Hunderte Fitnessgeräte stehen am Dienstagvormittag ungenutzt im Halbdunkel der geräumigen Halle des Fitnessstudios G1 in Villingen. Normalerweise stünde zu dieser Uhrzeit gerade ein Besucherwechsel an, von Frühsportlern zu Mittagszeitgästen. Aber nun sind gar keine Kunden und kein Personal mehr zu sehen, keine Musik ist zu hören und die Beleuchtung ist aus.

Seit Montag dürfen auch im Fitnessstudio G1 in Villingen keine Gewichte mehr gestemmt werden.
Seit Montag dürfen auch im Fitnessstudio G1 in Villingen keine Gewichte mehr gestemmt werden. | Bild: Fröhlich, Jens

Nur im Büro von Inhaber Gaetano Cristilli brennt noch Licht. Dort beantwortet er geduldig Anrufe von Kunden, schreibt Emails, trotz Lockdown. „Ich bin jeden Tag hier und mit Verwaltung beschäftigt“, sagt er. Das wird auch in zwei Wochen noch so sein, ist er sich sicher. Seine vier Vollzeitkräfte sind derweil in Kurzarbeit. Für die 22 geringfügig Beschäftigten gibt es ebenfalls kaum noch etwas zu tun. „Mir fehlen die Worte“, beschreibt Cristilli seinen Gemütszustand.

Abstand zu halten ist im G1 eigentlich kein Problem.
Abstand zu halten ist im G1 eigentlich kein Problem. | Bild: Fröhlich, Jens

Verunsicherung bei Kunden

Viele seiner Kunden seien verunsichert, haben Fragen oder springen ganz ab. Das war schon während dem ersten Lockdown so. „Wir haben damals viele Mitglieder verloren“, erinnert er sich an die schwere Zeit. „Das war hart für uns und die gesamte Branche.“ Jetzt folgt offenbar das nächste Kapitel in dieser tragischen Geschichte. Ersten Kunden hätten bereits jetzt ihre Mitgliedschaft beendet. „Die wirtschaftlichen Folgen sind aber noch gar nicht ganz absehbar“, sorgt sich Cristilli. Es gebe aber auch viele treue und solidarische Kunden, jetzt und während der ersten Schließung.

G1 vor Umbau Video: Fröhlich, Jens

Lockdown-Angebot

Für treue Sportler versucht Cristilli daher auch in der Corona-Zwangspause da zu sein, verleiht beispielsweise Kleingeräte für Übungen zuhause. Täglich um 18 Uhr finden unterschiedliche Live-Trainings per Videoübertragung statt. Dreimal die Woche ist zur frühen Stunde ein Yoga-Kurs, ebenfalls per Videoschalte, im Angebot. „Das kam schon während der ersten Schließung gut an, mit bis zu 50 Teilnehmern pro Übertragung“, so der 54-Jährige.

Das könnte Sie auch interessieren

Erholung im Sommer

Im Juni 2020 durften Studios nach dem Lockdown unter strengen Hygieneregeln erstmals wieder öffnen. Cristilli hatte damals für den Neustart investiert und viel Aufwand betrieben, um sein Studio an Vorgaben anzupassen und für Kunden größtmögliche Sicherheit zu bieten. „Wir haben das gut hinbekommen, dank dem üppigen Platzangebot hier“, blickt er zurück. Über die Wochen habe man so das Vertrauen vieler Menschen zurückgewinnen können.

Das könnte Sie auch interessieren

Kritik an erneuter Schließung

Einerseits kann er verstehen, dass die Politik angesichts explodierender Corona-Zahlen Maßnahmen ergreifen musste. Andererseits kritisiert er, dass seine Branche, wie auch Gastronomie und Hotels, nun wieder die Leidtragenden sind. Die Entscheidung sei ohne entsprechendes Fachwissen gefallen, ist er sich sicher. Der Schnitt, der gezogen wurde, ist für ihn nicht nachvollziehbar. „Tennis ist erlaubt, Fitnesstraining nicht. Warum?“, fragt er sich. Studios hätten sich in der Vergangenheit nicht als Orte mit besonderem Ansteckungsrisiko hervorgetan. „Wir haben ein gutes Konzept und die Menschen halten sich dran.“ Zudem sei Sport das Beste was man machen könne für Geist und Körper, stärke zudem das Immunsystem.

Das könnte Sie auch interessieren

Lockdown schürt Ängste

„Die Schließung von Studios ist jedenfalls ein falsches Signal, das Angst verbreitet und uns als Risikobetriebe brandmarkt, die wir aber nicht sind“, ist sich der Unternehmer sicher. Cristilli hofft daher auf eine Sammelklage des Branchenverbandes gegen die Corona-Maßnahmen, um im Dezember oder möglicherweise schon früher, wieder öffnen zu können. „Das wär ein wichtiges Zeichen.“

Entschädigung in Sicht

Positiv sieht er die Ankündigung, dass die vom Lockdown betroffenen Betriebe auf Unterstützung hoffen können. „Mich stören dabei nur die Worte ‚bis‘ und ‚zu‘ vor dem Prozentwert 75“, bewertet Cristilli die von der Regierung angekündigten Erstattungen von Umsatzausfällen. Grund für die Skepsis: Beim ersten Lockdown ging der Unternehmer leer aus, erhielt keine Überbrückungshilfen, weil er, wie er sagt, knapp über einem Grenzwert lag.

Das könnte Sie auch interessieren

Zukunftsprojekt wackelt

Wie bereits berichtet, plant Cristilli am Vorderen Eckweg ein Millionenprojekt. Ein modernes Fitnesszentrum soll entstehen. Ursprünglich war der Spatenstich für den Oktober, Eröffnung und Umzug für Ende 2021 geplant. Corona hat diese Pläne im Frühjahr aber bereits frühzeitig zunichte gemacht. Im Sommer keimte zwar noch einmal kurz Hoffnung auf, das Projekt mit Verzögerung doch noch realisieren zu können. Steigende Infektionszahlen fegten den Schimmer aber schnell wieder vom Tisch . „Ich hab schon viel Geld investiert für Planung und Grundstück.“

So soll der geplante Neubau am Vorderen Eckweg einmal aussehen.
So soll der geplante Neubau am Vorderen Eckweg einmal aussehen. | Bild: Gaetano Cristilli

Nun steht es in den Sternen, ob und wie es weitergeht, denn auch Banken agieren in dieser Zeit vorsichtig. Zu ungewiss und unkalkulierbar ist der weitere Verlauf der Pandemie. Cristilli bleibt derzeit also nur zu hoffen, dass er bald wieder öffnen darf und dann auch verlorene Kundschaft wieder zurückkommt.

Das könnte Sie auch interessieren
Das könnte Sie auch interessieren