Der Kinderarztmangel in der Region sorgte im Gemeinderat für Frustration und auch ein Stück Ratlosigkeit. Aktueller Anlass war der Rückzug des Schwenninger Kinderarztes Stefan Röser.
„Unser Ziel ist es, dass ein Medizinisches Versorgungszentrum (MVZ) in Villingen oder Schwenningen entsteht“, erklärte Oberbürgermeister Jürgen Roth auf Anfrage von Stadtrat Bernd Lohmiller (SPD). Der Landkreis und die Stadt seien an dem Thema dran. Allerdings verdeutlichte der OB auch: Einfach wird das wohl nicht werden.
So kommt es zur Debatte
Auslöser war der Debatte war der Fall des Schwenninger Kinderarzt Stefan Röser, der seinen Arztsitz zurückgeben wird, nachdem er der Kassenärztlichen Vereinigung Geld wegen Überstunden zurückzahlen sollte. Dabei hatte Rösner nur versucht, den Mangel an Kinderärzten durch Mehrarbeit aufzufangen.

Oberbürgermeister Jürgen Roth erklärte, er und der Landrat wollten für die Verbesserung der Kinderarzt-Versorgung in der Region tätig werden. In den nächsten Tagen wollen sich die Verantwortlichen über das Projekt eines MVZ in Schramberg-Sulgen informieren.
OB will über Möglichkeiten informieren
Eine kurzfristige Lösung für den Landkreis solle angedacht werden, die möglichst von Dauer sein sollte. Es gehe darum, für Ärzte neue Rahmenbedingungen zu schaffen, damit diese Beruf und Familie in Einklang bringen könnten.
Die Einrichtung eines Medizinischen Versorgungszentrums ist allerdings nach Einschätzung von Roth nicht einfach umzusetzen. Dazu werde ein Investor benötigt, viele Fragen seien dabei noch ungeklärt. Ähnlicher Bedarf wie bei den Kinderärzten gebe es auch bei den Kardiologen. Roth versprach den Stadträten, in der nächsten Sitzungsrunde des Gemeinderates die bereits vorhandenen Überlegungen der Stadt und des Landkreises vorzustellen.
So rechnet die KV
Maria Noce (CDU) wies darauf hin, dass laut Versorgungsschlüssel der KV in einer Großstadt, in diese Kategorie gehöre auch VS, ein Kinderarzt pro 2400 Einwohner (laut KV gilt der Schlüssel für Minderjährige) berechnet sei. Stefan Röser sei zuletzt für 7000 bis 8000 Einwohner zuständig gewesen.

Sie äußerte ihre Befriedigung, dass in Villingen-Schwenningen eine Online-Petition für eine bessere Kinderarzt-Versorgung gestartet wurde, die bereits von 5000 Menschen unterzeichnet worden sei.
4,5 Kinderarztstellen fehlen in der Region
Stadtrat Joachim von Mirbach (Grüne) griff das Thema ebenfalls auf, um seinen Frust über das Agieren der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) zu artikulieren. Es sei „ein Skandal“, das in den drei Landkreisen Rottweil, Tuttlingen und Schwarzwald-Baar derzeit 3,5 Kassensitze für Kinderärzte nicht besetzt seien. Mit dem Verzicht von Röser steige der Mangel auf 4,5 Kinderärzte.

Die KV habe es nicht geschafft, so klagte der Stadtrat, in den vergangenen zehn, 15 Jahren einen Jugend- oder Kinderarzt hierher zu holen. Gleichzeitig bestrafe die KV einen engagierten Kinderarzt wie Röser, der versuche, die Lücken durch Mehrarbeit zu schließen. Dasselbe sei schon dem ehemaligen Schwenninger Kinderarzt und Vorgänger von Röser, Karl-Henning Lichte, widerfahren.
„Erbarmungslose Durchführung“
Selbstverständlich sei das Vorgehen der KV rechtlich legal. Gleichwohl kritisierte der Grünen-Stadtrat die „erbarmungslose Durchführung einer solchen Regelung“ als den eigentlichen Skandal.
Die KV hätte schon die Möglichkeit, angesichts des Kinderärztemangels die Überstundenregelung mal zwei, drei Jahre auszusetzen, bis eine Versorgungsverbesserung eintritt. Schon jetzt, so beklagte der Stadtrat, bekommen Eltern im Schwarzwald-Baar-Kreis für ihre Kinder keine der vorgeschriebenen Voruntersuchungen mehr. Eltern aus dem Landkreis werde beispielsweise empfohlen, eine Kinderarztpraxis in Spaichingen im Landkreis Tuttlingen aufzusuchen.