Es gibt keinen Mangel an Kinderärzten im Schwarzwald-Baar-Kreis. Das war über die vergangenen Jahre hinweg das Credo der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) Baden-Württemberg. Da nach Stand Oktober 2023 rein formell eine Überversorgung mit 107,4 Prozent bestand, durfte sich kein neuer Kinderarzt in der Region niederlassen.
Das ist nun vorbei. „Der Schwarzwald-Baar-Kreis ist nach der aktuellen Berechnung aus der vergangenen Woche nicht mehr gesperrt und weist einen offenen Sitz aus“, sagt Kai Sonntag, Sprecher der KVBW am Montag auf Nachfrage des SÜDKURIER.
Offenbar hat die Schließung der Kassen-Praxis von Stefan Röser nun die Statistik endgültig ins Wanken gebracht. Und die auf dem Papier bestandene Überversorgung für den Landkreis ist nicht mehr gegeben.
Röser hatte vergangene Woche publik gemacht, seine Kassen-Verträge zu kündigen und nur noch bis Ende März als Kassen-Arzt zu praktizieren. Danach will er seine Praxis privat weiterführen. Grund für die Entscheidung von Röser war eine Plausibilitätsprüfung der Kassenärztlichen Vereinigung, die seine Arbeitszeiten anzweifelte. Und gegebenenfalls die Leistungen streichen wollte.
Das sagt die KV zum Aus der Praxis
Zum Vorgang um Stefan Röser kann sich die KV nicht direkt äußern. Allgemein bestätigt sie jedoch, dass es solche Plausibilitätsprüfungen gebe. „Die Ärzte“, so Sonntag, „rechnen die Leistungen über Gebührenordnungspositionen (GOP) ab“. Dabei gilt es ein dementsprechendes Regelwerk zu beachten. Treten Fehler auf, wird die Abrechnung erst korrigiert und dann einer Plausibilitätsprüfung unterzogen.
Diese Folgen drohen Ärzten
Der Arzt kann dann aufgefordert werden, die infrage gestellte Leistungserbringung nachzuweisen. Im Zweifel auch vor einem eigens dafür einberufenen Gremium. „Falls dann eine Leistung in einem bestimmten Umfang gestrichen werden sollte“, so Sonntag, „bleibt dem Arzt, wie in einem normalen Verwaltungsverfahren, noch die Möglichkeit des Widerspruchs oder sogar der Klage.“
Dieser Prozess ist gesetzlich vorgegeben. „Strafzahlungen gibt es daher nicht, eine Leistung wird nur gegebenenfalls nicht vergütet.“
Wie es jetzt weitergeht
Der freie Sitz ist das eine. Aufgrund des aktuellen Ärztemangels auch einen Arzt zu finden, der sich im Kreis niederlassen will, wird sicherlich die nächste Herausforderung sein.
Hier wären nun sicher auch die Kommunen und der Landkreis gefragt. Als einen ersten Vorstoß hatte diese Woche bereits Mönchweilers Bürgermeister Rudolf Fluck die Pläne für ein Medizinisches Versorgungszentrum (MVZ) vorgestellt. Fluck hatte dabei ausdrücklich betont, dass man sich auch die Ansiedlung eines Kinderarztes vorstellen könne.
Kreis und Oberzentrum suchen nach neuen Wegen
Auch Villingen-Schwenningens Oberbürgermeister Jürgen Roth und Landrat Sven Hinterseh sind bestrebt, die ärztliche Versorgungslage im Kreis zu verbessern. „Wenn die KV das Problem nicht lösen kann, dann müssen die Städte und Gemeinden zusammen mit dem Landkreis nach neuen Wegen suchen, um eine dringend notwendige Verbesserung – ungeachtet der eigentlichen Zuständigkeiten – herbeizuführen“, so Landrat Sven Hinterseh, angesprochen auf die Verschärfung der Lage durch die Praxisaufgabe von Stefan Röser.
Während OB Jürgen Roth auf den Aufbau eines MVZ setzt, hat der Landkreis mit dem Gesundheitsnetzwerk im Jahr 2023 einen Weiterbildungsverbund gegründet. Dieser soll jungen Ärztinnen und Ärzten in der Region die Fort- und Weiterbildung erleichtern und so auch deren Niederlassung vereinfachen.