für diese Menschen ein großes Wohnraumangebot bekommen und benötigen noch weiteren Wohnraum, aber auch Kleidung.“ Denn während die ersten Geflüchteten wenigstens noch einen Koffer mit ein paar Habseligkeiten zusammenpacken konnten, „kommen aktuell Personen nur mit der Kleidung an, die sie am Leib tragen“, sagt Susanne Ciampa.
Etwa 30 bis 40 ehrenamtliche Helfer unterstützen die Ankommenden auf vielfältige Weise, vom Dolmetschen über Betreuung bis zur Hilfe beim Möbelaufbau. Auch wird versucht, den Kindern ein möglichst normales Leben zu bieten. „Die Kinder nehmen am Online-Unterricht in ihrer Heimat teil“, sagt Ciampa. Die Frauen wiederum wünschten sich, sich durch Arbeit einbringen zu können.