13 Sekunden zu lange geparkt – und schon sind über 50 Euro Strafe fällig? Dem Villinger Peter Kerber ist kürzlich eben dies passiert. Sein Problem: Er hatte seinen Wagen auf einem eigentlich privaten Parkplatz abgestellt.
An einem Februarabend ist Peter Kerber mit seinem Lieferwagen unterwegs, mit dem er im Auftrag der Nord-Apotheke eilige Medikamente ausliefert.
Einer seiner Kunden wohnt in der Prinz-Eugen-Straße, in einem Haus, das direkt an den großen Parkplatz der Business Boxx VS grenzt. In dem Gewerbepark haben zahlreiche Unternehmen ein Zuhause gefunden – und dazugehörige Stellplätze angemietet.
An diesem Abend dauert es ein bisschen länger
Kerber stellt, wie schon so oft in der Vergangenheit, den Lieferwagen auf besagtem Parkplatz ab und bringt die Medizin zum Patienten. Es ist 18.14 Uhr und 49 Sekunden. Diesmal dauert es ein klein wenig länger – ob er vielleicht ein Stückchen weiter laufen musste oder der Kunde nicht sofort die Haustür geöffnet hat, daran erinnert sich Kerber heute nicht mehr.
Fakt ist: Nach exakt 15 Minuten und 13 Sekunden verlässt er den Parkplatz wieder. Die Uhr zeigt nun 18.30 Uhr und zwei Sekunden.
Was der Villinger an jenem Februarabend nicht weiß: Eine Kamera erfasst jeden, der auf den privaten Parkplatz einfährt. 15 Minuten haben unberechtigte Autofahrer Zeit, die Fläche wieder unbehelligt zu verlassen, ab diesem Zeitpunkt wird es teuer. Auch die Ausfahrt und den dazugehörigen Zeitpunkt dokumentiert das digitale Auge sekundengenau.
Zehn Tage später folgt die böse Überraschung in Form einer Zahlungsaufforderung über 49,76 Euro, 45 Euro davon Strafe sowie 4,76 Euro für die Ermittlung des Autohalters. Grund: Die Kulanzzeit von 15 Minuten ist überschritten.

Absender ist die Firma Avantpark, ein Unternehmen für digitales Parkraummanagement aus Unterföhring bei München. Peter Kerber versteht die Welt nicht mehr. „Ich habe da schon so oft geparkt, wenn ich hier Patienten beliefert habe“, sagt er.
Die Mieter wollen auf ihren bezahlten Plätzen parken
Claudia Berger von der Business Boxx VS kann Peter Kerbers Ärger irgendwie sogar nachvollziehen. „Ein Privatparkplatz ist aber einfach privat“, stellt sie klar. Die Stellplätze, so erklärt sie, seien zu 100 Prozent an die Mieter in der Business Boxx vergeben – und die wollen auf ihrer bezahlten Fläche eben auch parken.
Kerbers Anlieferadresse, die Prinz-Eugen-Straße, befinde sich nicht auf dem Grundstück, das zu dem Parkplatz gehört, somit gebe es keinen Zusammenhang mit dem dortigen Nutzungsrecht. Kerber hätte Parkplätze in der Waldstraße nutzen können, so Berger.
„Wir mussten einfach etwas tun, wir haben sogar schon Mieter deswegen verloren“, schildert Claudia Berger die Situation. Zu oft seien diese morgens gekommen oder auch nach der Mittagspause zurückgekehrt und fanden einen fremden Parker auf ihrem Stellplatz vor. Dass sie ärgerlich waren – keine Frage.
Lange habe man hin- und herüberlegt, wie das Problem in den Griff zu bekommen wäre und sich vor etwa einem Jahr für die Bewirtschaftung durch Avantpark entschieden.
Nach der Schonfrist kostet es
„Aus Kulanzgründen“ werde die Strafe auf dem Privatplatz nicht sofort fällig, sondern erst Ablauf der Frist von 15 Minuten, erklärt Claudia Berger. Ist diese aber verstrichen, kostet es – ob es sich um 13 Sekunden, 13 Minuten oder eine ganze Stunde handelt, ist nunmehr egal.
„Das Kulanzangebot ist technisch klar definiert und automatisiert – bei einer Überschreitung, auch wenn es nur Sekunden sind, wird systemseitig eine Zahlungsaufforderung ausgelöst.“
Abends ab 17 Uhr und an den Wochenenden darf ganz offiziell auch länger geparkt werden, allerdings müssen Autofahrer dafür für 50 Cent pro Stunde ein Ticket lösen, so Claudia Berger. Auf insgesamt fünf Schildern, unter anderem an der Einfahrt zu dem Bereich, wird auf das Vorgehen hingewiesen.
Noch mehr Ärger über die Kamera-Methode
Vor-Ort-Termin mit Peter Kerber. Im Dunkeln, damals im Februar, habe er die Schilder einfach nicht gesehen, sagt er. Während er die große Hinweistafel betrachtet und sinniert, ob diese damals überhaupt schon dort stand (“Ja, tat sie“, so Claudia Berger), hält ein Mann an. „Dieses Geschäftsmodell gehört verboten“, schimpft er.
Selbst Mitarbeiter bei einer der Firmen hier sei er nach der Rückkehr aus der Elternzeit in die Strafzettel-Falle geraten. „Mein Auto war noch nicht registriert“, berichtet er. Der Versuch, bei Avantpark deswegen jemanden zu erreichen, sei gescheitert. Außer einem Beschwerdeportal gebe es keinerlei Kontaktmöglichkeit.
Auf das Schreiben kommt nur die erste Mahnung
Die Erfahrung hat auch Peter Kerber gemacht. Ein Schreiben mit Erklärungsversuch an den Parkdienstleister wird mit der ersten Mahnung beantwortet, einem zweiten Schreiben folgt im Juli 2025 die letzte Mahnung, inzwischen über 52,06 Euro.
Auch auf eine Anfrage des SÜDKURIER kommt von Avantpark keine Reaktion. Unter einer Telefonnummer, die sich auf dem Internetauftritt des Unternehmens findet, werden Anrufer von einer Bandansage begrüßt und darauf hingewiesen, doch bitte das Kontaktformular zu nutzen.
Eigentümer haben keinen Einfluss
Die Parkplatz-Eigentümer von der Business Boxx können Peter Kerber mit seinem happigen Knöllchen ebenfalls nicht weiterhelfen. „Auch wenn wir die besondere Situation einer Medikamentenauslieferung grundsätzlich nachvollziehen können, ist eine Ausnahmeregelung nach Überschreiten der Toleranzgrenze leider nicht möglich“, betont Claudia Berger.
Preisgestaltung sowie Bearbeitung von Zahlungsaufforderungen und Einsprüchen liegen vollständig bei der Firma Avantpark. „Wir als Eigentümer des Geländes haben darauf keinen Einfluss und sind in die operative Abwicklung auch nicht eingebunden“, sagt Berger.