- Archivar Michael Bohrer hütet die Schätze im Archiv der Narrozunft
- Zunft erhält original Narrozeitung von 1921-1927 aus einem Nachlass
- Hier gibt es viele Bilder und ein Video aus dem Archiv in der Zehntscheuer
Das Archiv der Villinger Narrozunft ist eine wahre Fundgrube. Hier lagern tausende teils historische Dokumente, Schemen, Jahrbücher, Bilder, Presseberichte und sogar alte Filmrollen. Verwalter dieser Schätze ist Zunftarchivar Michael Bohrer.
Der 50-Jährige hat die ehrenamtliche Aufgabe 2014 von Hans-Jörg Fehrenbach übernommen. Er ist seit 40 Jahren im Verein, kennt diesen von klein auf. Seit 22 Jahren ist er Ratsherr. "Ich habe mich schon immer für Geschichte interessiert", sagt er. Als Zunftarchivar möchte er die Vereinsgeschichte belegen und bewahren.
Vor kurzem hat die Narrozunft aus einem Nachlass einen weiteren Schatz erhalten. Ein Bündel voll mit alten Narrozeitungen, original und gut erhalten. Das älteste Exemplar erschien im Jahr 1921.
Die weiteren Ausgaben reichen ohne Unterbrechung bis zum Jahre 1927. So ein Geschenk ist ein echter Glücksfall, denn die meisten Ausgaben aus diesem Geschenk hat die Zunft bislang noch nicht. Die allererste Narrozeitung erschien im Jahr 1912 unter der Leitung von Albert Fischer. Die älteste Ausgabe im Archiv stammt aus dem Jahr 1914. Es ist jedoch nur eine Kopie des Originals, welches im Besitz des Stadtarchives. "Mit dem Stadtarchiv pflegen wir aber eine gute Zusammenarbeit", so Bohrer.
Bei der ersten Begutachtung des Nachlasses offenbarte sich den Verantwortlichen eine weitere Besonderheit. Am 6. Hornung – das war damals die Bezeichnung für den Monat Februar – erschienen 1925 gleich zwei Narrozeitungen. Es gab offenbar so viel Närrisches zu berichten, dass die offizielle Ausgabe nicht reichte.
Die Narren veröffentlichten kurzerhand ein Extrablatt unter dem Zusatz "No' wiesele", was vermutlich so viel bedeutet wie Nachtrag oder Nachlese.
Die neuen, alten Zeitungen werden jetzt erst einmal sicher abgelegt und verwahrt. Damit der natürliche Alterungsprozess weitmöglichst gestoppt wird, achtet Bohrer darauf, dass die Papierstücke nicht gefaltet, oder gelocht gelagert werden. Dafür stehen ihm spezielle Flachablageschränke zur Verfügung. Er nutzt zudem spezielle Archivkartons, die keine Stoffe beinhalten, die Papier und Farbstoffe weiter angreifen könnten. Die Sichtung und die Dokumentation des Inhaltes der neuen Dokumente folgen erst später. Bohrer, der von Beruf Polizist ist, hat sich sein Archiv-Wissen im Internet angeeignet. Vieles wurde ihm auch von seinem Vorgänger Hans-Jörg Fehrenbach überliefert.
"Ich bin mit der Aufarbeitung unseres Bestandes etwa im Jahr 1955 angekommen", erklärt er. Die Jahre von 1901 bis 1946 hatte sein Vorgänger bereits penibel aufgearbeitet und alte Protokollbücher ins Reine geschrieben und zusammengefasst.
Daraus entstand eine Vereinschronik in Buchform.
Über 250 Seiten umfasst das Werk. Darin sind heute kurios anmutende Einträge zu lesen: "Die Abrechnung des Zunftballes ergab einen Überschuss von 87,65 Reichsmark." Der Eintrag stammt aus dem Jahr 1939.
An anderer Stelle findet sich der Hinweis, dass der Schriftführer für Telefonate in das Postamt gehen und die Kosten später abrechnen musste. "Natürlich liegen diese Daten auch digital vor", erklärt Bohrer. Die aktuellen Geschehnisse dokumentiert er in einer Jahreschronik. In diesen Büchern landet alles, was sich über ein Vereinsjahr ansammelt und das Vereinsleben dokumentiert: Presseberichte, Bilder und Dokumente.
Die größte Herausforderung sieht Bohrer in der Digitalisierung des Bestandes. Zwar würde heute schon viel digital gespeichert werden. Zahlreiche Herausforderungen stehen jedoch noch vor ihm, wie zum Beispiel die alten Filmrollen. Ein weiteres Problem sei die begrenzte Haltbarkeit der digitalen Speichermedien. Momentan behilft sich die Zunft damit, alle wichtigen Daten doppelt auf Festplatten zu sichern. Eine langfristige Lösung sei das aber nicht.
Die wichtigsten und wertvollsten Häser und Schemen des Vereins sind in einer Dauerausstellung im Franziskanermuseum zu sehen. Im Archiv dokumentieren lediglich einige wenige Schemen an einer Wand die chronologische Entwicklung.
Darüber hängen drei seltene Wachsmasken aus dem Jahr 1924, die lediglich eine Fastnacht überdauerten.
2012 zog das Zunftarchiv vom Elisabethenturm in die Zehnscheuer um. "Wir haben hier optimale Bedingungen", erklärt Bohrer. Wichtige Kriterien seien die gleichbleibende Temperatur, der Schutz vor Sonnenstrahlen aufgrund der Lage auf der Gebäude-Nordseite sowie die geringe Luftfeuchtigkeit.
