„Meine Kollegin kam ins Zimmer mit den Worten: ‚Sie wollen es wahrscheinlich gar nicht wissen.‘ Dann sagte sie mir, dass wir für drei Ärzte nächste Woche tatsächlich nur 13 Biontech-Fläschchen erhalten“, sagt Gereon Dennebaum aus Villingen. Der Hausarzt betreibt eine Gemeinschaftspraxis zusammen mit Armin Strobel und Christiane Wage-Maisenbacher.

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Vergangene Woche hatte Noch-Gesundheitsminister Jens Spahn angekündigt, dass Hausärzte nur noch begrenzt den Biontech-Impfstoff bestellen dürfen. Von einer Begrenzung auf 30 Impfdosen pro Hausarzt war die Rede. Weil aus jedem Fläschchen (Vial) nach Vermischung mit Kochsalzlösung sechs Impfdosen gewonnen werden kann, hätte jeder Hausarzt so fünf Fläschchen für eine Woche erhalten. Nachdem sich etliche Hausärzte, darunter auch Dennebaum aus Villingen, beschwert hatten, entschuldigte sich Spahn und erhöhte die Begrenzung auf zumindest 48 Imfpfdosen, also acht Fläschchen.

Gereon Dennebaum, ist Hausarzt aus Villingen .
Gereon Dennebaum, ist Hausarzt aus Villingen . | Bild: Gereon Dennebaum

Und wie sieht die Realität aus?

„Wir bekommen für drei Ärzte nächste Woche jetzt tatsächlich nur 13 Biontech-Vials“, sagt Dennebaum. Das sind 78 Impfdosen für drei Ärzte, somit hat jeder Arzt nicht 48 und auch nicht 30 Biontech-Dosen zur Verfügung – sondern nur noch 26. Dennebaum: „Es ist mir vollkommen unverständlich, wie fünf bis acht Vials angekündigt werden und dann noch nicht mal die fünf geliefert werden.“

Gereon Dennebaum und sein Team aus Villingen versuchen mit diesem Aushang die Patienten frühzeitig über einen möglichen Impfstoffwechsel ...
Gereon Dennebaum und sein Team aus Villingen versuchen mit diesem Aushang die Patienten frühzeitig über einen möglichen Impfstoffwechsel einiger Patienten auf Moderna vorzubereiten. | Bild: Gereon Dennebaum

Sein Team und er haben für die kommende Woche 160 Termine vergeben. Das sind etwas weniger als sonst, weil der Freitag aufgrund einer Teamsitzung, in der die Organisation der Impfungen aufgrund der Biontech-Rationierung neu besprochen werden muss, wegfällt. Mit Glück, so der Hausarzt weiter, komme seine Praxis mit den vergebenen Termine gerade so hin. Weil es ein so großes Interesse an den Impfungen gibt, wird in Dennebaums Gemeinschaftspraxis bis Weihnachten an jedem Adventssamstag geimpft. Zur allgemeinen Situation sagt er: „Ich bin ja durchweg ein positiver Mensch und will nicht schimpfe. Aber das ist schon schwach.“

Johannes Probst betreibt in St. Georgen eine Corona-Schwerpunktpraxis.
Johannes Probst betreibt in St. Georgen eine Corona-Schwerpunktpraxis. | Bild: Jennifer Moog

„Sollen wir noch nachts impfen?“

Noch weniger Biontech-Dosen als Dennebaum erhalten die Ärzte in der Gemeinschaftspraxis von Johannes Probst aus St. Georgen: „Von der Apotheke habe ich erfahren, dass wir nur 24 Dosen pro Arzt für die kommende Woche erhalten. Wir machen 150 Impfungen pro Woche, mit den Samstagen kommen wir über 200. Wir arbeiten jede Mittagspause durch und auch an Samstagen. Sollen wir vielleicht noch nachts impfen?“

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Auch Andreas Erdel, Hausarzt aus Obereschach, hat nur 24 Biontech-Dosen für kommende Woche zugesprochen bekommen. 60 Dosen hätte er gebraucht. Jüngst sagte er im SÜDKURIER, dass er kein Moderna verimpfen werde. Erdel sagt: Wir selektionieren jetzt aktuell in der Form, dass wir die PAtienten impfen, die dringend diese Impfung benötigen. Allen anderen, die noch gut zu Fuß sind müssen wir eine Absage erteilen, beziehungsweise an Impfbusse oder -stützpunkte verweisen.“

„Versagen von Jens Spahn“

Schon im Frühjahr konnten Hausärzte nicht alle Impfwünsche bedienen: „Es ist ein Desaster und spricht für das völlige Versagen der Gesundheitspolitik von Jens Spahn. Wir stehen vor der gleichen Situation wie im April, als wir begonnen haben, Grundimpfungen für Corona durchzuführen. Damals erhielten wir am Anfang lediglich zwölf bis maximal 18 Impfdosen, mit der Begründung es müsste erst noch genügend Impfstoff produziert werden. Der Lückenbüßer war damals der Impfstoff von Astra Zeneca, jetzt ist es Moderna. In der Zwischenzeit hat sich nichts geändert.“

Etwas mehr Impfdosen von Biontech erhält der Villinger Arzt Manfred Benzing: „Nach bisheriger Information sollen wir für nächste Woche pro Arzt 36 Dosen erhalten. Somit hoffen wir, die meisten unserer für kommende Woche terminierten Patienten impfen zu können. Wir können jedoch nicht große Kampagnien starten und hoffen auf größere Liefermengen für die folgenden Wochen, da die Sechsmonatsfrist vieler unserer Patienten im Dezember abläuft.“

100.000 Ärzte impfen in Deutschland

Insgesamt haben Arztpraxen bundesweit für die kommende Woche nach Angaben der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) rund 8,57 Millionen Impfstoffdosen bestellt – 4,65 Millionen Dosen seien Biontech. Die hohe Menge liege auch an der gestiegenen Zahl von Ärzten, die Impfen. Laut KBV impfen in der kommenden Woche rund 100.000 Ärzte in Deutschland.

Wohl auch wegen der hohen Anzahl an Ärzten könne die Hälfte aller Biontech-Bestellungen nicht bedient werden. Insgesamt fehlen laut KBV rund zwei Millionen Dosen. Von Moderna wurden vier Millionen Dosen bestellt. Und ein Besserung scheint nicht in Sicht. Auch in den kommenden zwei Wochen bleibt Biontech Mangelware. Der Bund werde laut Kassenärztlicher Bundesvereinigung in der Woche von Nikolaus zum 12. Dezember etwa 2,9 Millionen Biontech-Dosen bereitstellen, die Rationierung des Mainzer Impfstoffs bleibt also bestehen. Praxen müssten sich darauf einstellen, zwischen 18 und 24 Biontech-Dosen pro Woche zu erhalten.

Moderna-Bestellungen sind laut Bundesgesundheitsministerium (BMG) unbegrenzt möglich. Allerdings konnte das BMG keine Garantie geben. Das hat auch Johannes Probst aus St. Georgen gespürt. Er sagt deutlich: „Auch die versprochene Kompensation der Biontech-Rationierung mit Moderna war eine Lüge.“