Seit Wochen gehen in Rottweil sogenannte Spaziergänger auf die Straße, um gegen Coronamaßnahmen zu demonstrieren. Das wollten sich viele Rottweiler nicht gefallen lassen, vor allem weil ein Großteil der sogenannten Spaziergänger von außerhalb kam, und organisierten Gegenveranstaltungen.

Sie wollten die „gute Stube“ der Stadt, die Obere Hauptstraße, nicht den Kritikern der Coronamaßnahmen überlassen. Nun soll ein neuer Versuch gewagt werden, ein digitales Gespräch soll zwischen den so unterschiedlichen Gruppen stattfinden.

Da war bisher einerseits die Narrengruppe der „Klepfer“, aktive und angehende Rössletreiber, die mit ihren Peitschen, „Goaßln“, wie es mundartlich heißt, für lautstarken Protest sorgten. Da waren aber auch Leute von den Grünen, dem Forum für Rottweil, dem Stadt- und Kreisjugendring. Sie organisierten zunächst eine Mahnwache für die an Corona Gestorbenen, dann eine Menschenkette.

Mit einer Menschenkette sprachen sich viele Einheimische bisher dagegen aus, dass sogenannte Spaziergänger Rottweil als ...
Mit einer Menschenkette sprachen sich viele Einheimische bisher dagegen aus, dass sogenannte Spaziergänger Rottweil als Demonstrationsort nutzten. Jetzt kommt es in Rottweil zu einem ganz anderen Versuch. | Bild: Moni Marcel

Doch den Machern, federführend Elke Reichenbach (Forum für Rottweil) und Peter Bruker (Grüne), wurde klar, dass ihre Veranstaltungen noch mehr Protest von der anderen Seite in die Stadt lockte. Bis zu 1400 Leute waren als sogenannte Spaziergänger unterwegs. Die Stimmung unter ihnen sei aggressiver geworden, vergangenen Montag gab es ein sehr großes Polizeiaufgebot, Anzeigen, Platzverweise, gar eine Verhaftung. Und eine Stimmung, die kurz davor stand zu kippen, als unter den Spaziergängern „Widerstand, Widerstand“ skandiert wurde.

„Wir wollen den ersten Schritt tun“
Peter Bruker, einer der Initiatoren

Nun wollen Reichenbach und Bruker die entstandenen Mauern einreißen und den Gegenübern die Hand reichen, dafür gibt es am kommenden Montag statt einer Menschenkette ein digitales Meeting. „Wir wollen den ersten Schritt tun“, erklärt Peter Bruker. Er stellt aber auch klar: Wenn die sogenannten Spaziergänger ihr Gesprächsangebot ausschlagen und stattdessen erneut in Rottweil demonstrieren, werden auch sie am 21. Februar wieder auf der Oberen Hauptstraße sein.

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Doch erst einmal gebe es den Versuch des Gesprächs. Argumente sollen ausgetauscht, auch Frust abgelassen werden. Die Zusammenkunft moderiert Christoph Plum, er ist Profi und aus Stuttgart, also in jeder Hinsicht neutral.

Auch die Kreis-SPD ist mit im Boot, für sie stellte Mirko Witkowski klar, dass man gerne die Hand ausstrecken möchte. Weil es sich hier wenig um das Thema Impfpflicht, sondern vor allem um die Frage drehe, mit wem man hier auf die Straße geht, dass sich die sogenannten Spaziergänger von Rechtsaußen vereinnahmen lassen.

Kritik an der Stadtverwaltung

Das ist auch die Motivation des Stadtjugendrings. „Es geht darum, in welcher Gesellschaft hier demonstriert wird“, betont Benjamin Albrecht. Im Gegensatz zu Elke Reichenbach und Peter Bruker hat Albrecht durchaus Kritik an der Stadt Rottweil. „Ich bin schockiert, wie wenig die Stadt getan hat.“

Gerade anfangs, als noch wenige sogenannte Spaziergänger unterwegs waren, hätte eingegriffen werden können. Hingegen habe man ihnen, dem Stadtjugendring, es schier unmöglich gemacht, Veranstaltungen für Jugendliche zu organisieren. „Und die sogenannten Spaziergänger sind ohne jegliche Einschränkungen durch die Stadt gelaufen.“

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Nun also soll miteinander geredet werden. Bis zu 500 Leute können an dem digitalen Abend teilnehmen, dabei werden auch Kritikpunkte gesammelt, die die Macher an die entsprechenden Stellen weitergeben werden: Stadt, Kreis, Ministerien. Und auf Antworten pochen werden, verspricht Peter Bruker. Ob das funktioniert? Man wird sehen. „Es ist ein idealistischer Versuch“, so Elke Reichenbach.