Es muss ein sehr massiver Angriff auf die eigene Ehefrau und Mutter seiner vier Kinder gewesen sein, der einen jetzt 43 Jahre alten Mann als Angeklagten in das Rottweiler Landgericht gebracht hat.
Ihm wird vorgeworfen, seine Frau in der Nacht vom 27. auf 28. März diesen Jahres in der gemeinsamen Wohnung in Lauterbach im Kreis Rottweil mit zahlreichen Messerstichen lebensgefährlich verletzt zu haben.
Die Frau war laut Anklage gerade dabei gewesen, das jüngste der vier gemeinsamen Kinder zu stillen.
Unerwarteter Angriff
Da habe sich ihr der Angeklagte im Bademantel genähert, unter dem er das Messer, ein Küchenmesser mit 20 Zentimeter langer Klinge, versteckt haben soll.
Er habe sie angeschrien: „Ohne mich bist Du nichts!“ Sie habe geantwortet, dass sie ihn nicht brauche. Daraufhin habe er zwölf Mal auf sie eingestochen. Sie solle besser sterben, als einen anderen Mann zu haben, seien dabei laut Anklage seine Worte gewesen.
Trotz schwerster Verletzungen gelingt die Flucht
Drei Stiche erhielt sie in die Brust, zwei Stiche in den Rücken, dabei wurde ihr eine Rippe durchtrennt und die Lunge getroffen. Trotz ihrer schwersten Verletzungen gelang es ihr zu flüchten.
Ihr Mann habe den Notruf kontaktiert. Er sei davon ausgegangen, dass sie nicht überleben werde. Und habe sich kurz nach Mitternacht widerstandslos festnehmen lassen.
Seitdem sitzt er in Untersuchungshaft, zur Verhandlung wurde er in Fußfesseln vorgeführt. Heimtücke und niedrige Beweggründe, das wirft ihm die Staatsanwaltschaft vor, und damit versuchten Mord in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung.
Angeklagter schweigt bislang zur Tat
Zur Tat selbst sagte der Angeklagte nichts. Ausführlich wurde aber sein Leben zunächst in Eritrea, später als Kriegsflüchtling im Khartoum im Sudan, beleuchtet. Seine Schwester starb, als er zwölf Jahre alt war, seine Mutter, drei Jahre später.
Danach floh er in den Sudan, um nicht Soldat sein zu müssen. In Eritrea sei man das sein ganzes Leben lang. Und damals herrschte dort Krieg mit Äthiopien.
Der 43-Jährige erzählte, vom Dolmetscher übersetzt, von einem guten Job als Bauarbeiter in Khartoum, davon, wie er seine Frau kennenlernte und von den vielen Bestechungsgeldern, die er dort zahlen musste.
Gemeinsame Flucht nach Deutschland
So habe man gemeinsam beschlossen – das erste Kind war bereits geboren – nach Deutschland zu gehen. „Wenn wir sterben, dann zusammen.“
Seine Frau war wieder schwanger, die Reise nach Libyen habe im überfüllten Lastwagen 24 Tage gedauert, die Überfahrt im Schlauchboot nur drei Stunden, dann sei man gerettet worden.
Die weiteren Stationen: Sizilien, Norditalien – dort kam die Tochter zur Welt -, dann Heidelberg und schließlich die Wohnung in Lauterbach im Kreis Rottweil.
„Ich liebe meine Kinder!“
Arbeit hatte er keine, die Familie lebte von Sozialhilfe. Zwei weitere Kinder wurden geboren, um die er sich auf Nachfrage des vorsitzenden Richters Karlheinz Münzer kümmerte, die er zur Schule und in den Kindergarten brachte. „Ich liebe meine Kinder!“
Während des Lockdowns habe er angefangen zu trinken, manchmal eine Flasche Wodka am Tag. Von Besuchen bei Freunden in Karlsruhe war die Rede.
Dem Gericht erklärte der Angeklagte dann, dass er eine Ausbildung machen wolle und wieder mit seiner Frau und den Kindern zusammenleben.
Ehefrau nimmt als Nebenklägerin teil
Ob er seiner Frau gegenüber häufig gewalttätig wurde, kam am ersten Verhandlungstag nicht zur Sprache. Voraussichtlich aber Mitte Dezember, dann wird sie als Nebenklägerin aussagen.
Der Prozess wird am 12. Dezember um 14 Uhr fortgesetzt. Den Mann könnte eine lebenslange Strafe und auch die Abschiebung erwarten. Das Urteil wird am 12. Januar erwartet.