Sein Strafverteidiger versuchte am letzten Prozesstag alles, um für den Angeklagten ein möglichst mildes Urteil herauszuholen: Rund eineinhalb Stunden hielt der Rechtsanwalt aus der Bundeshauptstadt ein Plädoyer, um die schwerwiegenden Betrugsvorwürfe gegen den 61-jährigen ehemaligen Vermögensberater der Sparkasse Furtwangen der Reihe nach zu entkräften.

So agierte der Verteidiger

Dem Angeklagten wurde, vorgeworfen, er habe zwischen 2013 und 2018 in mindestens neun Fällen Sparkassenkunden, vor allem vermögende hochbetagte Frauen, über Jahre hinweg um größere Summen betrogen.

Doch bis auf zwei kleinere Fälle bestritt der Anwalt am Dienstag, 14. März, vor dem Landgericht Konstanz sämtliche Schuld seines Mandanten: Er schürte Zweifel am Erinnerungsvermögen der Betrogenen, rügte angeblich ungenügenden Ermittlungen von Polizei und Gericht, unterstellte Geschädigten sogar falsche Aussagen, mit der Absicht, vom Angeklagten unrechtmäßig Geld herauszuholen.

„Falsches Geständnis“ abgelegt

Der Strafverteidiger hielt auch eine Erklärung parat, warum der Angeklagte im Jahr 2018 gegenüber Vorgesetzten, die ihn nach ersten Verdachtsfällen in die Mangel nahmen, ein umfassendes Geständnis abgelegt hatte. Sein Mandant, beteuerte der Anwalt, sei schon damals psychisch angeschlagen gewesen, er sei viereinhalb Stunden lang „verhört“ worden. Es sei bekannt, dass Menschen bereit seien, alles zu gestehen, um einer solchen psychischen Ausnahmesituation zu entkommen: „Stichwort falsches Geständnis“.

Außerdem beharrte der Verteidiger darauf, dass die seinem Mandaten vorgeworfenen Betrügereien gar nicht möglich gewesen seien. Er hätte die ihm zur Last gelegten Transaktionen von fremden Geld nie ohne Kenntnis der betroffenen Kontoinhaber tätigen können.

Viele mildernde Umstände angeführt

Schließlich machte er mehrere mildernde Umstände für den Angeklagten geltend: Dieser sei nicht vorbestraft, leide seit Jahren an Depressionen, die Straftaten lägen zum Teile Jahre zurück. Der langwierige Prozess habe erhebliche negative Auswirkungen auf sein soziales Leben: In Furtwangen hätten sich viele Menschen von ihm abgewandt, seine Ehe sei zerrüttet. Der Anwalt forderte eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten, die zur Bewährung ausgesetzt wird. Damit stand das Plädoyer in denkbar scharfem Kontrast zu Antrag des Staatsanwaltes, der am Vortrag eine Haftstrafe von vier Jahren und neun Monaten gefordert hatte.

Hier, in der Sparkasse-Filiale in Furtwangen, die zur Sparkasse Schwarzwald-Baar gehört, haben die Betrügereien nach Feststellung des ...
Hier, in der Sparkasse-Filiale in Furtwangen, die zur Sparkasse Schwarzwald-Baar gehört, haben die Betrügereien nach Feststellung des Gerichts zwischen 2013 und 2018 stattgefunden. | Bild: Simon, Simone

Angeklagte räumt Fehler ein

Das letzte Wort vor dem Urteilsspruch des Landgerichts hatte der Angeklagte, der zuvor mit gesenktem Haupt den Ausführungen seines Verteidigers gelauscht hatte. Er schloss sich den Ausführungen seines Anwaltes voll inhaltlich an und fügte hinzu: „Ich möchte auch jetzt sagen, dass mir bewusst ist, dass ich Fehler gemacht habe, für die ich gerade stehe.“

Das Gericht ließ sich aber von der Attitüde des reuigen Sünders nicht beeindrucken. Von vermeintlichen Fehlern in lediglich zwei Einzelfällen wollten die vier Berufs- und Schöffenrichter nichts wissen. Sie gingen vielmehr davon aus, dass der Bankberater über Jahre hinweg vermögende ältere Kundschaft gezielt und systematisch um große Geldbeträge und Sachwerte betrogen hatte.

Die Kunden haben nichts gemerkt

Richter Tasso Bonath machte schnörkellos deutlich, dass die Taten des Angeklagten stets so ausgeführt gewesen seien, dass seine Opfer eben nicht mitbekommen sollten, dass von ihrem Vermögen Geld abgezweigt wurde. Denn der Angeklagte habe mit den Geschädigten sogenannte Kundenstammverträge abgeschlossen, mit denen es ihm möglich gewesen sei, Aufträge im Namen der Kunden selbstständig auszuführen.

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Mit Hilfe der Ermächtigungen aus den Kundenstammverträgen habe der Angeklagte neue Sparbücher auf den Namen seiner Kunden eröffnet, die davon nichts ahnten. Wertpapier-Verkäufe seiner Kunden habe er dann auf diese Sparbücher umgeleitet. Von dort hob er das Geld später ab und parkte große Mengen in seinem eigenen Bankschließfach. Dies sei ein gängiger „Modus operandi“ des Angeklagten gewesen, betonte der Richter. Auch mit Hilfe von gefälschten Buchungen sowie Blanko-Unterschriften, die er Kunden abluchste, habe er Geld abgezweigt und an sich genommen.

Zwei Goldbarren gestohlen

Die Richter waren ferner überzeugt, dass der Angeklagte einer betagten Kundin zwei Goldbarren im Wert von rund 40.000 Euro aus deren Schließfach gestohlen habe. Nach dem er aufgeflogen war, habe der Angeklagte die Kundin privat zu Hause besucht und nach Überzeugung des Gerichts bei dieser Gelegenheit den Schließfachschlüssel wieder zurückgelegt. Die Goldbarren wurden im Schließfach des Angeklagten aufgefunden.

Das Landgericht ging in seinem Urteil von neun nachgewiesenen Fällen des „gewerbsmäßigen Betrugs“ aus, dazu kommen weitere Delikte wie Untreue, Urkundenfälschung, Unterschlagung und Diebstahl. Insgesamt sei ein Schaden in Höhe von über 800.000 Euro entstanden.

Besonders niedrige Motive

Fazit des Gerichts: Der Angeklagte habe über die Jahre eine „hohe kriminelle Energie“ an den Tag gelegt, um die Kunden zu betrügen „und die Taten zu verschleiern“, sagte Richter Tasso Bonath. Er habe das besondere Vertrauen seiner Kunden und der anderen Bankmitarbeiter ausgenutzt. „Dass er einfach nur geldgierig war, hat man nicht gewusst, und das hat er ausgenutzt.“ Ausgenutzt habe der Angeklagte „auch die Angst und Unsicherheit“ von hochbetagten Menschen bei ihrer Vermögensverwaltung. Dies sei als besonders niedriges Motiv zu bewerten.

In Addition aller Einzelstrafen wären für den Angeklagten über zehn Jahre Haft zusammen gekommen. Das Gericht fasste die Einzelstrafen in Berücksichtigung mehrerer mildernder Umstände zu einer Gesamtstrafe von vier Jahren Haft zusammen. Außerdem sollen aus dem Vermögen des Angeklagten rund 123.000 Euro eingezogen werden, die er nach Feststellung des Gerichts mit seinen Straftaten ergaunert und bisher nicht zurückgezahlt hat. Der Angeklagte wurde belehrt, dass er gegen das Urteil in Revision gehen kann.

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