Der Biber ist europaweit streng geschützt. Als begnadeter Damm- und Burgenbaumeister schafft er sich seinen Lebensraum, wo er sich am wohlsten fühlt, zum Schwimmen und Tauchen sowie zum Gräben ziehen. Wichtig dabei ist, dass er weiche Hölzer als Baumaterial und Nahrung in Ufernähe vorfindet. Das alles hat er wohl in Rietheim gefunden.

Was er dabei auf den landwirtschaftlichen Flächen anrichtet, das bereitet dem Rietheimer Ortsvorsteher ernsthafte Sorgen. „Den Bibern gefällt es bei uns mittlerweile so gut, dass sich mittlerweile fünf Biberfamilien rings um Rietheim angesiedelt haben“, so Bucher, der die Anzahl der Tiere auf 15 Stück schätzt.

Landwirte verlieren Flächen

Beim Rundgang in die Biberreviere ist wasserdichtes Schuhwerk vonnöten, denn die Wiesen in Ufernähe sind mit Wasser durchtränkt. „Durch die Biber verlieren wir zwei Hektar je Biberfamilie unserer schon knappen landwirtschaftlichen Flächen“, sagt Bucher. Innerhalb von einem bis eineinhalb Kilometern Bachlauf sei so eine Biberfamilie aktiv.

Der See, verursacht durch den Biber, macht die landwirtschaftliche Nutzung der Wiese in Rietheim unmöglich.
Der See, verursacht durch den Biber, macht die landwirtschaftliche Nutzung der Wiese in Rietheim unmöglich. | Bild: Roland Dürrhammer

Deutlich sieht man die Auswirkungen im Bereich der Birkenwiese nahe der Sportanlagen. Ein normalerweise kleines Bächlein entlang des Sport- und Tennisplatzes hat die Biberfamilie zu einem tiefen Gewässer umgestaltet. „Wenn ein Ball über die Seitenlinie des Fußballplatzes in den Bach fällt, könnte ein Kind beim Versuch, den Ball zu holen, den Hang hinunter ins Wasser zu fallen“, befürchtet der Ortsvorsteher.

Der Biber hat aus einem Bächlein einen tiefen Bach gemacht. Gefährlich ist das vor allem für Kinder, die versuchen Bälle zu bergen, die ...
Der Biber hat aus einem Bächlein einen tiefen Bach gemacht. Gefährlich ist das vor allem für Kinder, die versuchen Bälle zu bergen, die vom Fußballplatz des SV Rietheim ins Wasser gefallen sind. | Bild: Roland Dürrhammer

Außerdem haben die Biber sich eine stattliche Wohnburg gebaut. Weit in die Fläche hinein ist alles feucht und nass. Umgehungsgerinne, die angelegt wurden, sollen verhindern, dass sich das Wasser noch weiter aufstaut. „Alle zwei Tage sind die städtischen Mitarbeiter damit beschäftigt, die Rinne wieder sauber zu halten“, so Bucher.

Ein Bad wäre gefährlich

Steigt der Bachpegel weiter, ist auch der untere Tennisplatz gefährdet. Hundehaltern rät Bucher, die Hunde dort nicht baden zu lassen, sie hätten gegen den Biber keine Chance.

Noch besteht keine Gefahr für den Tennisplatz in Rietheim. Umgehungsgerinne sorgen dafür, dass der vom Biber angestaute Bach nicht ...
Noch besteht keine Gefahr für den Tennisplatz in Rietheim. Umgehungsgerinne sorgen dafür, dass der vom Biber angestaute Bach nicht weiter steigt. | Bild: Roland Dürrhammer

Läuft man in den Waldweg zwischen Tennisanlage und Sportplatz hinein, sieht man noch Spuren, die der Biber dort hinterlassen hat. Junge Bäume wurden mit Metallgeflecht geschützt, damit der Biber diese nicht fällt.

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„Hier ist es zurzeit ruhig, aber das könnte sich bald wieder ändern“, befürchtet Bucher. Die Jungtiere, zirka drei pro Familie, seien jetzt so groß, dass sie den Bau verlassen würden. „Die Tiere suchen dann ihr eigenes Revier“, sagt Bucher.

Hier im Gebiet bei der Hardwiese könnte der Biber in Rietheim wieder aktiv werden. Die Jungtiere verlassen den Bau und suchen sich neue ...
Hier im Gebiet bei der Hardwiese könnte der Biber in Rietheim wieder aktiv werden. Die Jungtiere verlassen den Bau und suchen sich neue Reviere. | Bild: Roland Dürrhammer

Ähnlich sieht es im Rietheimer Wald aus. Dort hat sich der Biber zwar weiter in den Wald verzogen, aber auf der angrenzen landwirtschaftliche genutzten Fläche hat sich ein großer See gebildet.

Ortsvorsteher Bernd Bucher zeigt auf die Hardwiese in Rietheim. Auf dem gelben Bereich der landwirtschaftlich genutzten Fläche hatte ...
Ortsvorsteher Bernd Bucher zeigt auf die Hardwiese in Rietheim. Auf dem gelben Bereich der landwirtschaftlich genutzten Fläche hatte sich wegen den Aktivitäten des Bibers ein See gebildet. | Bild: Roland Dürrhammer

In den „Oberen Wiesen“ zwischen Rietheim und Villingen Süd zeugen tiefe Gräben, die in Richtung Fischweiher führen, davon, dass auch hier der Biber wohnt. An tiefen Spuren von Traktoren erkennt man, dass die Wiesen nass und sumpfig sind. Kommt man näher an den Weiher heran, ist auch schon die Biberburg zu sehen.

Ihre Burgen zeugen davon: Auf der Biberinsel in Rietheim waren die Nager aktiv.
Ihre Burgen zeugen davon: Auf der Biberinsel in Rietheim waren die Nager aktiv. | Bild: Roland Dürrhammer

Für den Ortsvorsteher, der in keiner Weise gegen den Biber ist, wäre ein Kompromiss zwischen verbesserter Nutzung der landwirtschaftlichen Flächen und dem Tierschutz wünschenswert. „Wenn die Population sich so vermehrt, bereitet mir das Sorgen“, sagt Bucher.

Biber sind im Ort durchaus willkommen

Es sei ja nicht so, dass man den Biber nicht haben möchte. „1995 haben wir unter der Mitwirkung des Ortschaftsrates und des Naturschutzes bei der naturnahen Umgestaltung des Wolfbaches und des Holenbaches mit einer Biberinsel neue Lebensräume für die Nager geschaffen“. Auf zwei Kilometer sei der Bachverlauf renaturiert worden. Im Moment ist die Insel unbewohnt, Biberburgen zeugen davon, dass hier einst Biber aktiv waren.

Eine Biberinsel in Rietheim bietet Lebensräume für die Nagetiere auf rund zwei Kilometern Länge. Zurzeit befindet sich keine ...
Eine Biberinsel in Rietheim bietet Lebensräume für die Nagetiere auf rund zwei Kilometern Länge. Zurzeit befindet sich keine Biberfamilie auf der Insel. | Bild: Roland Dürrhammer

Was sagt die Expertin dazu?

Bettina Sättele ist Biberexpertin und hat ein Fachbüro für Biberfragen und Auenschutz in Ühlingen-Birkendorf im Landkreis Waldshut. Sie kennt die Region von vielen Begehungen und Vor-Ort-Terminen. Grundsätzlich sagt sie, dass Schätzungen extrem schwierig seien. „Eine Familie kann bis zu zwei Kilometern auseinander leben.“ Für die Nahrungsaufnahme legen die Tiere weite Wege zurück.

Bettina Sättele war 25 Jahre im Bibermanagement des Regierungsbezirks tätig und hat sich in dieser Zeit viel Wissen über Biber ...
Bettina Sättele war 25 Jahre im Bibermanagement des Regierungsbezirks tätig und hat sich in dieser Zeit viel Wissen über Biber angeeignet und Erfahrungen gesammelt. Jetzt hat sie ein Fachbüro für Biberfragen. | Bild: Ursula Ortlieb

Das Gebiet um Rietheim sei eher klein, nicht sehr großflächig, da sei es wichtig, ein Konzept für die Fläche zu haben. „Ganz wichtige Fragen sind einfach: Was darf ich machen und wo muss ich eingreifen“, meint die Biberexpertin. Sie ist der festen Überzeugung, dass Mensch, Tier und eben auch Landwirtschaft nebeneinander existieren können. Optimal sei es natürlich, präventiv zu handeln. Das ginge, indem man gezielt Flächen für den Biber entwickelt, damit er quasi andere Flächen in Ruhe lässt.

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Es sei natürlich ärgerlich, wenn jetzt schon Schäden entstanden sind, aber noch sei es nicht zu spät. Man müsse sich voll auf das Gebiet einlassen und kreativ sein, so die Biberexpertin. Eine Entnahme von Bibern hält Sättele jedenfalls für „keine gute und nachhaltige Idee“.