Um eine minutiöse Rekonstruktion des tödlichen Geschehens ging es gestern am zweiten Verhandlungstag im Prozess gegen einen Autofahrer, der im September 2019 einen schweren Autounfall zwischen Herzogenweiler und Vöhrenbach verursacht haben soll. Damals war ein Mitfahrer ums Leben gekommen. Konkret versuchte das Gericht herauszufinden, wie schnell der damals 19 Jahre alte Beschuldigte zum Unfallzeitpunkt unterwegs gewesen sein muss.
Ein Sachverständiger untermauerte seine in einem ersten, vorläufigen Gutachten erstellte Berechnung, dass das Fahrzeug etwa 148 Stundenkilometer schnell gewesen sei, als es von der Fahrbahn abkam und sich mehrfach überschlug.
Das Gericht ließ in diesem Fall zudem nichts unversucht, herauszufinden, wie schnell das Fahrzeug an jedem schicksalhaften Septemberabend 2019 auf der Verbindungsstraße zwischen Vöhrenbach und Herzogenweiler unterwegs gewesen war.
Weitere Zeugen gehört
So wurden weitere Zeugen gehört, die unter anderem aussagten, dass sie kurz nach dem Gasthaus „Waldrast“ bergauf von einem grünen Audi überholt worden seien – was diese zwar als „schnell, aber nicht lebensgefährlich“ einstuften. Zudem erfolgte eine präzisen Aufarbeitung mit einem Dutzend Zeugen, wann diese genau die Unfallstelle erreichten.
Der erneut als Zeuge geladene Beifahrer von jenem Unfallabend relativierte seine erste Aussage und sagte aus, dass das mit den drei Personen besetzte Auto „deutlich zu schnell“ unterwegs gewesen sei.
„Das war die Grenzgeschwindigkeit“
Ein erfahrener Polizeibeamter, der regelmäßig Sicherheitstrainings im Hochgeschwindigkeitsbereich absolviert, befuhr die abgesperrte Strecke bei Tag mit einem Videofahrzeug mehrfach in unterschiedlichem Tempo, darunter auch mit der geschätzten Geschwindigkeit von 148 Stundenkilometern. Sein Fazit: „Das war die Grenzgeschwindigkeit, die Reifen haben gequietscht. Ich habe mich bei dem Tempo unwohl, mein Beifahrer hat sich sehr unwohl gefühlt.“ Zudem hätte man nachts auch mit Unwägbarkeiten wie Wildwechsel rechnen müssen.
Wenig über den Unfall gesprochen
Vom Vater des Angeklagten wollte das Gericht wissen, wie der Fahranfänger zu so einem PS-starken Fahrzeug komme. „Das war sein Traum, den hat er sich erfüllt“, so der Vater. Die Affinität für schnelle Autos habe begonnen, als er den Führerschein bekommen habe. Seit dem Unfall habe sich sein Sohn sehr verändert, seinen Eltern gegenüber sei er eher verschlossen. Er habe bisher wenig darüber gesprochen, wie der Unfall passiert sei.
Emotionale Regung zeigte der Angeklagte, als der Notarzt die Verletzungen des aus dem Fahrzeug geschleuderten und an der Unfallstelle verstorbenen Mitfahrers aufzählte.
Immense Kräfte im Spiel
Anhand von physikalischen Berechnungen und Simulationen belegte zudem der Sachverständige, dass das Fahrzeug – kurz bevor es in einer Linkskurve zunächst auf den Grünstreifen geriet, sich anschließend mehrfach überschlug und erst rund 250 bis 300 Meter danach zum Stillstand kam – unmöglich nur zwischen 110 und 130 Stundenkilometer schnell gewesen sein konnte. Das lasse sich anhand der Spurenlage in dem Grünstreifen, wo das Fahrzeug mehrfach eingeschlagen war, sowie aus den schweren Beschädigungen des total zerstörten Fahrzeugs selbst ableiten. „Hier haben immense Kräfte gewirkt.“