Die Polizei hat in Bosnien Armin C. verhaftet. Er ist in Deutschland seit über zehn Jahren flüchtig und laut Polizeikreisen wegen schweren Vorwürfen wie Menschenhandel und Zwangsprostitution zur Festnahme ausgeschrieben. In Süddeutschland und in Bosnien ist der frühere Sportboxer vor allem unter seinem Spitznamen Boki bekannt. Am Donnerstagabend hieß es aus Bosnien, dass sich die Festgenommenen wieder auf freiem Fuß befinden sollen.
Erschossen wurde am 23. April ein erfolgreicher bosnische Unternehmer. Er betrieb eine Sicherheitsfirma und einer Bäckereikette. Ausländische Medien berichten, der Geschäftsmann sei zuvor bedrängt worden, seine Firmen zu verkaufen. Laut dem Nachrichtenportal nezavisne.co kamen bei dem Schusswechsel außerdem ein Leibwächter des Opfers sowie einer der Angreifer ums Leben. Weitere Täter flüchteten offenbar.
Armin C. stammt aus Prijedor und soll während des Bosnien-Krieges nach Deutschland geflohen sein. Er gilt als Gründer der United Tribuns. Die Rockergruppe wird im bayerischen Verfassungsschutzbericht im Kapitel Organisierte Kriminalität beschrieben.
2011 kam der Geflohene überraschend ausführlich in einer Fernsehsendung zu Wort. Er wies kriminelle Vorhaltungen zurück und bezeichnete die Tribuns als Bruderschaft. Während die Verteidigerin von Armin C. in dem Fernsehbeitrag bemüht war, ihren Mandanten in einem positiven Licht dastehen zu lassen („Er ist zwar Zuhälter, aber keiner, der die Frauen nur verprügelt und ankettet. Sonst würden die Frauen ja nicht so lange zu ihm halten“), schilderten zwei ehemalige Prostituierte ganz anderes. Sie berichten von Demütigung, Gewalt, Ausbeutung und Psychoterror bis hin zur Gehirnwäsche.
Bereits 2009 hatte die süddeutsche Kriminalpolizei die VS-Rotlichtbande gesprengt. Armin C. hatte zusammen mit mehreren Freunden seit 2004 verschiedene Bordelle, darunter das „Laufhaus“ in Villingen und das „La Notte“ in Schwenningen, betrieben. Während einer Razzia im Sommer 2009 einige seiner Geschäftspartner festgenommen und etliche Beweismittel wie Luxusautos, Schmuck und Bargeld sichergestellt wurden, war einer verschwunden: Boki. Zunächst war er abgetaucht. Nach wenigen Jahren präsentierte er sich der Geflohene in sozialen Medien, umgeben von Luxus, schnellen Autos und Frauen.
Die bosnische Ermittlungs- und Schutzbehörde durchsuchte 2014 das Haus von Armin C., berichten bosnische Medien jetzt weiter. Anlass war seinerzeit nach Informationen des SÜDKURIER eine internationale Razzia. Boki soll bei dem Zugriff wieder nicht gefunden worden sein. Unter dem Codewort Ezel waren seinerzeit 900 Polizeibeamte im Gebiet von Bosnien-Herzegowina, Österreich und Deutschland aktiv. Die Gebrüder C. sind auch Eigentümer einer Catering-Einrichtung in Bosnien, wird dort nun weiter berichtet. In dem Betrieb soll die Polizei 2016 auf der Suche nach illegalen Waffen aktiv gewesen sein.
In Deutschland bestätigte das Landeskriminalamt am Donnerstag auf Anfrage des SÜDKURIER die Festnahme. Zu weiteren Fragen wurde an die Staatsanwaltschaft Konstanz verwiesen. Dort sah man sich zunächst außerstande, zu dem Fall konkret Stellung zu beziehen.
Politische Lage
Bosnien-Herzegowina ist seit dem Bürgerkrieg von 1992 bis 1995 in zwei weitgehend autonome Landesteile aufgeteilt – in die von Bosniaken und Kroaten regierte Föderation und in die Serbische Republik, in der der nationalistische Politiker Milorad Dodik das politische Geschehen bestimmt. Kritiker werfen ihm Korruption und Verquickung mit dem organisierten Verbrechen vor.