Am dritten Tag im Prozess um einen Autofahrer, der im September 2019 zwischen Vöhrenbach und Villingen bei Herzogenweiler einen schweren Verkehrsunfall verursachte, bei dem einer seiner beiden Mitfahrer ums Leben kam, erhärtete sich die Vermutung des Gerichts, dass der Autofahrer, der zum Zeitpunkt des Unfalls 19 Jahre alt war, häufig sehr schnell unterwegs war.
Am Ende nutzte es dem jungen Mann nichts, dass er der Polizei die Herausgabe des Entsperrcodes für sein Smartphone verweigerte. Experten des Landeskriminalamtes knackten das unmittelbar nach dem Unfall beschlagnahmte Telefon. Zum Vorschein kamen Daten, die belegen, dass der Fahrer häufig in rasantem Tempo unterwegs war.
So konnte durch die Ermittlungen festgestellt werden, dass der Angeklagte wenige Tage vor dem Unfall mit grauenhaftem Ausgang auf der Strecke zwischen St. Georgen und Furtwangen im Bereich Hirzwald mit mehr als 150 Stundenkilometern über die abschüssige Straße in Richtung Rohrbach gefahren ist. Diese Tatsache war zwar nicht relevant für die Aufarbeitung des Unfallgeschehens. Sie unterstütze das Gericht aber in seiner Vermutung, „dass Sie sehr häufig sehr schnell unterwegs waren“, wie der Vorsitzende Richter Bernhard Lipp zum Angeklagten sagte. Dieser Umstand lasse wiederum auch Zweifel an der am ersten Verhandlungstag gemachte Aussage aufkommen, wonach der Fahrer das Auto lediglich „mit 100 bis 110 Stundenkilometern“ gesteuert haben will.
Die Verteidigerin wies darauf hin, dass sämtliche Zeugen ausgesagt haben, dass das Fahrzeug zwar „rasant“ unterwegs gewesen sei. Keiner hätte jedoch ausgesagt, dass das Fahrzeug mit deutlich überhöhtem Tempo aufgefallen sei. Zudem lasse das Sachverständigengutachten die Möglichkeit offen, dass der Fahrer sein Auto erst unmittelbar vor dem Unfallzeitpunkt auf das Tempo der errechneten 148 Stundenkilometer beschleunigt haben könnte, weil er das Fahrzeug aufgrund eines möglichen Ausweichmanövers nicht mehr unter Kontrolle gehabt hätte und es so wieder abfangen wollte. Diese Darstellung der Verteidigung, ein Fahrzeug mit Vollgas zu beschleunigen, um es abzufangen, sah der Richter allerdings als „lebensfremd“ an.
Für die akribische Rekonstruktion des Unfallzeitpunkts und der sich daraus errechneten Geschwindigkeit, wozu zahlreiche Zeugen befragt wurden, erntete der Richter die Anerkennung der Verteidigung. „Ich habe jeden Stein umgedreht, mehr geht nicht“, so der Richter. Mit einem Augenzwinkern sagte Lipp, er hoffe jetzt, dass sich der Angeklagte nicht auch noch seinen Namen auf den Bauch tätowiere, „weil ich mehr ermittelt habe als die Polizei.“
Damit leitete er zu einem weiteren Vergehen über, für das sich der Angeklagte verantworten soll. Ihm wird zur Last gelegt, im April bei einem Autoposertreffen am Neuen Markt einen Polizisten geschlagen zu haben. Außerdem soll er in Richtung eines heranfahrenden Polizeifahrzeugs sein T-Shirt angehoben und seinen Bauch gezeigt haben, auf dem „ACAB“ stand. Die Abkürzung steht gemeinhin für „All Cops are bastards“, auf deutsch etwa „Alle Polizisten sind Schweine“. Dieser Vorgang wurde von einer im Fahrzeug installierten Videokamera festgehalten und stelle, zusammen mit dem hinterher geschobenen Kraftausdruck „Ficker“, eine klare Beleidigung dar, wie die Staatsanwältin betonte.
Der Versuch der Verteidigung, dass damit lediglich das Polizeifahrzeug, nicht aber die Insassen gemeint gewesen seien, entlockte den Anwesenden auch ein unter den Gesichtsmasken zu erkennendes Schmunzeln. Richter Lipp sieht in dem Vorwurf, der am letzten der anberaumten Sitzungstage am kommenden Dienstag verhandelt werden soll, „eine hohe Verurteilungswahrscheinlichkeit.“