Zehn Jahre ist es her, dass der Film „Funkenflug“ über den Stadtbrand, der im Jahr 1865 große Teile des damaligen St. Georgen zerstörte, seine Premiere feierte.

Ein Jahr zuvor fanden die Dreharbeiten zu dem historischen Kurzfilm unter der Regie der St. Georgener Jungregisseurin Stephanie Kiewel und mit Beteiligung vieler St. Georgener statt, die als Darsteller vor oder in der Filmcrew hinter der Kamera mitwirkten.

Im September gibt es das große Wiedersehen aller Beteiligten. Im Mittelpunkt steht dann sicher auch die Frage; was wurde eigentlich aus den Akteuren?

Die Menschen flüchten panisch vor dem Großbrand, der 1865 große Teile des damaligen St. Georgens zerstört hat. Immer wieder musste die ...
Die Menschen flüchten panisch vor dem Großbrand, der 1865 große Teile des damaligen St. Georgens zerstört hat. Immer wieder musste die Szene vor einer echten Brandruine gedreht werden. | Bild: Sprich, Roland

Als „Funkenflug – Chronik einer Katastrophe“ im Jahr 2014 mit kleinem Budget, dafür großem Engagement aller Beteiligten realisiert wurde, stand Stephanie Kiewel ganz am Anfang ihrer Karriere als Filmemacherin.

Zehn Jahre nach „Funkenflug“ ist Stephanie Kiewel eine etablierte Dokumentarfilmerin, die in England lebt und arbeitet.
Zehn Jahre nach „Funkenflug“ ist Stephanie Kiewel eine etablierte Dokumentarfilmerin, die in England lebt und arbeitet. | Bild: privat

Filmregisseurin wollte sie werden, das war schon als Kind ihr großer Wunsch. Und heute? Inzwischen lebt Stephanie Kiewel mit ihrer Frau in Manchester im Norden Englands. Dort arbeitet sie als selbständige „Shooting Producer & Director“, was übersetzt so viel bedeutet, dass sie Regisseurin und Kamerafrau in einer Person ist.

Liebe zum Dokumentarfilm entdeckt

„Ich habe durch ‚Funkenflug‘ und meiner Arbeit als freie Mitarbeiterin beim SÜDKURIER die Liebe zu Dokumentarfilmen entdeckt“, sagt Stephanie Kiewel. Als Dokumentarfilmerin begleitete sie schon die Mordkommission und Spurensicherung der Polizei bei ihrer forensischen Arbeit, mal filmte sie mehrere Monate lang Goldgräber in Kanada beim Schürfen nach dem wertvollen Edelmetall.

„Ich arbeite mittlerweile für alle britischen Fernsehsender projektbezogen, hin und wieder auch international oder für Streamingplattformen – und hab mir wirklich einen Traum erfüllt. Hier wollte ich immer hin“, schwärmt Kiewel von ihrer Arbeit.

Im August 2014 fanden die Dreharbeiten zum Film „Funkenflug“ statt. Am ersten Drehtag wird in Oberkirnach eine Szene mit Darstellerin ...
Im August 2014 fanden die Dreharbeiten zum Film „Funkenflug“ statt. Am ersten Drehtag wird in Oberkirnach eine Szene mit Darstellerin Esther Maaß (links) gedreht. Regisseurin Stephanie Kiewel (rechts) erklärt die Szene. | Bild: Sprich, Roland

Ihre ursprüngliche Absicht, Spielfilme zu drehen, rückte dafür in den Hintergrund. „Ich habe das auch probiert. Aber es war mir zu monoton und längst nicht so spannend, wie ich es mir erhofft habe.“

Der Dreh des dokumentarischen Spielfilms von „Funkenflug“, der Kiewels praktische Abschlussarbeit ihres Studiums in Film- und Fernsehproduktion war, habe ihr damals geholfen, aus der Masse der Neu-Absolventen herauszustechen und im Filmgeschäft Fuß zu fassen.

Funkenflug: Ein Projekt der ganzen Stadt

„Ich bin bis heute Ute und Helmar Scholz, dem Theater im Deutschen Haus, dem Verein für Heimatgeschichte, der Stadt und den zahlreichen Unterstützern unheimliche dankbar für die Möglichkeit. Es war ein unglaubliches Erlebnis, mit meinen Mitstudenten wochenlang die Bergstadt unsicher zu machen und uns zu verwirklichen“, so die heute 33-Jährige.“

„Funkenflug“ sei ein Projekt der ganzen Stadt gewesen, um ein Stück Geschichte aufzuarbeiten. Der Lohn für die Arbeit aller Beteiligten hat sich auch in den mehr als 30 Preisen widergespiegelt, die der Kurzfilm weltweit bei Filmfestivals abgeräumt hat.

Die Einwohner von St. Georgen bringen ihr Hab und Gut in Sicherheit. Hier schleppen Klaus Lauble und Ferdinand Haas eine Kommode durch ...
Die Einwohner von St. Georgen bringen ihr Hab und Gut in Sicherheit. Hier schleppen Klaus Lauble und Ferdinand Haas eine Kommode durch die Gegend. Immer und immer wieder, bis die Szene aus verschiedenen Einstellungen im Kasten ist. | Bild: Sprich, Roland

Wenngleich der Film weitgehend mit Laiendarstellern gedreht wurde, die größtenteils aus St. Georgen und Umgebung stammten, so wurde die weibliche Hauptrolle mit einer Profi-Schauspielerin besetzt.

Esther Maaß, die ihre Schauspielausbildung an der Theaterakademie in Stuttgart absolvierte, übernahm die Rolle der „Anna“, die Mutter der beiden Söhne, die verdächtigt waren, den Brand gelegt zu haben. Dieser führte schließlich zu der verheerenden Katastrophe, bei der am 19. September 1865 nahezu der gesamte damalige Stadtkern niederbrannte.

Hauptdarstellerin Esther Maaß ist gut im Geschäft

Seit „Funkenflug“ hat die Schauspielerin, die in Berlin lebt, in zahlreichen Theater-, Film- und Fernsehproduktionen mitgewirkt. Teilweise unter der Regie des aus St. Georgen stammenden Regisseurs Steffen Hacker. Maaß spielte unter anderem in Hackers Independent-Produktion „Ingenium“, für den einige Szenen sogar im ehemaligen St. Georgener Krankenhaus entstanden.

„Für ‚Ingenium‘ ging es auf Festival-Weltreise, wofür ich als beste Schauspielerin mehrfach international ausgezeichnet worden bin“, berichtet die Schauspielerin, die auch in der Fernsehserie „Ku‘damm 63“ und in der Komödie „Geheimkommando Familie“ zu sehen war. „Ansonsten bin ich dem Kurzfilm immer treu geblieben, da sie oft ein Genre und Thema anbieten, die das Schauspielerherz bunt und kreativ erfüllt.“

Keine Mühen haben die Macher von Funkenflug gescheut, um die Szenen möglichst authtentisch wirken zu lassen. Sogar eine Kuh wurde ...
Keine Mühen haben die Macher von Funkenflug gescheut, um die Szenen möglichst authtentisch wirken zu lassen. Sogar eine Kuh wurde organisiert, die währen der Panikszene auf dem Marktplatz des Bauernmuseums in Mühlhausen durchs Bild läuft. | Bild: Sprich, Roland

Esther Maaß spielte auch in mehreren Episoden der Mystery-Serie „X-Faktor – das Unfassbare“, in denen mysteriöse Geschichten erzählt werden, bei denen der Zuschauer raten kann, ob diese nach wahren Begebenheiten verfilmt wurden oder frei erfunden sind.

Zudem gab es einige Projekte mit Musik und Tanz für Kinder. Und sie entdeckte ihre Liebe zum Unterrichten und Regie führen. Letzteres konnte sie bereits bei der Produktion neuer Folgen von „X-Faktor“ in Los Angeles unter Beweis stellen.

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Wenn sich zunächst am 165. Jahrestag des St. Georgener Stadtbrandes, am Freitag, 19. September, alle Ehemaligen wieder treffen, die „Funkenflug“ zum Leben erweckten, werden auch etliche Mitglieder der Filmcrew aus England mit dabei sein, die damals als junge Kommilitonen von Stephanie Kiewel das Projekt unterstützten. Darunter auch der ebenfalls aus St. Georgen stammende Finn Drude, der als Drehbuchautor und Regieassistent am Projekt mitwirkte.

Wie Ute Scholz vom Theater im Deutschen Haus mitteilt, „werden wir alle zusammen das Meisterwerk ansehen und danach einfach das Wiedersehen feiern.“