Noch ist gar nicht klar, wann der Lückenschluss, der Weiterbau der B523 zur Bundesstraße 33, denn kommt. Doch der Straßenneubau am Villinger Wohngebiet Haslach wird heiß diskutiert und die Meinungen über Sinn und Unsinn dieser Maßnahme gehen weit auseinander, wie ein Stimmungsbild bei der SÜDKURIER-Sommerredaktion zeigt. Doch noch weitere Verkehrsthemen beschäftigen die Bürger.
Dietmar Steinkamp: Klares Ja für den Lückenschluss
Er ist zwar schon 89 Jahre alt, aber Ex-Stadtrat Dietmar Steinkamp geht noch immer mit wachem Blick und Verstand durch die Stadt. In seinem Wohngebiet Hammerhalde ärgert er sich manchmal über die vielen Wohnwägen, die besonders in der Urlaubszeit an vielen Stellen am Straßenrand geparkt werden. Und manchmal deutlich länger als die erlaubten zwei Wochen.

Zur aktuell wieder kontrovers diskutierten Nordumfahrung Villingens, dem „Lückenschluss der B 523“, hat Steinkamp ebenfalls eine klare Meinung. „Ich bin dafür“, sagt er. „Was die Anlieger an den drei Hochhäusern im Schwalbenhaag seit Jahrzehnten an Lärmbelastung mitmachen müssen, darüber redet kein Mensch mehr.“ Ebenso die Anwohner am Wieselsberg. „Die sind alle froh, wenn der Schwerlastverkehr weg ist“, betont er.
Eugen Laufer: Kosten werden immer weiter hochgerechnet
Eugen Laufer aus Obereschach prophezeit zum Lückenschluss, dass er gar nicht mehr gebaut werde.
Da werden die Kosten jedes Jahr höher gerechnet und irgendwann werde aus dem gesamten Projekt nichts mehr. Ob es den Weiterbau der B523 überhaupt braucht, sei für ihn eine nach wie vor offene Frage.
Siegfried Held: Mehr Augenmerk auf den Nahverkehr
Siegfried Held findet, dass sehr viel mehr für Fußgänger und die Nutzer des Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) gemacht werden sollte. Sehr am Herzen liegt ihm aber der Öffentliche Nahverkehr, der in Villingen-Schwenningen bis auf die Linie 1 gar kein echter sei.

Zu lange müssten oft auf die Busse gewartet werden, zu umständlich sei die Linienführung. Held nimmt als Beispiel die Fahrt von Tannheim zur früheren Goldenbühlklinik. Hier beklagt er eine große Schleife, da würden Leute „ewig durch die Gegend geschaukelt“.
Er fordert eine effizientere Linienführung, macht dies auch an einem anderen Beispiel – an der Linie 500 nach Furtwangen, „eigentlich ein Segen für Busfahrer“. Wenn die Linie jetzt nur noch auf dem großen Kneippbadparkplatz eine Haltestelle hätte, kämen Villinger viel schneller in den Kurpark.
Reinhard Sauter: Wer kostenlos parken will, muss ewig laufen
Ja, die Straßen könnten ein bisschen besser sein. „Aber da ist die Stadt ja dran“, sagt der Reinhard Sauter. Auch die Fahrradwege könnten ein bisschen besser ausgebaut sein. Was ihn aber richtig ärgert, ist das Thema Parken in der Villinger Innenstadt.
„Hier muss man schon sehr weit weg parken, wenn man nichts zahlen will“, sagt der Weilersbacher. Selbst Arbeitsamt könne man nun nicht mehr Parken. Das sei in anderen Städten besser – beispielsweise in Rottweil. „Gerade wenn man hier zum Arzt muss, hat man schnell einen Strafzettel.“
Warum man nicht all die Jahrzehnte das Alte-Tonhallen-Gelände genutzt hat? Einen Vorschlag, den er der Stadt durchaus unterbreitet habe. Die Antwort: Das ginge nicht. „Klar, die wollten das Gelände entwickeln.“ Aber schließlich habe das ja mehrere Jahrzehnte gedauert – seiner Meinung nach genug Zeit, um die innenstadtnahe Fläche so lange zum Parken zu nutzen.
Stefan Kowalski: Ihn ärgern die Parkgebühren am Klinikum
„Was mich wirklich stört, sind die Parkgebühren am Klinikum“, sagt Stefan Kowalski. Erst vor Kurzem habe er dort parken müssen und für vier Stunden sieben Euro bezahlt. „Wer ins Klinikum geht, der macht das ja meist nicht freiwillig“, sagt der Brigachtaler.
Um so unverständlich ist für ihn, dass dann auch noch die Parkgebühren so hoch sind. Alternative gebe es im Zentralbereich zwischen Schwenningen und Villingen ja nicht – am Feldrand zu parken sei schließlich noch teurer. „Am Klinikum Parkgebühren zu verlangen ist so ähnlich, wie wenn man am Friedhof jetzt auch noch etwas bezahlen müsste.“
Michel Martinz: Fußgänger-Ampel am Romäusring ist viel zu kurz grün
Zehn bis zwölf Sekunden. Michel Martinz hat extra gestoppt, wie lange Fußgänger Zeit haben, am Romäusring die Straße zu überqueren, bevor die Ampel wieder auf rot springt. „Das ist viel zu kurz.“ Mütter mit Kindern und Senioren mit Rollatoren hätten kaum eine Chance, die Straße innerhalb der Grün-Phase zu überqueren.
„Das sollte man dringend ändern“, sagt der Villinger. Die Ampel sei zwar jetzt öfter grün für die Fußgänger, dafür sei die Zeit zu kurz. „Lieber etwas länger warten, aber dafür kommt man dann sicher über die Straße.“
Henriette Henke: Nein zur B523, ja zu Bus und Rad
Henriette Henke hat einen Flyer von 1986 dabei. Schon damals kämpfte sie gegen den Bau der B523. „Vor 35 Jahren wurde damals ein Verkehrskollaps angekündigt. Ich kann den heute allerdings nicht sehen“, sagt die Villingerin, die im Haslach wohnt.
Auch wenn sie zwischen Villingen und Schwenningen auf der Nordumfahrung unterwegs ist, könne sie keinen Verkehrskollaps entdecken. Man könne nicht von einem Stau sprechen, wenn zehn Autos vor Kreisverkehr stehen oder an man an der Ampel einmal eine Phase warten müsse.
„Es wird immer argumentiert, dass die B523 für die Industrie im Schwarzwald nötig sei“, sagt Henke. Doch was bringe eine Zeitersparnis von vier bis sechs Minuten, wenn die Lastwagen davor schon über einen Bundesstraße fahren, auf der sie durch Ortschaften mit Tempo 50 oder Tempo-70-Bereiche müsse.
Sei es das wert, so viel Landschaft zu zerstören? Ein Naherholungsgebiet? In Anbetracht des Klimawandels? Ihre Antwort lautet klar: nein. Anstatt dessen solle man den Individualverkehr reduzieren und den Busverkehr ausbauen und mehr Radwege bauen.
Thomas Schumacher: Die B523 ist viel zu teuer und nicht mehr zeitgemäß
Auch Thomas Schumacher hat eine klare Meinung zur B523: „Am Ende wird die Straße wahrscheinlich 100 Millionen kosten“, sagt der Vertreter der Bürgerinitiative, die gegen den Bau der B523 kämpft.
Das Geld solle in die Schulen investiert werden. „Zu meiner Zeit als Lehrer war die digitale Ausstattung durchaus sehr ausbaufähig.“ Bis 2018 hat Schumacher an der Karl-Brachert-Realschule unterrichtet. „Wann immer es ging, bin ich mit dem Fahrrad zur Arbeit gefahren“, erklärt er. Seit 1983 habe er das so gehandhabt. Bewusst habe sich die Familie für nur ein Auto entschieden.
„Der Verkehr hat doch nachgelassen“, sagt Schumacher. Durch Homeoffice, durch umdenken ... Jetzt müsse man sich erst recht die Frage stellen, ob der Bau der B523 nicht nur viel zu teuer, sondern auch noch zeitgemäß sei.
Clemens Müller: Intelligente Umleitungen sollten Stau vermeiden
Die B523 wird kommen – so oder so. Dessen ist sich Clemens Müller sicher. „Unsere Straßen verstopfen doch sowieso schon“, sagt der Villinger. Ihm geht es um Straßensanierung. Nicht um die Tatsache, dass sie saniert werden. „Das ist super, dass das gemacht wird.“
Aber die daraus resultierenden Umleitungen könnte besser gesteuert werden. „Es gibt Staus ohne Ende.“ Sein Beispiel: die Sanierung der Saarlandstraße. Der Verkehr wird durch die Südstadt geführt und über die Bleichstraße zurück auf die Bertholdstraße. Dort stehen die Autos erst einmal an der Ampel – obwohl ja eigentlich kaum Verkehr von links kommt.
„Warum kann man die Ampel nicht einfach abschalten?“, fragt sich Müller. Es gebe ja schließlich auch Verkehrsregeln, die dann gelten und so könne Stau vermieden werden.