Wird ein Teil des Gehirns für eine bestimmte Zeit nicht mehr ausreichend mit Sauerstoff versorgt, kann es im schlimmsten Fall zu einem Schlaganfall kommen. Wenn das passiert, zählt jede Minute. Wie sich ein Schlaganfall anfühlt, musste Jürgen Findeisen schon zweimal erleben.

„Meinen ersten Anfall hatte ich im Jahr 2012 während der Arbeit. Ich hatte Probleme mit dem Auge und meine rechte Hand war gelähmt“, erinnert er sich. „Ich habe mich dann erst mal hingesetzt. Nach 15 Minuten bin ich zu einer Kollegin, die zufälligerweise auch Arzthelfern ist. Sie hat mir dann gesagt, dass ich einen Schlaganfall habe.“
Zwar hat Findeisen eigenen Angaben zufolge auch schon zuvor gesund gelebt, nicht geraucht, kaum Alkohol getrunken. Dennoch achtete er nach dem Schlaganfall noch mehr auf sich und seine Gesundheit. 2017 gründete er die Initiative Schlaganfall im Schwarzwald-Baar-Kreis.
Trotz der Präventionsmaßnahmen erlitt der heute Über-Siebzig-Jährige im vergangenen Jahr einen zweiten Schlaganfall. „Ich war beim Reha-Sport. Anschließend saßen wir eine Weile zusammen, ehe ich in mein Auto stieg. Dort hatte ich die gleichen Symptome wie sieben Jahre zuvor. Ich wusste gleich, was ich hatte“, so Findeisen. Viele Menschen denken, meint er, dass sie nach einem ersten Anfall immun seien. Das stimme aber nicht. Auch, dass ausreichend Prävention einen Schlaganfall gänzlich verhindert, sei falsch. Findeisen: „Bei entsprechender Veranlagung kann es jeden treffen.“

Behandelt wurde Findeisen im Schwarzwald-Baar-Klinikum. Dieses verfügt ber eine der modernsten Stroke Units (Schlaganfall-Abteilung) des Landes. Geleitet wird der Schlaganfall-Schwerpunkt von Hubert Kimmig. Er ist auch der Direktor der Neurologie: „In den vergangenen fünf Jahren wurden im Schwarzwald-Baar Klinikum jährlich zirka 1000 Schlaganfälle behandelt. Zuletzt war die Tendenz steigend.“
In der Stroke Unit gibt es seit März 2020 ein neues Angiografie-System. Mit dem ist es möglich, etwa Blutgerinsel im Gehirn ohne offene Operation und stattdessen mithilfe von Kathetern zu entfernen. Das Schwarzwald-Baar-Klinikum ist damit eigenen Angaben zufolge eines von wenigen Häusern in Baden-Württemberg, das über diese Möglichkeit verfügt.
Durchschnittsalter
Das durchschnittliche Alter der Schlaganfall-Patienten im Klinikum lag 2015 bei einem Alter von 73,5 Jahren, 2016 bei einem Alter von 73,8 Jahren. Im Jahr darauf lag das Alter bei 72,3 Jahren, 2018 war es ein Alter von 74,1 Jahren und im vergangenen Jahr lag das Durchschnitsalter der Schlaganfallpatienten bei 74,4 Jahren.
„Auch junge Menschen können einen Schlaganfall erleiden. Die Häufigkeit nimmt allerdings nicht zu und auch im Schwarzwald-Baar Klinikum hat sich das nicht bestätigt“, sagt Kimmig. 2019 lag der Anteil der unter 50-jährigen Schlaganfallpatienten bei 4,9 Prozent, was den niedrigsten Wert der vergangenen fünf Jahre ausmacht.
Risikofaktoren
Das Risiko, einen Schlaganfall zu erleiden, steigt mit zunehmenden Alter. Aber auch Faktoren wie Bluthochdruck, Rauchen, Übergewicht, Bewegungsmangel, Diabetes, erhöhte Cholesterinwerte oder Herzrythmusstörungen wie etwa das Vorhoffklimmern, begünstigen einen Schlaganfall.
„Man kann einem Schlaganfall vorbeugen, indem man die Risikofaktoren minimiert“, sagt Kimmig. Dabei kann man auf das Rauchen verzichten, sich gesund ernähren, das Gewicht normalisieren und sich täglich 30 bis 60 Minuten bewegen. Kimmig: „In Absprache mit dem einem Neurologen und dem Hausarzt sind in der Regel Medikamente zur Blutverdünnung gegen Bluthochdruck, Diabetes, Cholesterin und zur Blutverdünnung erforderlich.“
Wenn der Verdacht auf einen Schlaganfall vorliegt, muss schnell gehandelt werden. „Ein Schlaganfall kommt meist plötzlich, also schlagartig, und schmerzlos“, sagt Kimmig weiter.
Jürgen Findeisen hat beide Schlaganfälle gut überstanden. Er weiß aber: Auch ein dritter ist nicht ausgeschlossen.