Der 24-Jährige, der bislang wenig arbeitete und viele Drogen konsumierte, hatte im Mai die Filiale der Sparkasse in der Vöhrenbacher Straße in Villinge überfallen. Er führte dabei eine Schreckschusspistole mit und erbeutete 5500 Euro.
Letzte Chance für den Vorbestraften
Jetzt bekommt der sechsfach Vorbestrafte, der gegen zwei Bewährungen verstoßen hatte, die aller letzte Gelegenheit, sein Leben in den Griff zu bekommen. Vor dem Landgericht Konstanz wurde er wegen schwerer räuberischer Erpressung zu vier Jahren Haft verurteilt, zudem wurde die Unterbringung in einer Therapieeinrichtung angeordnet.
Gesicht hinter Corona-Mundschutz
Auf einem Überwachungsvideo der Bank ist zu sehen, was am 12. Mai dieses Jahres geschah: Der Angeklagte betrat gegen 16 Uhr mit einem knallroten Pulli die Sparkasse. Die Kapuze des Oberteils hatte er über eine blaue Schildmütze gezogen. Sein Gesicht verbarg er hinter einem Corona-Mundschutz, seine rechte, tätowierte Hand in einer Tasche.
Handgeschriebener Zettel
Er wartete, bis ein Schalter frei wurde. Mit der linken Hand legte er einen handgeschriebenen Zettel mit Anweisungen vor. Er behauptete auf dem Schriftstück, so zu heißen, wie ein Mann, mit dem seine frühere Freundin liiert ist.
Er informiere, dass es sich um einen Überfall handle, er eine Waffe in der rechten Tasche habe und forderte 10.000 bis 20.000 Euro. Die Kassiererin solle ihre Hände so halten, dass er sie immer sehen könne.
Diese arbeitete mehrere Minuten. Der geforderte Betrag sei mit einer Zeitschranke belegt gewesen, sagte sie gegenüber der Polizei. Auf einem Video aus der Bank ist zu sehen, wie sie den Bildschirm ihres Computers zum Räuber drehte, um ihm zu zeigen, wo das Problem liegt. Nach fast fünf Minuten des Wartens gibt dieser sich dann mit 5500 Euro zufrieden, welche die Frau am Schalter sofort auszahlen kann.
Trauma wirkt nach
Bei der betroffenen Mitarbeiterin der Bank wirkt bis heute nach, was damals geschah. Die Frau befindet sich aktuell in Flitterwochen. Sie sagte deshalb nicht vor Gericht aus, aber ihre Angaben gegenüber der Polizei und der Gerichtshilfe wurden verlesen.
Ihr sei schwindelig und heiß geworden. Die Waffe habe sie zu keinem Zeitpunkt gesehen. Sie habe den Täter aber auch nicht so angestarrt, um diesen nicht aggressiv zu machen.
Nach der Tat, so sagt die Frau, habe sie sich für zwei Wochen krank schreiben lassen. Doch der Vorfall habe nachgewirkt. Sie habe unter Schlafstörungen gelitten und habe Angst davor gehabt, dass wegen der Pandemie wieder Menschen Mundschutz tragen könnten.
Durch den Vorfall sei sie grundsätzlich misstrauischer und vorsichtiger geworden. „Wir hoffen, dass die Geschädigte darüber hinweg kommt“, sagte der Vorsitzende Richter Joachim Dospil.
Kleidung im Container entsorgt
Der Angeklagte räumte vor Gericht die Tat ein. Er entschuldigte sich bei der Geschädigten. Die Beweise wären allerdings auch erdrückend gewesen. In einem nahe gelegenen Altkleidercontainer fand die Polizei schnell den roten Pulli mit DNA-Spuren des Angeklagten, die Schreckschusspistole und den Zettel mit den Fingerabdrücken des 24-Jährigen. Diese waren wiederum im Polizeicomputer hinterlegt.
Zeugin meldet sich bei Polizei
Zudem hatte sich eine Zeugin bei der Polizei gemeldet, die den Täter erkannt haben wollte. Im Schrank des Angeklagten lag der Koffer, in dem die Schreckschusspistole aufbewahrt wurde.
Die Einlassungen des 24-Jährigen, er habe spontan gehandelt, glaubten weder der Staatsanwalt noch die Strafkammer. Das Verkleiden weise auf eine gewisse Vorbereitung hin, stellte der Vorsitzende Richter Dospil fest. Sprachnachrichten deuteten darauf hin, dass er sich schon vor einem Jahr mit einem Überfall auseinandergesetzt habe.
Viele Drogen, wenig Arbeit
Der Alltag des 24-Jährigen war wohl vom Rumhängen und Konsumieren von Cannabis, manchmal Kokain und Alkohol bestimmt, wie er selbst berichtete. Die von ihm angegebene Menge des Konsums sah die Strafkammer aber als unglaubwürdig an. Dospil rechnete vor, dass der Mann in diesem Fall in einem Monat allein für Drogen 4800 Euro gebraucht hätte.
Dem gegenüber stehen Zeiten, in denen der junge Mann gar nichts oder nur geringfügig verdiente. Nach der Hauptschule verdingte er sich mit Gelegenheitsarbeiten, eine Ausbildung brach er ab. Der 24-Jährige hat sechs Vorstrafen, unter anderem weil er immer wieder Frauen mit pornografischen Bildern, Videos und Botschaften belästigte. Mit seinem Überfall verstieß er gegen zwei Bewährungsstrafen. Dies wird gesondert behandelt.
Gutachter: „Bockig und stur“
Ein Psychologe sagte als Sachverständiger über den Angeklagten, dieser sei „bockig und stur, seit über 20 Jahren“. Der Angeklagte habe das Grundgefühl, die Welt meine es nicht so gut mit ihm. Im Zweifel seien immer die anderen Schuld, wenn er nichts auf die Reihe bekomme.
Scheidung wirkt nach
Die Scheidung der Eltern spiele bis heute eine Rolle. 24-Jährige weise dissoziale und narzisstische Züge auf und ein deutliches Defizit an Reifung. Von Cannabis sei er abhängig, den Alkohol missbrauche er. Ohne eine Therapie sei die Gefahr für weitere Straftaten hoch.
„Therapie ist kein Zuckerschlecken“
Diese kann der Angeklagte nun machen. Möglicherweise bekomme er nur außerhalb von Baden-Württemberg zeitnah einen Therapieplatz, darauf wies Richter Joachim Dospil hin.
Über die Therapie sagte er: „Das ist kein Zuckerschlecken. Hinsetzen reicht nicht.“ Der Angeklagte müsse mitarbeiten. Wenn er bei der Therapie keinen Erfolg habe, müsse er die volle Strafe absitzen.
Räuberische Erpressung
Sie liegt vor, wenn ein Täter durch Anwendung oder Androhung von Gewalt die Herausgabe von Dingen erzwingt. Nach Auskunft des Richters Joachim Dospil liegt die Mindeststrafe bei drei Jahren Haft, die Höchststrafe bei 15 Jahren. Beim Überfall der Sparkasse in Villingen-Schwenningen hatte die Strafkammer zugunsten des Angeklagten angenommen, dass die Schreckschusspistole nicht geladen war.
Die Strafkammer folgte mit dem Urteil dem vom Staatsanwalt vorgeschlagenen Strafmaß, der Verteidiger hatte drei Jahre und sechs Monate gefordert. Beide sprachen sich für die Unterbringung in einer Therapieeinrichtung aus. Das Urteil ist rechtskräftig. Noch im Gerichtssaal erklärten Verteidiger, Angeklagter und Staatsanwalt den Verzicht auf Rechtsmittel.