Das Solar- und Wasserstoffprojekt bei Villingen, Rietheim und Marbach stößt auch bei Gemeinderäten auf Widerspruch. Am Dienstag signalisierte Dietmar Wildi (CDU) deutlich Bedenken. Schlussendlich kam alles ganz anders.
Dietmar Wildi zeigte sich vor dem Technischen Ausschuss überrascht, wie groß die Stadt das Vorhaben nun zunächst plant. „Das ist von drei auf 38 Hektar aufgebläht“, so Wildi wörtlich. Die CDU stimme „so nicht zu“ und wolle „das Vorhaben auf die Obere Wiesen und damit auf das alte Deponiegelände begrenzen“.
„Solardächer reichen nicht mehr“
Ulrike Salat (Grüne) zeigte sich ebenfalls irritiert über die Ausdehnung „auf Flächen, von denen bislang nicht die Rede gewesen“ sei. Trotzdem, so sagte sie unmissverständlich, wollten die Grünen zustimmen. „Wir müssen auch freie Flächen belegen, nur Solardächer reichen nicht. Den Wasserstoff verlangt unsere Industrie.“
Eine Sprecherin des Stadtbauamts versuchte zu beschwichtigen. Man wolle „einfach das Go haben, dass eine solche Anlage an dieser Stelle denkbar ist“. Auch Bürgermeister Detlev Bührer hatte zuvor mehrfach zu beruhigen versucht. „Erst mit der Offenlage“, also wenn Betroffene zum durchgeplanten Vorhaben förmlich ihre Bedenken äußern können, „werden Fakten geschaffen.“
Die Kollektoren des Solarparks sollen mit Gestellen auf eine Höhe von vier Metern gebracht und fast senkrecht aufgestellt werden. Um Eigenbeschattung der Kollektorenflächen zu vermeiden, sind größere Abstände erforderlich. Laut Bührer wäre es möglich, vor Ort Wärme zu erzeugen und in eine vorhandene Gasleitung einzuspeisen.
„Muss das Ding so groß sein?“
SPD-Rat Bernd Lohmiller sagte, der gemeinsame Antrag sei in einer Zeit entstanden, als nur über Strom nachgedacht wurde. Dass nun Wasserstoff-Produktion hinzukam, „zeigt, dass wir zukunftsfähig sind“. Er wollte wissen, „ob das Ding so groß sein“ müsse. Die AfD signalisierte Zustimmung, wenn das Projekt die Landwirte nicht stört. Ein Sprecher ging davon aus, dass unter den Kollektoren weiter Anbau möglich sei. „Ich bin ja ein Laie auf dem Gebiet“, meinte AfD-Repräsentant Olaf Barth.
Andreas Flöß (Freie Wähler) hält Solar- und Wasserstoffpark für ein gutes Projekt, unter anderem, weil Strom für die Kläranlage erzeugt werden könne. Zur Wasserstoff-Erzeugung forderte er Details ein, er erwartet, dass nach einer qualifizierten Aufklärung das Vorhaben „dann nicht mehr so dramatisch wirkt“.
„Den Fehler haben wir beim Solarvorhaben in Pfaffenweiler gemacht. Das passiert uns nicht wieder.“Andreas Flöß, Freie Wähler
Flöß war es, der die Ortschaftsratbeschlüsse von Marbach und Rietheim vom Vorabend deutlich vorstellte. Solar sei in Ordnung, Bedenken konzentrierten sich auf die Flächenausdehnung und das Wasserstoff-Projekt. Dem Beschluss könnten die Freien Wähler wie vorgelegt nicht zustimmen sagte er mit dem Verweis „auf die Vehemenz des Vorhabens“. Den Ortschaftsrat überstimmen wollten die Freien Wähler auch nicht: „Den Fehler haben wir beim Solarvorhaben in Pfaffenweiler gemacht. Das passiert uns nicht wieder.“
„Das ist kein Feigenblatt“
OB Jürgen Roth stellte sich in der Sitzung markant hinter den Antrag. „Wir wollen doch in regenerative Energien investieren – ohne eine Feigenblattdiskussion. Das hier ist kein Feigenblatt.“ Roth weiter mit angespannter Stimme: Man dürfe nicht im Mikrokosmos VS denken. Vorteil des Projekts sei, die Stadt könne als Betreiber auftreten, „nicht irgendein Investor“.
Die Anlage für die Wasserstofferzeugung „braucht so richtig Power“, deshalb, so Roth, die Größe des Vorhabens. Auch der OB schwächte wie Bührer die Dimension des Suchgebiets ab. „Ich will diese Chance wahrnehmen. Er gilt, nun groß zu denken und das verkraften wir. Das ist eine Chance.“
Dietmar Wildi intervenierte zu den Ausführungen. Er wolle wissen, wie viel Solarfläche letztlich übrig bliebe. Er erinnerte zudem Ulrike Salat daran, dass es bislang Geist aller Besprechungen sei, mit Solaranlagen „nicht in die Fläche zu gehen“. Er warb dafür, so vorzugehen, wie die Ortschaftsräte es wünschten. Wildi gabelte eine Bemerkung von Detlev Bührer auf, wonach ein Beschluss für den Suchlauf unschädlich sei. Er störte sich daran, dass das Liegenschaftsamt bereits beauftragt ist, Grunderwerbsgespräche zu führen. Und er bat darum, vor allem das Wasserstoff-Werk technisch den Räten vorzustellen.
„Die Landwirte haben Angst“
Diana Kern-Epple (CDU) sagte, alle Ortschaftsräte stünden dem Projekt grundsätzlich positiv gegenüber. Die Marbacher Ortsvorsteherin führte aus, sie fühle sich durch die Aussagen von OB Jürgen Roth „nunmehr abgeholt“. Sie verwies auf die fünf Vollerwerbslandwirte aus Rietheim, die Ängste hätten.
Als Ortsvorsteherin habe sie manche Frage in der Sitzung der Ortschaften am Vorabend nicht beantworten können. Deshalb der Wunsch aus den Ortschaften nach Trennung der Vorhaben in Solar- und Wasserstoffproduktion. Im Ausschuss sagte sie, sie habe „nun keinen Schmerz mehr, diesem Plan insgesamt zuzustimmen“.
Edgar Schurr warb dafür, mit diesem Projekt vorwärtszukommen. Der Sozialdemokrat lobte explizit den christdemokratischen OB für dessen Haltung. Aus dem Projekt werde „ein Schuh draus, wenn wir den Wasserstoff in Form von Wärme den Bürgern zugutekommen lassen können“. Die Stadt solle das Projekt jetzt auf den Weg bringen. Er lobte die Ortsvorsteher, die ihre „Bedenken relativiert haben“. Auch Elif Cangür für die Grünen lobte das Vorhaben.
Gläschigs konkrete Frage bleibt unbeantwortet
Dirk Gläschig von den Freien Wählern wollte vom OB wissen, wie viele Kilowattstunden die Ablage produziere. „Da muss es doch eine Idee geben.“ OB Roth wich dem aus und sagte, das Projekt müsse noch entwickelt werden. Zu prüfen sei auch die Frage, „ob da auch eine Tankstelle angesiedelt“ werde.
Diana Kern-Epple fügte an, die Frage der Größe der Wasserstoffanlage habe die Bedenken in den Ortschaften hervorgerufen. Sie warb dafür, „noch einmal in den Ortschaften zu reden“. Rietheims Ortsvorsteher Bucher (Freie Wähler) meldete sich zum Schluss der Debatte. Er sagte, die Ausdehnung des Geländes bereite Sorgen. Mit den Oberen Wiesen könne man leben. Es seien sowohl Vogelschutzgebiete „ganz massiv“ und landwirtschaftliche Flächen betroffen. Auch die Landschaft allgemein sei berührt.
Eine Neinstimme bei der Abstimmung
In der Abstimmung gab es dann alles andere als den zunächst angekündigten Widersprach. Das Ergebnis: In einem zweigeteilten Votum gab es 14 JaStimmen und eine Enthaltung sowie 13 Ja- und eine Nein-Stimme und eine Enthaltung. Damit kann die Stadt das Projekt konkret planen.