Der Biber ist europaweit streng geschützt. Als begnadeter Damm- und Burgenbaumeister schafft er sich seinen Lebensraum, wo er sich am wohlsten fühlt, zum Schwimmen und Tauchen sowie zum Gräben ziehen. Wichtig dabei ist, dass er weiche Hölzer als Baumaterial und Nahrung in Ufernähe vorfindet. Das alles hat er wohl in Rietheim gefunden.
Was er dabei auf den landwirtschaftlichen Flächen anrichtet, das bereitet dem Rietheimer Ortsvorsteher ernsthafte Sorgen. „Den Bibern gefällt es bei uns mittlerweile so gut, dass sich mittlerweile fünf Biberfamilien rings um Rietheim angesiedelt haben“, so Bucher, der die Anzahl der Tiere auf 15 Stück schätzt.
Landwirte verlieren Flächen
Beim Rundgang in die Biberreviere ist wasserdichtes Schuhwerk vonnöten, denn die Wiesen in Ufernähe sind mit Wasser durchtränkt. „Durch die Biber verlieren wir zwei Hektar je Biberfamilie unserer schon knappen landwirtschaftlichen Flächen“, sagt Bucher. Innerhalb von einem bis eineinhalb Kilometern Bachlauf sei so eine Biberfamilie aktiv.

Deutlich sieht man die Auswirkungen im Bereich der Birkenwiese nahe der Sportanlagen. Ein normalerweise kleines Bächlein entlang des Sport- und Tennisplatzes hat die Biberfamilie zu einem tiefen Gewässer umgestaltet. „Wenn ein Ball über die Seitenlinie des Fußballplatzes in den Bach fällt, könnte ein Kind beim Versuch, den Ball zu holen, den Hang hinunter ins Wasser zu fallen“, befürchtet der Ortsvorsteher.

Außerdem haben die Biber sich eine stattliche Wohnburg gebaut. Weit in die Fläche hinein ist alles feucht und nass. Umgehungsgerinne, die angelegt wurden, sollen verhindern, dass sich das Wasser noch weiter aufstaut. „Alle zwei Tage sind die städtischen Mitarbeiter damit beschäftigt, die Rinne wieder sauber zu halten“, so Bucher.
Ein Bad wäre gefährlich
Steigt der Bachpegel weiter, ist auch der untere Tennisplatz gefährdet. Hundehaltern rät Bucher, die Hunde dort nicht baden zu lassen, sie hätten gegen den Biber keine Chance.

Läuft man in den Waldweg zwischen Tennisanlage und Sportplatz hinein, sieht man noch Spuren, die der Biber dort hinterlassen hat. Junge Bäume wurden mit Metallgeflecht geschützt, damit der Biber diese nicht fällt.
„Hier ist es zurzeit ruhig, aber das könnte sich bald wieder ändern“, befürchtet Bucher. Die Jungtiere, zirka drei pro Familie, seien jetzt so groß, dass sie den Bau verlassen würden. „Die Tiere suchen dann ihr eigenes Revier“, sagt Bucher.

Ähnlich sieht es im Rietheimer Wald aus. Dort hat sich der Biber zwar weiter in den Wald verzogen, aber auf der angrenzen landwirtschaftliche genutzten Fläche hat sich ein großer See gebildet.

In den „Oberen Wiesen“ zwischen Rietheim und Villingen Süd zeugen tiefe Gräben, die in Richtung Fischweiher führen, davon, dass auch hier der Biber wohnt. An tiefen Spuren von Traktoren erkennt man, dass die Wiesen nass und sumpfig sind. Kommt man näher an den Weiher heran, ist auch schon die Biberburg zu sehen.

Für den Ortsvorsteher, der in keiner Weise gegen den Biber ist, wäre ein Kompromiss zwischen verbesserter Nutzung der landwirtschaftlichen Flächen und dem Tierschutz wünschenswert. „Wenn die Population sich so vermehrt, bereitet mir das Sorgen“, sagt Bucher.
Biber sind im Ort durchaus willkommen
Es sei ja nicht so, dass man den Biber nicht haben möchte. „1995 haben wir unter der Mitwirkung des Ortschaftsrates und des Naturschutzes bei der naturnahen Umgestaltung des Wolfbaches und des Holenbaches mit einer Biberinsel neue Lebensräume für die Nager geschaffen“. Auf zwei Kilometer sei der Bachverlauf renaturiert worden. Im Moment ist die Insel unbewohnt, Biberburgen zeugen davon, dass hier einst Biber aktiv waren.

Was sagt die Expertin dazu?
Bettina Sättele ist Biberexpertin und hat ein Fachbüro für Biberfragen und Auenschutz in Ühlingen-Birkendorf im Landkreis Waldshut. Sie kennt die Region von vielen Begehungen und Vor-Ort-Terminen. Grundsätzlich sagt sie, dass Schätzungen extrem schwierig seien. „Eine Familie kann bis zu zwei Kilometern auseinander leben.“ Für die Nahrungsaufnahme legen die Tiere weite Wege zurück.

Das Gebiet um Rietheim sei eher klein, nicht sehr großflächig, da sei es wichtig, ein Konzept für die Fläche zu haben. „Ganz wichtige Fragen sind einfach: Was darf ich machen und wo muss ich eingreifen“, meint die Biberexpertin. Sie ist der festen Überzeugung, dass Mensch, Tier und eben auch Landwirtschaft nebeneinander existieren können. Optimal sei es natürlich, präventiv zu handeln. Das ginge, indem man gezielt Flächen für den Biber entwickelt, damit er quasi andere Flächen in Ruhe lässt.
Es sei natürlich ärgerlich, wenn jetzt schon Schäden entstanden sind, aber noch sei es nicht zu spät. Man müsse sich voll auf das Gebiet einlassen und kreativ sein, so die Biberexpertin. Eine Entnahme von Bibern hält Sättele jedenfalls für „keine gute und nachhaltige Idee“.