Kaum ein Thema wurde in der vergangenen Woche so heiß diskutiert wie die neuen Elektroroller, die nun in Villingen-Schwenningen ausgeliehen werden können. „Ich warte, bis der erste in der Brigach liegt“, wurde gespottet. Andere äußerten ihre Sorge vor brenzlichen Situationen in Fußgängerzonen. Der Straßenzustand und das Kopfsteinpflaster wurden ebenfalls diskutiert.

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Unter dem Strich war die Stimmung eher skeptisch und eine geplante SÜDKURIER-Testfahrt endete noch vor dem Start. Jetzt liegen erste messbare Anhaltspunkte vor, die einen Hinweis geben, wie das Angebot tatsächlich in der Bevölkerung ankommt.

Erste Zahlen

Der Mobilitätsmanager der Stadt Ansgar Kundinger teilt auf SÜDKURIER-Nachfrage mit, dass die Roller in den ersten sieben Tagen für 600 Fahrten ausgeliehen wurden. Dabei wurden unter dem Strich 2000 Kilometer zurückgelegt. Das sind heruntergerechnet 20 Kilometer pro Roller, oder 3,34 Kilometer pro Fahrt und Ausleihe.

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„Ein guter Wert“, so Kundinger. Das würde auch der Anbieter Zeus so einschätzen, ergänzt er. Verlässlichere und ausführlichere Zahlen erwartet Kundinger in einem Monat. Dann sollen auch Werte wie die Anzahl der Kunden, Einmal- und Dauernutzer unter die Lupe genommen werden. Als Grund für das gute Ergebnis sieht er das gute Wetter und dass eine breite Öffentlichkeit über Medien und sozialen Netzwerke vom Start des Rollerverleihs erfahren habe.

„Vielleicht hat so ein Angebot hier gefehlt“, wagt Kundinger eine vorsichtige Einschätzung der Zahlen. Allerdings könnten auch viele neugierige Rollerpiloten die Zahlen nach oben getrieben haben. Das würden jedoch erst die kommenden Tage und Wochen zeigen.

Bild 1: Diese Daten überraschen: So intensiv werden die neuen Zeus-Elektroroller in VS tatsächlich genutzt
Bild: Fröhlich, Jens

Die häufigsten Rückmeldungen

Neben ersten Nutzungszahlen wurden der Verwaltung auch die häufigsten Fragen und Probleme seitens der Rollernutzer zurückgespiegelt. „In insgesamt zehn Fällen haben sich Kunden mit Fragen rund um die Kreditkarten-Bezahlung an Zeus gewandt“, verrät Kundinger. Dazu zählen auch Anfragen bezüglich anderer Bezahlmöglichkeiten, wie zum Beispiel Paypal. „Das Unternehmen arbeitet daher auch daran, bald weitere Zahlungsmöglichkeiten anzubieten.“

Acht Anfragen hatten zum Thema, den Buchungsvorgang sowie eine detaillierte Anleitung zum Bedienen der Roller. „Hierzu gibt es auch ein Youtube-Erklärvideo“, so Kundinger. Dieses ist unter diesem Link abrufbar.

Sechs Mitteilungen, die beim Zeus-Kundenservice eingingen, bezogen sich auf falsch abgestellter Scooter. Einer wurde vor einem Supermarkt abgestellt, einer in einem VS-Parkhaus. „Wir haben da nachgebessert und das Parkhaus in der App als Parkverbotszone deklariert.“ In einem Fall wurde ein auf einer Wiese liegender Roller gemeldet. „Diesen hat der Anrufer aber gleich selbst aufgestellt und ordentlich am Straßenrand geparkt“, so Kundinger. Beschädigungen an Rollern seinen bislang keine bekannt.

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Wie die Stadt von Nutzungsdaten profitiert

Im Rahmen eines Kooperationsvertrages mit Zeus hat die Verwaltung vereinbart, dass sie Zugriff auf die Nutzungsdaten bekommt. „Wir wollen erfahren, wo Roller ausgeliehen werden und wo sie abgestellt werden, wie weit gefahren wird und wie viele Menschen die Roller ausleihen“, erklärt der Mobilitätsmanager. Langfristig könne man so Hotspots in der Stadt erkennen, die Kundinger auch Mobilitätsstationen nennt. In solchen Bereichen mit einem hohen Bedarf sei es dann möglich, zusätzliche Mobilitätsangebote zu schaffen. Das könnten laut Kundinger weitere Roller, Carsharing oder E-Bike-Leihräder sein.

Außerdem sei es möglich an den Hotspots Mobilitätsbeziehungen herzustellen und zu verbessern, was bedeutet, dass Menschen, die an diesem Punkt ankommen, schnell und einfach auf andere Fortbewegungsmittel wechseln können. Schon jetzt sei erkennbar, dass Roller vor allem für kurze Strecken genutzt werden. „Für die letzte Meile also“, so Kundinger. Alle Schritte seien Teil des übergeordneten Mobilitätskonzeptes der Stadt. Am Ende könnte eine enge Verzahnung von allen Verkehrsmitteln wie Bus, Bahn sowie allen Leih- und Sharing-Angeboten stehen.

Hannes Schwidarek nutzt die neuen E-Roller gerne. Hier startet er bei der Bickenstraße seine nächste Tour.
Hannes Schwidarek nutzt die neuen E-Roller gerne. Hier startet er bei der Bickenstraße seine nächste Tour. | Bild: Hahne, Jochen

Angebot entwickelt sich

Zum Start wurden mehrere Roller in der Villinger Fußgängerzone zur Ausleihe bereitgestellt. Dort ist das Fahren mit den E-Mobilen allerdings gar nicht erlaubt. „Auch da haben wir reagiert und die Roller umgestellt“, blickt Kundinger auf die Startwoche zurück. Anders als Fahrräder, die in Villingen-Schwenningen in der Fußgängerzone geduldet werden, dürfen die Roller derzeit dort noch nicht unterwegs sein.

Verwirrende Fahrregeln

Ob und wer hier fahren darf, signalisiert ein Schild am Beginn der Zonen, das ein Fahrrad zeigt mit dem Wort „frei“ darunter. „Diese Schilder für Fahrräder gibt es hier schon länger“, erklärt Kundinger. Für Roller wäre ein weiteres analoges Schild nötig, welches einen Elektroroller mit dem Wort „frei“ darunter zeigt. Es gibt auch kombinierte Schilder für Roller und Fahrräder. „Wir werden über eine mögliche Freigabe für Roller in Fußgängerzonen noch beraten. Bislang gab es jedenfalls keine negativen Erfahrungen.“

Bild 3: Diese Daten überraschen: So intensiv werden die neuen Zeus-Elektroroller in VS tatsächlich genutzt
Bild: Fröhlich, Jens

Eine Besonderheit gibt es noch im Bereich von Einbahnstraßen. Befindet sich dort unter dem Verkehrszeichen „Einfahrt verboten“ das Zusatzzeichen „Radfahrer frei“, dann darf der Radverkehr die Einbahnstraße entgegen der vorgeschrieben Fahrtrichtung befahren. „Das gilt dann auch für die Roller, anders als bei der Fußgängerzone“, erklärt Kundinger.

Erlaubte und verbotene Abstellzonen

„Wir haben nun auch das Geschäftsgebiet erweitert. Jetzt sind auch die Ortschaften in den zulässigen Abstellbereich aufgenommen worden“, teilt Kundinger mit. Fast das gesamte Stadtgebiet sei nun abgedeckt, ohne die Waldflächen versteht sich. In der Handy-App sind die erlaubten Abstellzonen mit einem schwarzer Rahmen gekennzeichnet. Verbotene Bereiche sind rot eingefärbt, wie zum Beispiel Grünflächen, Parks, Flüsse und Parkhäuser.

Blickt Kundinger in die Zukunft, kann er sich auch Kooperationen von Unternehmen und Verwaltungen mit E-Roller-Verleihern wie Zeus vorstellen, oder einheitliche Tickets und Guthabenkarten, die für alle Mobilitätsangebote gelten. Das würde die Mobilität günstiger und einfacher machen.

Bild 4: Diese Daten überraschen: So intensiv werden die neuen Zeus-Elektroroller in VS tatsächlich genutzt
Bild: Fröhlich, Jens