Männer, die sich in ihrer Freizeit zwecks Nahrungszubereitung die Kochschürze umbinden, waren in den 70er-Jahren eine eher unauffällige gesellschaftliche Randerscheinung.

Die Küche, sie war seinerzeit noch feste Domäne der Hausfrau. Insofern war es durchaus unkonventionell, als sich am 1. Juni 1970 sieben Männer aus Villingen zu einem Gründungsessen in Bad Dürrheim einfanden. Es war dies der erste gemeinsame Kochabend und damit die Geburtsstunde der Villinger Romäus-Chuchi, einem speziellen Hobbyclub kochender Männer.

Die Villinger und Schwenninger Kochbrüder in Freundschaft vereint: Beim 500. Kochabend der Romäus-Chuchi Villingen sind auch die die ...
Die Villinger und Schwenninger Kochbrüder in Freundschaft vereint: Beim 500. Kochabend der Romäus-Chuchi Villingen sind auch die die Hobbyköche von der Schwenninger Paten-Vereinigung eingeladen. | Bild: Stadler, Eberhard

Tatsächlich ist die Chuchi über die Jahrzehnte eine reine Männerwirtschaft geblieben. Die aktuell 13 Mitglieder der Villinger „Confrérie de la Marmité (“Bruderschaft des Kochtopfs“) nutzen seit 1980 die Schulküche der Karl-Brachat-Realschule als regelmäßige Domizil.

Dort treffen sie sich einmal im Monat zum Kochabend und berauschen sich an gemeinsamen kulinarischen Höhenflügen und dem ein oder anderen edlen Tropfen. In 52 Jahren seit der Gründung kamen, in wechselnden personellen Besetzungen, mittlerweile 500 Kochabende zustande. Ein Jubiläum, dass die Hobbyköchen vor wenigen Tagen unter besonderen Umständen angemessen zu feiern verstanden.

500. Kochabend der Romäus-Chuchi Villingen.
500. Kochabend der Romäus-Chuchi Villingen. | Bild: Stadler, Eberhard

Zu den besonderen Umständen gehörten vor allem besondere Gäste. So gab sich einer der höchsten Chuchi-Repräsentanten in Deutschland, der Majordomus des Clubs, Thomas Schmidhuber aus Balingen, beim 500. Kochabend die Ehre.

Hoher Besuch in Villingen. Zum ihrem 500. Kochabend beehrte der Major Domus der gesamtdeutschen Kochbruderschaft, Thomas Schmidhuber ...
Hoher Besuch in Villingen. Zum ihrem 500. Kochabend beehrte der Major Domus der gesamtdeutschen Kochbruderschaft, Thomas Schmidhuber (links) aus Balingen, die Kochbrüder in Villingen. Rechts Jörg Gressenbuch, der Leiter der Villinger Romäus-Chuchi. | Bild: Stadler, Eberhard

Kochbrüder aus Schwenningen standen Pate

Und dann kamen noch viele Schwenninger. Denn was kaum einer weiß: Es waren die Kochbrüder aus Schwenningen, die sich 1966 in der „Swano Chuchi“ vereinigt haben, die Pate standen bei der Gründung der Villinger Kochbruderschaft. Noch vor der Städtefusion von 1972 herrschte auf der kulinarischen Ebene also bereits ein gesamtstädtischer Geist. Zwei der Gründungsmitglieder, Bruder Uwe Gatermann aus Villingen und Bruder Alfred Bausch aus Schwenningen, sind bis heute in ihren jeweiligen Clubs aktiv.

Zwei Gründungsmitglieder unter sich. Alfred Bausch (links) von der Schwenninger Chuchi und Uwe Gatermann aus Villingen sind jeweils weit ...
Zwei Gründungsmitglieder unter sich. Alfred Bausch (links) von der Schwenninger Chuchi und Uwe Gatermann aus Villingen sind jeweils weit über 50 Jahre in ihren jeweiligen Kochclubs aktiv dabei. | Bild: Stadler, Eberhard

Zum Jubiläum wurden diese alten Bande, die zuletzt etwas schleifen gelassen wurden, wieder enger geknüpft. In der Küche der Karl-Brachat-Realschule ballten sich über 20 weiß beschürzte und bemützte Hobbyköche aus V und S.

Dies zur großen Freude aller Beteiligten und der beiden Chuchileiter Michele Mazzoni (Schwenningen) und Jörg Gressenbuch (Villingen), die versprachen, dass man sich bereits im April zum nächsten gemeinsamen Kochabend wiedersehen wird.

Fabian Meßmer ist der jüngste Koch in den Reihen der Romäus-Chuchi. Hier bereitet er eine Bündner Graupensuppe vor.
Fabian Meßmer ist der jüngste Koch in den Reihen der Romäus-Chuchi. Hier bereitet er eine Bündner Graupensuppe vor. | Bild: Stadler, Eberhard

Doch warum haben sich die Hobbyköche damals, in den 60er- und 70er-Jahren, in rein männlichen Kochclubs zusammengeschlossen? Nun, zunächst wollten sie mit Gleichgesinnten ihrem Hobby nachgehen, weil es in der Gemeinschaft mehr Spaß macht. „Und wahrscheinlich wollten sie das Kochen nicht unter den gestrengen Augen ihrer Frauen ausüben“, vermutet, augenzwinkernd, der Villinger Chuchi-Leiter Jörg Gressenbuch. Und dabei ist es geblieben.

Kochkunst und gute Tischsitten

Bis heute verfolgen die Clubs, wie es bei der Gründung hieß, den Zweck, „die Kochkunst und Esskultur, insbesondere die Kenntnis der klassischen großen Küche und deren zeitgemäßen Standards sowie deutscher und fremdländischer Kochrezepte sowie gute Tischsitten zu verbreiten und die Liebe zur Kunst des Kochens zu wecken.“

Markus Kissendorfer kümmert sich ums Gemüse für den Hauptgang.
Markus Kissendorfer kümmert sich ums Gemüse für den Hauptgang. | Bild: Stadler, Eberhard

Längst haben sich die Kochbrüder aus der Nische ihres Hobbys auch in die Öffentlichkeit begeben, um ihre Mitmenschen an ihrer Kochkunst teilhaben zu lassen und am gesellschaftlichen Leben mitzuwirken.

Verschiedene Wohltätigkeitsveranstaltungen oder Festivitäten, etwa beim einstigen Villinger Jazz-Festival, haben sie erfolgreich mit kulinarischen Genüssen gewürzt. Dazu kommt noch der öffentliche Bildungsauftrag: Die Männerkochkurse, die die Mitglieder der Villinger Chuchi über die Volkshochschule anbieten, sind legendär.

Michele Mazzoni, der Leiter der Schwenninger „Swano Chuchi“ hilft hier beim Kalbsbraten mit. Das grüne Band weist ihn als ...
Michele Mazzoni, der Leiter der Schwenninger „Swano Chuchi“ hilft hier beim Kalbsbraten mit. Das grüne Band weist ihn als „Maitre de Cuisine“ (Meister der Küche) aus. | Bild: Stadler, Eberhard

Dass sich die Kochbrüder längst nicht mehr vor den kritischen Augen ihrer Frauen verstecken müssen (vermutlich auch nie mussten) bewiesen sie erneut bei ihrem Jubiläumsabend. Die reizvolle Aufgabe an die Kochbrüder lautete, das Menü vom Gründungsabend am 1. Juni 1970 in zeitgemäßer Form neu zu interpretieren.

Klein aber fein: Die Bündner Platte als filigraner Vorspeisenteller mit (vob links) einem Löffel Bündner Graubensuppe, einem Büdner ...
Klein aber fein: Die Bündner Platte als filigraner Vorspeisenteller mit (vob links) einem Löffel Bündner Graubensuppe, einem Büdner Capuns sowie Bündner Fleisch auf selbstgebackenem Brot. | Bild: Stadler, Eberhard

Und das taten die Freunde der gehobenen Küche mit Lust und Leidenschaft. Die Begeisterung, ihren Gästen etwas Besonderes bieten, war den Kochbrüdern ins Gesicht geschrieben. Die Menüfolge von Bündner Platte, Salate der Saison, Kraftbrühe, dem Hauptgang mit zweierlei Kalbsbrust und handgeschabten Spätzle sowie der flambierten Banane mit Kokoseis als Nachspeise sprühte vor kulinarischer Raffinesse und einer Fülle anspruchsvoller technischer Feinheiten.

Besonders kunstvoll gelingt diese Interpration der Salate der Saison: Ein Türmchen mit Radicio, roten Beeten, Wintersalat, Zwiebeln, ...
Besonders kunstvoll gelingt diese Interpration der Salate der Saison: Ein Türmchen mit Radicio, roten Beeten, Wintersalat, Zwiebeln, Orangen, Walnüssen, Sprossen und feinen Scheiben von Entenbrust. | Bild: Stadler, Eberhard

So stand am Ende ein dem Anlass gemäß würdiges Gemeinschaftswerk, das allen, die es erleben durften, noch lange in Erinnerung bleiben dürfte.

Erlesenes Dessert: Flambierte Banane mit filetierter Orange und Kokoseis. Dank aufwändiger Zubereitung ein Gaumenfeuerwerk.
Erlesenes Dessert: Flambierte Banane mit filetierter Orange und Kokoseis. Dank aufwändiger Zubereitung ein Gaumenfeuerwerk. | Bild: Stadler, Eberhard
Der Hauptgang mit gefüllter Kalbsbrust, Spätzle in Schwarz und Gold, Möhren am Stück und in pürierter Form.
Der Hauptgang mit gefüllter Kalbsbrust, Spätzle in Schwarz und Gold, Möhren am Stück und in pürierter Form. | Bild: Stadler, Eberhard

Ein ganz besonderer Tag war dieser Abend auch für Markus Lauffer, der in einer fröhlichen Schampus-Zeremonie in den Kreis der kochenden Männer der Villinger Chuchi als „Apprendi“ (Lernender) aufgenommen wurde.

Schampus aus den Löffel. Mit diesem Zeremoniell wird Markus Lauffer in die Reihen der Villinger Köchbrüder neu aufgenommen. Von links ...
Schampus aus den Löffel. Mit diesem Zeremoniell wird Markus Lauffer in die Reihen der Villinger Köchbrüder neu aufgenommen. Von links Roland Besch, Markus Lauffer (knieend), Markus Kissendorfer, Markus Fridrich und Jörg Gressenbuch. | Bild: Stadler, Eberhard
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