Die Kinder sind mit dem Familienauto im Urlaub in Mecklenburg-Vorpommern, die Eltern sitzen ohne Auto zuhause in VS-Villingen. Das ist eigentlich kein Problem: Durch die stadtnahe Wohnlage ist fast alles zu Fuß zu erledigen und auch die täglichen Hundespaziergänge sind mit Startpunkt Waldstraße abwechslungsreich zu gestalten. Aber am Wochenende mal einen kleinen Ausflug zu machen, wäre auch nicht schlecht. Bei einem Spaziergang fällt mir das E-Auto beim Bahnhof an der roten Ladesäule der Stadtwerke ins Auge: Das wäre doch mal eine tolle Möglichkeit, ein Elektroauto zu testen und am Wochenende mobil zu sein.
Alles läuft über die App
Im Internet lassen sich alle notwendigen Infos finden: Deer-Carsharing ist der Partner der Stadtwerke, der in der Doppelstadt zwei Elektroautos positioniert hat. Als erstes lade ich die App herunter und bekomme die Info, dass ich Fotos meines Führerscheins per Mail an das Unternehmen in Calw schicken muss. Bevor dieser nicht verifiziert ist, kann ich die App nicht freischalten. Das dauert – dank höflicher Nachfrage und urlaubsbedingten Engpässen – zwei Tage. Ist die App freigeschaltet, muss der Führerschein dort nochmals hochgeladen und verifiziert werden, sonst kann der Buchungsvorgang nicht gestartet werden.

Freie Kilometer
Dann ist es soweit: Ich buche einen Renault Zoe für Freitagnachmittag und Samstag ganztägig. Die Preise werden im Stundentakt (6,50 pro Stunde) abgerechnet, der Tageshöchstsatz liegt bei 39,90 Euro – überschreitet die stundenweise Buchung diese Summe, wird immer der Tagessatz abgerechnet – bei freien Kilometern. Am Donnerstag schlendere ich als Elektroauto-Neuling mal ganz neugierig am Standort am Bahnhof vorbei, um zu sehen, ob das Auto da ist. Tatsächlich fährt gerade eine Frau damit in die Parkbucht. Ich nutze die Chance, um ihr über die Schulter zu schauen, wie alles funktioniert mit Stromanschluss, Auf- und Abschließen. Die Frau hat da Auto auch das erste Mal gemietet und ist ganz zufrieden. „Es hat alles gut geklappt“, meint sie.

Nicht voll aufgeladen
Am Freitag starte ich die Buchung in der App und kann das Auto problemlos über einen Transponder in der Windschutzscheibe freischalten. Nach kurzem Suchen finde ich auch den Schalter, um das Stromkabel zu lösen. Dieses kommt in den Kofferraum. Auf dem Display ist zu sehen, dass der Wagen nicht voll aufgeladen ist, er hat eine Reichweite von 140 Kilometern. Da ich an diesem Tag nur eine kurze Runde drehen möchte, reicht dies.
Der Renault Zoe mit Automatik fährt sich extrem angenehm, für einen Kleinwagen ist er ein wahres Raumwunder und bietet auch für großgewachsene Menschen viel Platz. Die Bedienung ist recht einfach, einen Schlüssel gibt es nicht mehr. Das Auto wird mit einem Start-Stopp-Knopf gestartet, zum Zu- und Aufschließen gibt es eine Art Chipkarte.

Die Hotline hilft
Zwei Stunden und eine entspannte Überland-Partie später stelle ich den Renault wieder in der Parkbucht am Bahnhof ab. Jetzt wird es spannend: Klappt mit dem Aufladen und Abschließen alles? Ich hole das Ladekabel und stecke es ein. Der Schlüssel kommt in das Handschuhfach, dort ist eigens eine kleine Verankerung. Wenn alle Türen geschlossen sind, fragt die App, ob man die Buchung abschließen will. Ich klicke „Ja“ und das Auto wird verschlossen.
Beim letzten Blick in den Wagen sehe ich auf dem Display hinter dem Lenkrad die Anzeige „System nicht angeschlossen“. Ein grünes Ladekabel-Symbol blinkt. Klare Sache, da kann was nicht stimmen. Ich rufe die Hotline an, auch außerhalb der Geschäftszeiten ist diese besetzt. Eine freundliche junge Dame schließt mir via App das Auto nochmals auf, ich checke alles, überprüfe den Stecker.

Noch immer lädt das Auto aber nicht. Dann finden wir den Fehler: Ich habe schlicht vergessen, mit einer Karte, die im Auto deponiert ist, die Ladesäule freizuschalten. Erst dann lädt das Auto. Jetzt klappt alles, das Display zeigt an, dass der Wagen in zwei Stunden vollgeladen ist.
Wenn das Auto läuft und läuft
Angetan von meinen Schilderungen bucht mein Mann das Auto gleich für eine Fahrt nach Konstanz, er hat gleich morgens einen wichtigen Termin. Am Abend vorher holen wir unsere Tochter vom Bahnhof ab und schauen, ob mit dem Auto alles in Ordnung ist. Eine weise Entscheidung: An der Ladesäule versuchen ein Vater und sein Sohn, die das Auto mal zum Ausprobieren gemietet haben, verzweifelt, den Renault auszumachen.
Der Start-Stopp-Knopf funktioniert offensichtlich nicht, der Motor lässt sich nicht ausschalten. Der Mitarbeiter an der Hotline ist überfragt, kann nicht wirklich helfen, da dieses Problem wohl so noch nicht aufgetreten ist. Schließlich sollen die Mieter den Renault mitnehmen, bei sich zuhause abstellen und einfach laufen lassen. Um 22.30 Uhr kommt dann der Anruf von Deer: Die Buchung meines Mannes wird storniert, da es kein weiteres Auto in Villingen gibt und besagter Renault ja noch nicht wieder funktionstüchtig ist. Wer jetzt keine Alternative hat, steht wirklich im Regen bei einem wichtigen Termin.
Mein Mann konnte auf unser eigenes Auto zurückgreifen und den Termin wahrnehmen. Allerdings schmälert solch eine Panne das Vertrauen in die Verlässlichkeit. Ich will ein E-Auto ja nicht nur mieten, wenn ich eine sichere Alternative habe, sondern vor allem, wenn ich dringend mobil sein muss.
Das passiert äußerst selten
Dazu meint Pressesprecher Andree Stimmer: „So etwas passiert wirklich äußerst selten. In den meisten Fällen können die Mitarbeiter, die über die Hotline erreichbar sind, via App eingreifen und gewisse Dinge richten.“ Sie können das Auto via App auch auf- oder abschließen und Fehler checken. In diesem speziellen Fall war das offensichtlich nicht möglich. Hier musste am nächsten Tag ein Techniker nach Villingen kommen, der das Auto dann ausschalten und wieder in Betrieb nehmen konnte.

Das Fazit

Das Angebot ist eine prima Sache, wenn man kurzfristig ein Auto braucht oder einfach mal ein Elektroauto ausprobieren möchte. Der Buchungsvorgang ist einfach, zwingend notwendig ist ein Smartphone. Die Hotline ist zuverlässig außerhalb der Geschäftszeiten erreichbar, allerdings lässt sich ein schwerwiegender Fehler wie oben geschildert, doch nicht via App oder Telefon beheben.

Auch sollte man beim ersten Termin etwas Zeit einplanen, um sich in Ruhe mit allem vertraut zu machen. Dann steht dem Fahrspaß mit dem spritzigen Renault Zoe nichts mehr im Wege. Wenn er vollgeladen ist, hat er offiziell eine Reichweite von rund 350 Kilometern, also ausreichend auch für Tagestouren in der Umgebung. Mieten kann das Auto übrigens jeder über 18 Jahre, der im Besitz eines gültigen Führerscheins ist.