Im Gesamtelternbeirat (GEB) der Kindertagesstätten in VS schlägt der Vorstoß des Oberbürgermeisters zur Anhebung der Kita-Gebühren weiterhin hohe Wellen. „Der OB muss begreifen, dass wir Eltern keine Bittsteller, keine Nutznießer, keine Sozialschmarotzer sind. Wir Eltern sorgen für die Zukunft des Landes“, sagte der zweite Vorsitzende des GEB, Michael Osburg, in der jüngsten Sitzung.
Derzeit bezahlt eine Durchschnittsfamilie mit zwei Kindern beispielsweise für die Ganztagsbetreuung in einer städtischen Kita 214 Euro für ein Kind unter drei Jahren, 142 Euro sind es für ein drei- bis sechsjähriges Kind. Dazu kommt das Verpflegungsgeld. Eine Familie mit je einem Kind in den beiden Altersgruppen kommt damit aktuell auf Kitagebühren von gut 500 Euro.

Nachdem Oberbürgermeister Jürgen Roth kurz vor Weihnachten das Vorhaben geäußert hatte, die Kinderbetreuungskosten deutlich erhöhen zu wollen, ist er auf spürbaren Gegenwind aus der Elternschaft gestoßen. Eine Demonstration Mitte Januar führte nicht zu Gesprächen mit den Beteiligten, sondern zu verhärteten Fronten. Da bislang keine konkreten Zahlen zur geplanten Erhöhung genannt worden seien, gehe man im GEB derzeit davon aus, dass diese Intransparenz Teil der Strategie sei, so Osburg.
Dass die Stadt den Ausbau der Kinderbetreuung Jahrzehnte lang vernachlässigt habe, könne nicht auf dem Rücken der Familien ausgetragen werden, so die Meinung des Gremiums. Kerstin Ebner, eine betroffene Mutter aus Villingen, hat den Eindruck, dass auch von vielen Eltern die angebliche Notwendigkeit zur Gebührenerhöhung recht unreflektiert hingenommen werde: „Wir sind aber nicht zuständig für Sanierungen und Lohnkosten in den städtischen Betreuungseinrichtungen.“

GEB-Mitglied Jochen Schwarzwälder gab zu bedenken, dass bei vielen mittelständischen Familien durch gestiegene Lebenshaltungskosten und in VS teils horrende Wohnkosten zwei Gehälter gerade noch zum Leben reichen und schlicht keine Ressourcen mehr vorhanden seien, um solche Gebührenerhöhungen abzufedern. Es sei zu befürchten, dass durch eine weitere Mehrbelastung der Familien an anderen Stellen gespart würde, was sicherlich auch zu Lasten der örtlichen Sport- und Kulturvereine gehen würde.
Über die Reaktionen des OB am Rande der Demonstration im Januar zeigten sich die Beteiligten verärgert. Man habe sich mit seinem Anliegen von Roth nicht wirklich ernst genommen gefühlt. Besonders fassungslos sei man über die Tatsache, dass hier ein Wahlversprechen gebrochen worden sei, denn im Wahlkampf habe Roth in mehreren Interviews geäußert, unter ihm werde es keinen Anstieg der Betreuungskosten geben.
Am 31. März ist eine Podiumsdiskussion zum Thema mit Jürgen Roth in VS-Schwenningen geplant. Noch vor der Veranstaltung wollen die Eltern eine erneute Demonstration in der Villinger Innenstadt organisieren, um auf ihre Argumente aufmerksam zu machen. Außerdem will man demnächst mit den politischen Parteien und den Gemeinderäten ins Gespräch kommen.
Der Beirat
Der Gesamtelternbeirat (GEB) der Kindertagesstätten in Villingen-Schwenningen ist ein Gremium von Elternvertretern aus allen Kitas. Der GEB vertritt Eltern von über 3000 Kindern in mehr als 50 Einrichtungen der Stadt Villingen-Schwenningen. Er hat einen Sitz im Jugendhilfeausschuss und ist hierüber an Entscheidungsprozessen der Stadt beteiligt, die Betreuungseinrichtungen betreffen.Kinder, Punkte und die Job-Rückkehr
- Die Situation: Wer sein Kind derzeit zur Betreuung in einer städtischen Kita in Villingen-Schwenningen anmelden will, muss einen Fragebogen ausfüllen, der erheben soll, wie hoch der Betreuungsbedarf ist. Das gilt für die Betreuung unter drei Jahren generell, für Kinder ab drei, sofern ein Ganztagsplatz gesucht wird. Für die Angaben werden Punkte vergeben, auf deren Grundlage eine Rangliste gebildet werden soll, wer zuerst einen Betreuungsplatz erhält. So ist es in den Vergaberichtlinien für Villingen-Schwenningen festgehalten.
- Die Kritik: An den Gesamtelternbeirat der Kitas (GEB) ist einige Kritik an diesem neu eingeführten Vergabesystem herangetragen worden. Bemängelt werden vor allem die Intransparenz des gesamten Verfahrens und Unklarheiten beim Ausfüllen des Fragebogens, der den Betreuungsbedarf erheben soll. Insbesondere soll Vorrang erhalten, wer nachweislich mehr Stunden arbeiten wird. Bescheinigen soll dies der Arbeitsgeber. Aber: „Ich kann mir doch beim Arbeitgeber nicht eine Stundenzahl bescheinigen lassen, die ich nachher – ausgerechnet aufgrund fehlender Betreuungsmöglichkeit – gar nicht erfüllen kann“, fasst eine Mutter das offensichtliche Dilemma zusammen, in dem sich derzeit viele Familien befinden.
- Frage der Transparenz: Insbesondere sei von vielen Eltern bemängelt worden, dass das Procedere der Vergabe höchst intransparent ist, berichteten die GEB-Vertreter. Diese Transparenz soll nun eingefordert werden, ebenso wie Nachbesserungen auf inhaltlicher Ebene bei der Erhebung des Betreuungsbedarfs.
- Eine andere Flexibilität: GEB-Mitglied Anna-Maria Milia bringt es so auf den Punkt: „Den Betreuungsbedarf rein über die geplanten Arbeitszeiten erheben zu wollen, geht völlig an der Realität vorbei. Die meisten arbeitenden Eltern müssen viel flexibler sein, als der Fragebogen das voraussetzt“, meinte sie bei der Sitzung.