Wie fast immer ist Monika Matyja in ihrem Laden in Mönchweiler. Der rote Lippenstift ist perfekt aufgetragen, der Lidstrich sitzt, auf den gepflegten Fingernägeln befinden sich kleine Strasssteinchen und die Frisur würde sich auch locker für den Besuch im Theater eignen. Für das hat die 28-Jährige aber nur selten Gelegenheit. Die meiste Zeit des Tages verbringt sie entweder in ihrem Waffengeschäft oder im Wald. Denn: Sie ist Büchsenmacherin und Jägerin – und das aus Leidenschaft.

Matyja in ihrem Laden: Die Waffe war zum Zeitpunkt des Fotos nicht geladen. Sie befindet sich im Regelfall in einem abgeschlossenen ...
Matyja in ihrem Laden: Die Waffe war zum Zeitpunkt des Fotos nicht geladen. Sie befindet sich im Regelfall in einem abgeschlossenen Waffenschrank. | Bild: Matthias Jundt

Begonnen hat die Leidenschaft für die Jagd schon zu Kindertagen: „Mein Papa ist Sportschütze. Er hat mich schon früh zur Schießanlage mitgenommen. Wir waren jedes Wochenende unterwegs. Mein Bruder ist auch Sportschütze. Mein Opa und ich sind dagegen Jäger“, erzählt sie beim SÜDKURIER-Besuch in Mönchweiler. Nur die Mama habe nichts mit Waffen am Hut.

Die erste Erinnerung ans Schießen hat sie, als sie mit zwölf Jahren auf einem Schützenfest in Villingen war. „Damals durfte ich das Rosenschießen ausprobieren. Das funktioniert mit Luftdruck. Da stand für mich schnell fest: Du wirst Büchsenmacherin“, sagt Matyja und lächelt dabei.

Gepflegte Findernägel auf der einen, eine Waffe auf der andere Seite: Für Matyja ist das kein Widerspruch.
Gepflegte Findernägel auf der einen, eine Waffe auf der andere Seite: Für Matyja ist das kein Widerspruch. | Bild: Matthias Jundt

Die ersten richtigen Waffen in der Hand hatte sie dann erst zu Ausbildungsbeginn. Damals war die Mönchweilerin 16: „Die Ausbildung dauert drei Jahre. In Deutschland gibt es nur zwei Berufsschulen für Büchsenmacher. Eine ist im thüringischen Suhl, die andere in Ehingen, wo ich war.“ Die Ausbildung der 28-Jährigen verlief dual. Im ersten Lehrjahr geht es um die Grundlagen von Metall, am Ende der Ausbildung stehen dann Holz und Optik auf dem Lehrplan. Übrigens: Bevor jemand die Ausbildung zum Büchsenmacher antreten darf, braucht er mindestens die Mittlere Reife und ein einwandfreies Führungszeugnis.

Die Meisterzeichnung: Matyja Büchsenmacher-Meisterin.
Die Meisterzeichnung: Matyja Büchsenmacher-Meisterin. | Bild: Matthias Jundt

2012 beendete Matyja ihre Ausbildung, zu der auch das Rechnungswesen gehört, und machte den Meister, ehe sie im Oktober 2015 ihren eigenen Laden in Mönchweiler eröffnete. Matyja: „Ich habe ihn Classic Caliber genannt, weil ich Fan der 50er- und 60er-Jahre bin und eher die klassischen Waffen mag. Außerdem wollte ich nicht meinen eigenen Namen verwenden. Der ist ja auch nicht so leicht auszusprechen“, sagt sie und lacht wieder.

Der Eingang zum an der Hauptstraße in Mönchweiler gelegenen Laden ist um die Ecke. An der Straße, wo sich auch eine Bushaltestelle befindet, zu der viele Kinder gehen, wollte sie vermeiden, dass Menschen mit ihren Waffen zu sehen sind. Zu Beginn, berichtet sie, habe es im Ort Vorurteile gegeben. Das habe sich mittlerweile gelegt. Im Laden bietet Matyja Kleidung für die Jagd an. Vor allem aber kümmert sie sich um die Reparatur von Gewehren in ihrer Werkstatt. Zu ihren Kunden gehören Jäger und Sportschützen. Häufig kümmert sie sich darum, dass die Schlagbolzen wieder funktionieren. Wo es bei Sportschützen vor allem um allerhöchste Präzision geht, müssen Jäger ihr Gewehr nach der Wildart, die geschossen werden soll, auswählen: „Eine Sau hat zum Beispiel eine Extra-Fettschicht, ein Reh besitzt dagegen eine dünnere Haut. Das muss man als Jäger beachten.“ In VS gebe es etwa Schwarzwild, in Donaueschingen eher Dammwild.

Das Jagdgewehr schnell erklärt Video: Matthias Jundt

Ihre Kunden sind zu zwei Dritteln Männer. Das Schießen ist noch immer zumeist eine Sache für das so genannte starke Geschlecht. „Man merkt aber, dass auch immer mehr Frauen den Weg zum Gewehr finden“, sagt die 28-Jährige. Dennoch glauben ihr viele neue Bekanntschaften zunächst nicht, dass sie Jägerin und Büchsenmacherin ist: „Ich bekam auch schon zu hören: Mensch Maidle, lass‘ des doch sein.“ Auch das Liebesleben haben ihren Beruf und ihre Berufung schon beeinflusst: „Mich fragte mal ein Date empört: Was, du tötest Tiere? Dann war das Treffen schnell vorbei“, sagt die Mönchweilerin und lacht erneut. Ihr Partner, das stellt sie klar, muss selbst kein Jäger sein – im Gegenteil.

Zwischen 16 und 18 Stunden täglich ist Matyja im Schnitt in ihrem Laden, wie sie sagt. Mitarbeiter hat sie keine, sie macht alles alleine. Wenn sie doch mal etwas Freizeit hat, geht sie selbst gerne in den Wald. Das passiert zwei- bis dreimal pro Woche. Meistens ist sie mit zwei Freunden, die auch Jäger sind, unterwegs.

Klar ist: Im Wald wird auf Wildtiere geschossen. Klar ist für die Büchsenmacherin aber auch: Die Tiere haben bis zu ihrem Tod glücklich ...
Klar ist: Im Wald wird auf Wildtiere geschossen. Klar ist für die Büchsenmacherin aber auch: Die Tiere haben bis zu ihrem Tod glücklich gelebt. Das könne man etwa von Mastschweinen nicht behaupten. | Bild: Matthias Jundt

Sie selbst schießt meistens Rehwild und nimmt das auch selbst aus: „Wer schießt, muss auch aufbrechen können“, sagt sie. Mit aufbrechen ist das Ausnehmen des Tieres gemeint. Das friert sie dann ein. Für die 28-Jährige ist ein solcher Umgang mit Tieren der sinnvolle. „Wir haben sogar Jägerkollegen, die Vegetarier sind. Ein Wildtier hat immer glücklich gelebt. Das kann man von einem Mastschwein nicht behaupten.“

Viele Stunden ihrer Freizeit verbringt die Mönchweilerin auf einem Hochsitz. Dieser ist es allerdings nicht.
Viele Stunden ihrer Freizeit verbringt die Mönchweilerin auf einem Hochsitz. Dieser ist es allerdings nicht. | Bild: Matthias Jundt

Für Matyja geht es bei der Jagd aber auch darum, die Natur zu genießen. Sie braucht die Ruhe des Waldes. Die genießt sie oft auf einem Hochsitz. Dort hält sie Ausschau nach den Tieren: „Der Wind muss günstig sein. Man muss seine Waffe voll beherrschen können. Ein guter Jäger ist einer, der das Wild nicht leiden lässt.“ Was wann gejagt werden darf, steht im Jagdkalender. „Ein Jäger muss aber auch sein Revier pflegen. Dazu gehört auch, dass Wasser- oder Salzstellen beispielsweise für gefährdete Tierarten aufgestellt werden.“

Monika Matyja und Käpt'n Video: Matthias Jundt

Immer an Matyjas Seite – ob privat, im Laden oder im Wald – ist Käpt‘n, ihr Hund. Vier Jahre ist er mittlerweile alt, er ist ein Deutsch-Drahthaar, was unschwer an seinem charakteristischen Bart zu erkennen ist: „Wir sind 24 Stunden an sieben Tagen die Wochen zusammen.“ Während Käpt‘n im Laden meist entspannt, ist er im Wald ein wichtiger Helfer: „Er hört und sieht besser als ich. Er kann auch eine Ente aus dem Fluss so apportieren, dass sie nicht zerstört wird. Er weiß auch, dass er mit mir sein eigenes Fressen jagt. Deswegen ist er konzentriert und vorsichtig“, erläutert die Büchsenmacherin. Gelernt hat Käpt‘n all das auch im Zuge der Vollgebrauchsprüfung. Bei der muss ein Hundehalter mit seinem Hund nachweisen, dass das Tier unter anderem gehorsam und schussfest ist. Auch eine Verlorensuche im deckungsreichen Gewässer und das Aufspüren einer Schweißfährte gehören zum Prüfungsinhalt.

Die Büchsenmacherin und ihr „Käpt‘n“: Der Deutsch-Drahthaar und die 28-Jährige sind unzertrennlich.
Die Büchsenmacherin und ihr „Käpt‘n“: Der Deutsch-Drahthaar und die 28-Jährige sind unzertrennlich. | Bild: Matthias Jundt

Monika Matyja liebt ihren Beruf und ihr Hobby. Das merkt man, wenn sie davon erzählt: „Ich würde mich auch nie für etwas anderes entscheiden.“ Wie sie ihren Alltag bestreitet, können bald neben den SÜDKURIER-Lesern auch weitere Menschen sehen. Denn: „Mich habe zwei Fernsehteams besucht. Ich darf aber noch nicht verraten, wann und wo ich zu sehen sein werde“, sagt die 28-jährige Büchsenmacherin aus Mönchweiler und lacht zum Ende des Besuchs in Mönchweiler.