Uwe Spille

Das Coronavirus hat auch die Stadt fest im Griff, das öffentliche Leben kommt immer mehr zum Erliegen. Der Krisenstab der Stadt tagt nahezu rund um die Uhr, um zu entscheiden, wie es vor Ort weitergeht. Baden-Württemberg wird die am Montag mit der Bundesregierung und den anderen Landesregierungen vereinbarten einschneidenden Maßnahmen zur Eindämmung der Coronapandemie nach Angaben von Ministerpräsident Kretschmann komplett umsetzen, das heißt auch Geschäfte und Freizeiteinrichtungen müssen schließen. Allerdings könnte es bis Mittwoch dauern, bis diese Verordnung vorliegt, das heißt, dass in Baden-Württemberg noch alle Geschäfte geöffnet sein dürften. Spätestens ab Donnerstag werden die Einschränkungen aber auch für das Land umgesetzt. Wie groß die Verunsicherung der Händler ist, zeigte sich auch in Villingen: Einige Geschäfte hatten bereits am Dienstag schon geschlossen, wie die Buchhaltestelle, die Firma Wiebelt und Mode-Broghammer.

Wie lange die Geschäfte, die nicht mit Lebensmitteln oder wichtigen Artikeln für Handwerker handeln, schließen müssen, ist noch unklar. Wir haben bei einigen kleinen Geschäften in der Innenstadt nachgefragt, wie es aussieht, was die Händler, die ihre Läden teils über Jahrzehnte aufgebaut haben und hier führen, empfinden.

Patrick Ziegler betreibt in der Innenstadt das Musikfachgeschäft Guitarra: Wenn er schließen muss, fehlen die Einnahmen, aber die ...
Patrick Ziegler betreibt in der Innenstadt das Musikfachgeschäft Guitarra: Wenn er schließen muss, fehlen die Einnahmen, aber die Fixkosten bleiben. | Bild: Uwe Spille

Für Patrick Ziegler, der in der Niederen Straße das Musikgeschäft Guitarra unterhält steht ohne Frage die Existenz auf dem Spiel. „Ich habe keine nennenswerten Rücklagen und wenn ich schließen muss, dann bleiben die Fixkosten ja“, zeigt er seine Situation auf. Und deutet auf die vielen Gitarren im Wert von vielen tausend Euro, die bei ihm zu sehen sind. „Die stehen hier ja nicht nur rum“, verdeutlicht er. Dabei macht ihm der Handel im Internet schon genug Sorgen. So beobachtet er immer wieder Menschen, die bei ihm die Beratung holen und dann bei anderen im Internet bestellen. „Die machen teils sogar Fotos von den Instrumenten die sie interessieren und kommen nie wieder“, stellt er die Situation dar. Und wenn jetzt die Schließung komme, dann wisse ja niemand, wie lange diese dauere. „Zwei Wochen kann man überstehen. Aber was, wenn es länger geht?“, stellt sich Ziegler die Frage.

Andre Baumgärtner hofft noch auf eine Sonderregelung für Buchhändler.
Andre Baumgärtner hofft noch auf eine Sonderregelung für Buchhändler. | Bild: Uwe Spille

„Wenn ich zumachen muss, werde ich mir mit Straßenmusik meinen Lebensunterhalt verdienen“, Andre Baumgärtner, der ebenfalls in der Niederen Straße die Bücherinsel betreibt, bringt es ironisierend auf den Punkt. Damit habe er von früher als Musiker noch Erfahrung. Doch ernsthaft macht er sich seine ganz eigenen Gedanken zu den anstehenden Maßnahmen. Es sei bekannt, so führt Baumgartner diese aus, dass der Coronavirus an sich schon lange umgeht. „Und je mehr man testet desto mehr Menschen wird man finden, die den mit sich tragen“ ist er überzeugt. Das Schließen aller Einrichtungen und Geschäfte hält er deshalb für eine übertriebene Maßnahme.

Die zudem Existenzen zu vernichten droht. „Natürlich muss man Risikogruppen, ältere und behinderte oder schwer kranke Menschen schützen so gut als möglich“, stellt er klar. Aber dafür alle, die nur leichte bis mittelschwere Symptome zu erwarten haben, von den Straßen fernhalten? „Wie lange soll das aufrechterhalten werden? Und was, wenn dann alles wieder läuft wie normal?“ fragt er. Hoffnung für seinen Buchladen hat Baumgartner dennoch. Denn der Börsenverein des Deutschen Buchhandels ist im Gespräch mit den zuständigen Ministerien, auch den Buchhandel von Schließungen auszunehmen.

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Elke Kuhl bedient ihre Kundschaft im Schokolädchen in der Brunnenstraße gern, immer mit einem Lachen. Ein Herr nimmt etliche Packungen Schokolade und Tees mit. „Wer weiß, wann sie wieder aufmachen dürfen“, gibt er zur Begründung an, mit einem eher hilflosen Lachen versehen. Elke Kuhl ist zwar gerade nicht zum Lachen zumute, dennoch lächelt sie. Schon verrückt sei es, gibt sie zu Protokoll, sie müsse zumachen, gerade jetzt vor Ostern, wo einiges an Umsatz für sie in Aussicht ist. Der falle nun weg und wird vom Drogeriemarkt nebenan übernommen. „Ich empfinde das schon als ungerecht, denn im Gegensatz zu dem, wo viele auf einmal einkaufen, kommen zu mir doch wirklich nur vereinzelt Menschen. Bei mir ist es doch sicher“, verdeutlicht sie. Ihre drei Mitarbeiter wird sie in Kurzarbeit schicken müssen. Oder sie nehmen Urlaub.

Die Buchhaltestelle in der Brunnenstraße hat schon zu gemacht. Hier weist ein Aushang auf die Möglichkeit hin, über den eigenen Online-Shop des Ladens Bücher zu bestellen. Und ansonsten ein wenig zu warten mit dem Kauf. Die ausdrückliche Bitte, die man lesen kann, ist deutlich. „Kaufen Sie nicht alles online. Wartet, bis wir wieder öffnen und helft uns danach durch eure Einkäufe, die Krise zu bewältigen.

Marco Totzek ist in seinem Geschäft Massnahme Einzelkämpfer.
Marco Totzek ist in seinem Geschäft Massnahme Einzelkämpfer. | Bild: Uwe Spille

Auch bei Marco Totzek, der sein kleines Geschäft „Massnahme“ in der Bickenstraße zwar als Franchise Unternehmen führt, dennoch auch Inhaber des Ladens ist, kommt ein Kunde früher als erwartet. Eine maßgeschneiderte Hose holt er ab, man wisse ja nicht, wann die Geschäfte schließen, gibt er zu bedenken. Dass sei genau das Problem, gibt Totzek zu Protokoll. Die Planungssicherheit gehe verloren, gerade die sei bei maßgeschneiderten Kleidern wichtig. „Wer eine Hochzeit zu feiern hat, der macht Termine aus. Und an die muss ich mich halten“, so Totzek. Er habe sofort nach der Meldung, dass alle nicht lebenswichtigen Geschäfte zu schließen haben, seinen Steuerberater kontaktiert und nach Möglichkeiten gesucht, wie er sich finanziell absichern kann. „Zum Glück, muss ich sagen, bin ich hier ein Einzelkämpfer und muss niemanden entlassen“, sieht er das Gute im Schlechten. Aber lange dürfen diese Maßnahmen nicht dauern.