Nein, sagt Jürgen Schmidt. Was sich in diesen Tagen am Himmel über dem Schwarzwald-Baar-Kreis abspiele, sei „alles noch Wetter, kein Klimawandel“. Schmidt liefert über die Wetterkontor GmbH auch für die SÜDKURIER-Leser die Tages- und Wochenprognosen. Er weiß genau, wann bei uns die Sonne scheint und wie stark es windet.
Die Ursache des vielen Regens
Die von vielen als speziell empfundene Wetterlage der vergangenen Tage fasst er routiniert als Fachmann gänzlich anders als ein Laie zusammen. Ursächlich für die Niederschläge und die hohe Gewitterneigung sei „ganz einfach ein Atlantiktief gewesen, das über Frankreich bis in den Schwarzwald vorgedrungen sei.

Das Tief allein sei aber nicht für die hohen Niederschlagsmengen der vergangenen Tage verantwortlich, erklärt Schmidt weiter. Die Lage verschärft habe schlussendlich auch eine „relativ schwache Luftströmung“. Diese vor allem sei mit der Hauptgrund, weshalb es an vielen Orten zu so großen Niederschlagsmengen kam. Schmidt: „Die Regenwolken zogen einfach nur sehr langsam weiter“.
Expertenmeinung ein Widerspruch?
Die Analyse des Experten scheint im Widerspruch zur Wahrnehmung vieler Bürger zu stehen. Schwache Luftströmung? Zum Beispiel im Oberzentrum garnierten tückische Sturmböen die Gewitter-Szenarien. Baume verloren viel Astwerk mit Laub, was wiederum am Boden dafür sorgte, dass viele Kanaleinlässe rasch verstopft waren.
„Es kam mehrfach zu Überschwemmungen wie in Schwenningen zuletzt an der Eichendorffstraße, wo es binnen einer Woche gleich zweimal Teile des Straßenzugs und Firmengebäude mit Wassereinbruch erwischt hatte.
Viel Wind oder wenig Wind
Zum Thema Wind holt Schmidt gerne noch weiter aus. „Wind am Boden ist nicht immer gleich wie Wind oben bei den Wolken“, erinnert er. Die Gewitter der letzten Tage seien durchschnittlich in Höhen ab 2000 Meter festgestellt worden.
„Die Wolkengebilde können sich bis zu über 10.000 Meter erstrecken“, sagt er weiter. Angaben eines Hagelflieger-Piloten, der zu Beginn dieser Woche wegen besonders tief hängender Gewitter auf bis zu 300 Meter über Grund einen Eunsatzflug abbrechen musste, widerspräche all dies nicht.

Zwei Arten von Gewittern hätten die vergangenen Tage im Großraum VS geprägt, schildert Schmidt weiter anhand der Aufzeichnungen. Vor allem das Tempo der Gewitterwolken mache den Unterschied. „Wir hatten in Schwarzwald-Baar auch schnell dahinziehende Gewitter“, sagt er weiter. Generell ließe sich das Tempo der Unwetterbewegungen auch mit den Himmelsrichtungen in Zusammenhang bringen. „Vom Atlantik zieht das meist schnell heran, aus Südost hingegen seien vielfach langsamere Zuggeschwindigkeiten festzustellen“.
Hagelt es immer nur abends?
Und mit noch einer Legende räumt Schmidt anhand einer kurzen Erklärung auf. Droht der hagel eigentlich vornehmlich spätnachmittags und früh abends, so wie vor 15 Jahren, als in Villingen-Schwenningen gegen 17.30 Uhr das große Unwetter Schäden in dreistelliger Millionenhöhe im Raum VS verursachte? Nein, sagt Schmidt. Es sei allerdings so, dass sich normalerweise ein Gewitter mit der Sonneneinstrahlung erst im Tagesverlauf aufbaue. Deshalb komme es öfters zu den späteren Tageszeiten zu den markanten Niederschlägen, die dann auch besonders in der Erinnerung vieler Menschen blieben.
Auf diesem Vorgang basiere letztlich auch der volkstümliche Begriff des Wärmegewitters, das sich gegen Abend entlädt. Meteorologen hingegen wissen: „Es kann auch nachts oder vormittags zu schweren Niederschlägen kommen.“ Generell stellt der Wetter-Mann derzeit noch keine sich besonders verstärkenden Trends fest.
Wer nimmt was wie wahr?
Schmidt weiß, dass viele Menschen eine andere Wahrnehmung haben. „Die meisten meinen ja auf Grund ihrer eigenen Erlebnisse, es gebe viel mehr schwere Niederschläge. Statistisch sei dies aber nicht nachweisbar. Schmidt glaubt aber, die Ursache für die Beobachtungen vieler Menschen zu können. „Das Smartphone bringt uns allen markante Wetterereignisse näher als früher.“ Ein schweres Gewitter in Stuttgart habe doch früher im Schwarzwald kaum einen interessiert, meint er. Die Bilder und Videos, die per Handy abrufbar sind, ließen die tatsächliche Distanz zu den Ereignissen oft verschwimmen.
Und jetzt – das Wochenend-Wetter
Und wie wird das Schwarzwald-Baar-Wetter zum Wochenende, wenn sich rund um VS mit gelockerten Corona-Bedingungen Freiluftkonzerte und andere Ereignisse stauen? Bis Samstag werde es weitgehend trocken bleiben. Zum Sonntag kämen neue Niederschläge, wahrscheinlich auch mit Gewittern, kündigt er konkret an.