Die Schwarzwaldbahn ist laut. Das finden viele Leserinnen und Leser, die entlang des Streckenabschnitts Villingen-St. Georgen wohnen. Seit der Sanierung der Schienen in diesem Bereich klagen die Anwohner über erhöhten Lärm.

Die Bahn konnte bislang noch nicht klären, wie es zu diesem Phänomen kommt. Während die Ursachenforschung noch läuft, wollten wir herausfinden: Wie laut ist es tatsächlich?

Gemessen haben wir auf dem Fuß- und Radweg direkt an der Bahnlinie auf Höhe des Villinger Kurparks.

Messpunkt für die Fotos vom Lärmmessgerät.
Messpunkt für die Fotos vom Lärmmessgerät. | Bild: Block, Andreas

Die Gleise verlaufen hier zwischen zwei engeren Kurven einigermaßen gerade.

Blick von der Messstelle in Fahrtrichtung zum Villinger Bahnhof. Im Hintergrund ist die enge Kurve zusehen, an der ein deutlich ...
Blick von der Messstelle in Fahrtrichtung zum Villinger Bahnhof. Im Hintergrund ist die enge Kurve zusehen, an der ein deutlich stärkeres Kreischen der Räder zu hören ist. | Bild: Block, Andreas

Auf beiden Seiten gibt es Bäume, die die Geräusche der umliegenden Straßen und Häuser dämpfen.

Diese Werte können wir messen

Tatsächlich zeigte sich, dass aber auch die Natur in Verbindung mit dem entfernten Verkehrslärm eine Geräuschkulisse aufbaut, die auf dem Niveau eines leisen Gesprächs liegt. Wenn die Vögel innehalten geht es mitunter sogar auf 30 bis 33 Dezibel runter. Das entspricht einem Flüstern.

Lärmmessung an der Fußgängerbrücke (Am Kneippbad, Rindenmühlenweg) über die Bahnlinie in Villingen am Donnerstag, 21. Juni, 2023 um ...
Lärmmessung an der Fußgängerbrücke (Am Kneippbad, Rindenmühlenweg) über die Bahnlinie in Villingen am Donnerstag, 21. Juni, 2023 um 17.53 Uhr. Der Wert zeigt Umweltgeräusche wie Blätterrauschen, Vogelgezwitscher und entfernten Verkehrslärm und stellt eher das Minimum dar. | Bild: Block, Andreas

Die Ruhe findet bei der Durchfahrt des Regionalexpress (RE), der am Bahnhof Villingen losgefahren ist, ein jähes Ende: Die Anzeige liegt größtenteils zwischen 70 und 75 Dezibel

Messung des RE von Villingen nach St. Georgen um 9.01 Uhr am Donnerstag, 22. Juni.
Messung des RE von Villingen nach St. Georgen um 9.01 Uhr am Donnerstag, 22. Juni. | Bild: Block, Andreas

Gelegentlich steigt der Wert auf 80 bis 85 Dezibel.

Messung des RE von Villingen nach St. Georgen um 9.01 Uhr am Donnerstag, 22. Juni.
Messung des RE von Villingen nach St. Georgen um 9.01 Uhr am Donnerstag, 22. Juni. | Bild: Block, Andreas

In der Gegenrichtung von St. Georgen her hat der Zug deutlich mehr Tempo drauf. Es geht rauf auf 85 bis 90 Dezibel.

Messung des RE von St. Georgen nach Villingen um 9.03 Uhr am Donnerstag, 22. Juni.
Messung des RE von St. Georgen nach Villingen um 9.03 Uhr am Donnerstag, 22. Juni. | Bild: Block, Andreas

Gemessener Spitzenwert waren dann 92,3 Dezibel.

Messung des RE von St. Georgen nach Villingen um 9.03 Uhr am Donnerstag, 22. Juni.
Messung des RE von St. Georgen nach Villingen um 9.03 Uhr am Donnerstag, 22. Juni. | Bild: Block, Andreas

Deutlich zuhören war allerdings, dass das Fahrgeräusch etwa 200 Meter weiter lauter werden. Außerdem kommt ein deutliches Quietschen hinzu.

Das passiert in der Kurve

Positionswechsel. An der Stelle, an der der Zug zu Kreischen begonnen hatte, klang es schon ganz anders. Dort faucht der RE. Ein aggressives Schleifen kommt hinzu. Und es wird lauter. Bis zu 86 Dezibel.

So laut ist die Schwarzwaldbahn Video: Block, Andreas

Die schnellere Richtung aus St. Georgen treibt die Anzeige des Messgeräts sogar auf 99 Dezibel.

Und es geht noch lauter Video: Andreas Block

So funktionieren Lärm, Hören und Dezibel

Das sagt der Akustik-Profi

Thomas Schirner betreibt das Geschäft Hörgeräte Fleckenstein in Villingen. er beschäftigt sich von Berufswegen mit dem Hören und mit dem Lärm. Lärm definiert er als störende Schallquelle. „Und Lärm ist auch Auslegungssache“, sagt er.

Thomas Schirner ist Inhaber von Hörgeräte Fleckenstein in der Villinger Bickenstraße.
Thomas Schirner ist Inhaber von Hörgeräte Fleckenstein in der Villinger Bickenstraße. | Bild: Block, Andreas

Neben der tatsächlichen Lautstärke spielen laut Schirner auch die Klangfarbe und die Entfernung eine Rolle. „Höhen werden eher als unangenehm empfunden“, sagt er. „Die Tiefen sind aber eigentlich problematischer, denn die haben mehr Energie.“ Geht es also um Dauerbelastung und Hörschäden, gelten andere Regeln als bei der Frage, ob das kreischende Fahrgeräusch eines Zuges stört. „Wenn mehr Züge am Tag fahren, ist das ebenfalls belastender“, sagt Schirner, der selbst jahrelang neben der Autobahn 81 gewohnt hat.

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Wie viel lauter die Züge tatsächlich sind, sei nur mit Dauermessungen und Vergleichszahlen von der Zeit davor wirklich zu bestimmen. Überhaupt spielt die Psychologie bei diesem Thema offenbar eine große Rolle.

So sehen an der Messstelle die Schienen aus.
So sehen an der Messstelle die Schienen aus. | Bild: Block, Andreas

„In einem Experiment wurden den Versuchspersonen Fahrgeräusche eines Zuges vorgespielt – und zwar immer gleichlaut. Dazu wurde ihnen mal ein weißer und mal ein roter Zug gezeigt“, erzählt Thomas Schirner. Die meisten Versuchspersonen hätten den weißen Zug als leiser empfunden.

Und was ist mit dem IC?

Auf der Schwarzwaldbahn scheint es jedenfalls nicht an der Farbe zu liegen. Die Lärmmessung bei der Durchfahrt zeigt, dass der Intercity (IC) tatsächliche leiser ist. Das Maximum ist selbst in der Kurve und aus Richtung St. Georgen mit 80 Dezibel erreicht.

Messung des IC von St. Georgen nach Villingen um 9.12 Uhr am Donnerstag, 22. Juni 2023.
Messung des IC von St. Georgen nach Villingen um 9.12 Uhr am Donnerstag, 22. Juni 2023. | Bild: Block, Andreas

Das Geräusch ist angenehmer, viel wärmer und weniger aggressiv. Und er ist weiß.