Im Villinger Haslach wachsen die Sorgen. Immer konkreter wird die Planung für den Bau der Verlängerung der Bundesstraße 523 an Villingens Norden vorbei zum Mönchsee vor Mönchweiler, um dort die Verbindung zur B 33 in den Schwarzwald herzustellen.

Das Projekt trägt viele Namen und wird seit Jahrzehnten debattiert. Querspange, Lückenschluss und nun auch Ortsumfahrung Villingen stehen als Bezeichnungen über dem geplanten Streckenabschnitt, der am Neuen Markt fast geradeaus über Wiesen und Felder führen soll.

Zwischen Villingen (links oben am Bildrand das Gewerbegebiet Vockenhausen und dem Mönchsee soll die Neubaustrecke der Bundesstraße 523 ...
Zwischen Villingen (links oben am Bildrand das Gewerbegebiet Vockenhausen und dem Mönchsee soll die Neubaustrecke der Bundesstraße 523 vom Neuen Markt kommend auf die Bundesstraße 33 treffen. Rechts am Bildrand führt die B 33 nach Mänchweiler udn weiter nach St. Georgen. | Bild: Hans-Jürgen Götz

Bei Villingen bleibt die große Frage, wie genau die Peterzeller Straße direkt am neuen Bundesstraßen-Knotenpunkt südlich des Mönchsees angebunden wird. Das Regierungspräsidium sieht sich derzeit außerstande, seine Planungen offenzulegen, so Sprecher Matthias Henrich. Die Behörde habe für den Bundesstraßenknoten vor dem Villinger Kurgebiet noch mehrere Varianten auf dem Planungstisch und noch keine favorisierte Gestaltung.

Zum Treffen mit der Redaktion kommen immer mehr Menschen – trotz des Regensturms an diesem Freitagnachmittag.
Zum Treffen mit der Redaktion kommen immer mehr Menschen – trotz des Regensturms an diesem Freitagnachmittag. | Bild: Trippl, Norbert

Im Haslach keimen die Sorgen der Menschen, wie nahe die neue Trasse der B 523 an ihre Wohngebiete heranreicht – und ob es am Ende gar noch eine Überraschung mit einer weiteren Zu- und Abfahrt geben könnte. Die SÜDKURIER-Redaktion traf sich vor Ort mit interessierten Bürgern – und rund 20 Personen kamen trotz strömenden Regens und starken Winden am Guggenbühl an einem Freitagnachmittag im April.

Die Anwohner blicken Richtung Mönchsee, noch ist unklar, wie die Straße hier genau verlaufen soll – sagt das Regierungspräsidium ...
Die Anwohner blicken Richtung Mönchsee, noch ist unklar, wie die Straße hier genau verlaufen soll – sagt das Regierungspräsidium im April. | Bild: Trippl, Norbert

Die Gruppe vertritt unterschiedliche Interessen. Zwei Frauen wollen wissen, wie die Chancen stehen, dass die Straße überhaupt nicht gebaut werden könnte. Viele hier befürchten offensichtlich, wegen Lärm und Abgasen Wertminderungen ihrer Immobilien – vor allem aber treiben drohende Eingriffe in die von den Anwohnern geschätzte Natur die Menschen um.

Im Detail wird von den Bürgern so argumentiert:

Adelheid Tauchert sagt: „Jede Fledermaus und jeder Käfer wird bei Straßenneubau-Projekten geschützt. Aber wer beschützt uns?“ Sie und viele andere monieren bei dem Termin ein Versteckspiel der Behörden. Es gebe zahlreiche, sich widersprechende alte Pläne – und keinerlei offizielle Bekundungen.

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Das Regierungspräsidium erarbeitet seit mehreren Jahren eine sogenannte Vorzugsvariante. Dabei handelt es sich um einen Plan, den die Behörden für durchsetzbar halten. Die Frage, die viele im Villinger Haslach umtreibt, ist: Liegt diese Vorzugsvariante irgendwann auf dem Tisch, wie viel Spielraum ist dann überhaupt noch in dem Vorhaben drin?

„Also vor 30 Jahren hieß es...“

Bernhard Schnitzer nimmt die Sache ernst, aber auch ein wenig mit Humor. Er ist im Regensturm aus Nordstetten herüber gewandert und sagt: „Also vor 30 Jahren hat es geheißen, in 15 Jahren werde der Bau der Straße beginnen.“ Sein Ulk hat einen ernsten Hintergrund: Er will aufzeigen, wie lange die Behörden dieses Thema schon kauen.

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„Das Geld ist anders besser investiert“

Thomas Schumacher hat eine grundsätzliche Haltung: „Das Geld für die Straße ist meiner Meinung nach besser anders investiert: etwa in die Elektrifizierung der Bahnstrecke Villingen-Rottweil.“

„Die Straße zerstört unsere Lebensqualität“

Heide Aschenbrandt ergänzt: „Wir wollen diese Straße überhaupt nicht. Sie zerstört unsere Lebensqualität und unser Naherholungsgebiet.“ Angesichts der weltpolitischen Lage heißt es: „Wir haben doch heute wahrlich andere Sorgen als so eine Straße“, kritisiert auch Frauke Möller das Vorhaben ganz grundsätzlich.

Vorne rechts unten im Bild soll der Knotenpunkt mit dem Neubau-Stück der Bundesstraße 523 erfolgen, die hier vom Neuen Markt kommend vor ...
Vorne rechts unten im Bild soll der Knotenpunkt mit dem Neubau-Stück der Bundesstraße 523 erfolgen, die hier vom Neuen Markt kommend vor Villingen aktuell geplant wird. Links das Ende des Villinger Waldgebiets zwischen Kurgebiet und Mönchweiler. Die Kamera blickt hier nach Norden Richtung S. Georgen, am Bildrand oben Mönchweiler. | Bild: Hans-Jürgen Götz

„Plötzlich war bei uns eine Straße eingeplant“

Thomas Gässler wohnt seit Jahrzehnten an der Tilsiter Straße. Er erklärt den Umstehenden, dass vor etliche Jahren wie aus dem Nichts ein Plan aufgetaucht sei, in dem „50 Meter hinter unserem Haus plötzlich eine Auffahrt auf die neue Strecke eingezeichnet war“.

„Dann ein Lärmschutz an Obereschacher Straße“

Frank Hohenhaus weist auf eine Folge der Planungen hin: „Die Obereschacher Straße wird doch als Zu- und Abfahrt auf die neu gebaute Strecke deutlich mehr Verkehr haben als heute. Wenn das so kommt, dann muss zum Haslach hin auch hier ein qualifizierter Lärmschutz angelegt werden“, fordert er.

„Wer vertritt hier diese 8000 Bürger?“

Jürgen Opiela schaut so auf die Thematik: „Also aus meiner Sicht sind von den Plänen für die neue Straße 8000 Menschen betroffen in Haslach und Teilen der Wöschhalde sowie in Nordstetten“, sagt er. „Es kann nicht sein, dass diese 8000 Bürger keinen politischen Vertreter haben, aber die 3000 Bewohner aus Obereschach haben einen Stadtrat.“

Klaus Martin, Obereschacher Ortsvorsteher und CDU-Fraktionssprecher.
Klaus Martin, Obereschacher Ortsvorsteher und CDU-Fraktionssprecher. | Bild: Trippl, Norbert

Gemeint ist Klaus Martin. Der Obereschacher Ortsvorsteher ist der Sprecher der CDU-Gruppe im Gemeinderat. Er gilt bei diesem Thema als politisch vernetzt und transportiert klare Forderungen für seine Gemeinde. Martin sagt immer wieder, „der Ortschaftsrat will zwei oder keinen Anknüpfungspunkt für Obereschach“. Andernfalls sei für seinen Ort ein Verkehrschaos zu befürchten, begründet er.

„Ich sehe vor allem zwei Handlungsfelder“

Ingo Jeromin wohnt an der Königsberger Straße. Er hat den Eindruck, „dass die Menschen hier mit ihren Belangen ernstgenommen werden wollen und nicht immer alles wie bisher gemauschelt wird“.

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Er sieht vor allem „zwei Handlungsfelder: zum einen ein Larmschutz-Konzept für die tangierten Wohngebiete, zum anderen fragt er nach „einem Zukunftskonzept für das vom Bau der Straße betroffene Vogelschutz- und Naherholungsgebiet“.

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Peter Sachse hat auch einen generellen Blick auf das Thema. Er blendet Jahrzehnte zurück und sagt: Damals, beim Bau der Autobahn und der Route nach Villingen, „wurde auch die mit dem Projekt einhergehende zusätzliche Sicherheit der Arbeitsplätze in der Stadt versprochen. Kienzle, Winkler und wie sie alle heißen – ihnen hat das nichts genützt, die gibt es heute nicht mehr“, erinnert er.

So positioniert sich die Behörde zum Thema Haslach

Für die Bürger des Wohngebiets Haslach beantwortet das Regierungspräsidium eine SÜDKURIER-Anfrage von April dieses Jahres so, Pressesprecher Matthias Henrich: „Im Zuge der aktuellen Vorplanung zur Umfahrung von Villingen-Schwenningen wird auch der Trassenverlauf inklusive des Bereiches von Haslach nochmals genauer betrachtet.“ Soll heißen: Es wird nach Optimierungen gesucht.

Das Villinger Wohngebiet Haslach mit dem Gewerbeabschnitt bei Continental rechts oben. Bild: Hans Jürgen Götz
Das Villinger Wohngebiet Haslach mit dem Gewerbeabschnitt bei Continental rechts oben. Bild: Hans Jürgen Götz | Bild: Hans-Juergen Goetz

Henrich weiter: „Dabei sollen mit einer schalltechnischen Voruntersuchung auch die akustischen Auswirkungen der Umfahrung auf die Wohnbebauung beurteilt und in die Abwägung des Trassenverlaufs einbezogen werden.“ Er fügt hinzu: „Eine konkrete Planung von gegebenenfalls erforderlichen Schallschutzmaßnahmen erfolgt mit der anschließenden Entwurfsplanung, da erst hier der Trassenverlauf in Lage und Höhe detailliert konstruiert wird.“