Großer Schreck am Dienstagmorgen: Es brennt in der Mädchentoilette an der Villinger Bertholdschule. Schwarzer Qualm zieht durch die Lüftungsanlage nach außen. Alarm schlägt jedoch nicht die Brandmeldeanlage – die gibt es nämlich nicht – sondern die Klasse 8a, vor deren Fenster der Rauch nach oben zieht.

Kriminalpolizei ermittelt

„Als wir in die Toilette kamen, loderten schon große Flammen“, schildert Schülli. Das Papier hatte zu diesem Zeitpunkt schon den darunter stehenden Papiermülleimer in Brand gesetzt. Nach aktuellem Kenntnisstand sei in der Toilette gezündelt worden und das Feuer schwelte wohl schon eine Weile. Die Kriminalpolizei hat Ermittlungen aufgenommen. Eine brandgefährliche Situation – im wahrsten Sinne des Wortes: Denn im ganzen Gebäude fehlen nicht nur Rauchmelder, sondern auch die Lautsprecheranlage ist seit Längerem defekt.

Alarmierung zu Fuß

Während Stefan Schülli von einem Klassenzimmer zum nächsten rennt, um Schüler und Kollegen zu warnen, greift sich David Faller, Klassenlehrer der 8a, beherzt den brennenden Mülleimer, packt ihn auf einen Stuhl und schleppt beides nach draußen. Alle Schüler müssen das Gebäude verlassen. Ein Mädchen erleidet eine Rauchvergiftung und muss zur Beobachtung über Nacht im Schwarzwald-Baar-Klinikum bleiben.

85 Kinder besuchen derzeit die Bertholdschule im Villinger Steppach. Als sonderpädagoisches Bildungs- und Beratungszentrum (SBBZ) mit ...
85 Kinder besuchen derzeit die Bertholdschule im Villinger Steppach. Als sonderpädagoisches Bildungs- und Beratungszentrum (SBBZ) mit dem Schwerpunkt Lernen unterrichten die 15 Lehrkräfte nicht nur Kinder mit Förderbedarf, sondern beraten auch Lehrer an Regelschulen und schreiben beispielsweise Förderpläne. | Bild: Nathalie Göbel

Zwei Tage später erinnert im Schulgebäude im Villinger Stadtteil Steppach nichts mehr an die dramatischen Augenblicke vom Dienstag. Die Räume wurden gereinigt und von der Feuerwehr gelüftet, der verbrannte Mülleimer entsorgt. Stefan Schülli, seit zehn Jahren Lehrer an der Bertholdschule und seit dreieinhalb Jahren Rektor, ist verärgert.

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„Seit Jahren sollten an der Schule schon Brandschutzmaßnahmen umgesetzt werden“, sagt er. Immer wieder habe das Brandschutzpaket auf der Agenda gestanden, immer wieder sei es verschoben worden. Nicht nur dem Kollegium bereiten die fehlenden Sicherheitseinrichtungen Sorge: Auch der Elternbeirat habe sich bereits vor Längerem mit einem Brief an OB Jürgen Roth gewandt und um Erledigung der Arbeiten gebeten.

Blick an die Decke im Rektorat der Bertholdschule: Die Halterung für den Rauchmelder ist neu, der Lautsprecher der Durchsageanlage alt, ...
Blick an die Decke im Rektorat der Bertholdschule: Die Halterung für den Rauchmelder ist neu, der Lautsprecher der Durchsageanlage alt, und beide funktionieren nicht. Der eigentliche Rauchmelder ist noch nicht geliefert, der Lautsprecher kaputt. | Bild: Nathalie Göbel

Neben den Rauchmeldern soll im Zuge der Brandschutzmaßnahmen auch eine Fluchttreppe im zweiten Stock gebaut werden. Immerhin: Vor Kurzem wurden Rauchmelder geliefert, die Halterungen wurden auch schon installiert. Die eigentlichen Melder aber fehlen.

Dauerthema Brandschutz

Es gebe aktuell Lieferverzögerungen bei den Rauchmeldern, sagt Oxana Brunner, Sprecherin der Stadtverwaltung. Stefan Schülli lässt das nicht gelten: „Als ich 2010 an die Schule kam, war der Brandschutz schon Thema.“ Der Schulleiter sorgt sich um die Kinder. 85 Schüler von der ersten bis zur neunten Klasse besuchen derzeit die Bertholdschule. „Nicht auszudenken, wenn zum Beispiel noch ein Kind in der Toilette gewesen wäre“, sagt er.

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Im kommenden Jahr solle nach seinem Wissensstand das Brandschutzpaket angegangen werden. „Die Frage ist nur: Findet das auch statt? Es wurde ja schon öfter verschoben.“ Der Vorfall vom Dienstag habe noch einmal eindrücklich gezeigt, dass etwas geschehen müsse.

Warum dauert es so lange, den Brandschutz in einer Schule auf den aktuellen Stand zu bringen? Und wird sich 2022 etwas tun?

„In den nächsten beiden Jahren sind im städtischen Haushalt große Finanzmittel für die Bertholdschule angemeldet.“
Oxana Brunner, Sprecherin der Stadtverwaltung

Das jedenfalls sei der Plan, sagt Oxana Brunner. Der Haushalt für das kommende Jahr sieht 200.000 Euro für den Brandschutz an der Bertholdschule vor, 2023 sollen weitere 440.000 Euro investiert werden – vorbehaltlich der Zustimmung des Gemeinderats.

Auf der Liste stehen viele Projekte

Material und Geräte seien teilweise bereits vor Ort, sagt Oxana Brunner. So etwa die Halterungen für Rauchmelder und die neue Lautsprecheranlage. Der Brandschutz habe Priorität. Gleichwohl müsse die Stadt Projekte in vielen Schulen und Kitas betreuen. Für die Ängste von Eltern und Lehrern habe man vollstes Verständnis. „Leider geht nicht alles gleichzeitig.“

Brandschutz ist komplexes Thema

Gerade der Brandschutz erfordere umfangreiche Maßnahmen, verbunden mit viel Planungsarbeit durch Fachleute: Angefangen von neuen Fenstern über den Bau der Fluchttreppe, Rauchmeldern, die bei der Feuerwehr Alarm schlagen, und so genannte Kurzschlusstüren. Sie verbinden die Klassenzimmer miteinander, damit die Kinder im Falle eines verqualmten Treppenhauses von jedem Klassenzimmer aus zur Fluchttreppe gelangen. Für diese steht bereits das Fundament. Die neue Sprachalarmierungsanlage werde noch im Dezember installiert, so die Pressesprecherin.