Satte 60.000 Quadratmeter umfasst der Industriepark der Aluminiumgießerei (AGVS) in der Goldenbühlstraße in Villingen. In dem riesigen Industriekomplex aus dem vorigen Jahrhundert treffen inzwischen kontrastreiche Lebenswelten aufeinander. Zwischen klassischer Industrieproduktion entstehen neue Dienstleistungs-Inseln von Yoga bis Kampfsport-Consulting.

In den 70er-Jahren arbeiteten auf diesem Konglomerat von Produktions-, Lager- und Verwaltungsgebäuden bis zu 1000 Beschäftigte der Alu-Gießerei Villingen (AGV). Das jähe Ende kam schließlich 1994 mit dem Konkurs der Gießerei, bei der rund 600 Beschäftigte ihren Job verloren.

Blick auf den Industriepark der AGVS in der Goldenbühlstraße in Villingen. Das einstige Verwaltungsgebäude des Gießerei-Betriebs mit der ...
Blick auf den Industriepark der AGVS in der Goldenbühlstraße in Villingen. Das einstige Verwaltungsgebäude des Gießerei-Betriebs mit der markanten Aluminium-Fassade wird nach 30 Jahren saniert und vermietet. | Bild: Stadler, Eberhard

Gebäude nach 30 Jahren wiederbelebt

Seit dieser Zeit steht auch das ehemalige Verwaltungsgebäude an der Goldenbühlstraße 14 leer. Jetzt, rund 30 Jahre später, zieht neues Leben in das vierstöckige Gebäude ein. Die Nachfolge-Firma der AGV, die 1995 mit 45 Mitarbeitern neu gestartete Aluminium-Gießerei Villingen-Schwenningen (AGVS), hat Geld in die Hand genommen und den Block mit seiner markanten Aluminiumfassade aufwändig saniert und modernisiert.

Yoga-Studio läuft bereits

Inzwischen sind sämtliche Stockwerke vermietet, berichtet Uwe Klier, der gemeinsam mit seinem Geschäftsführer-Kollegen Neset Kiremitci und Prokurist Christian Ruf das Unternehmen leitet. Bereits belegt ist das Obergeschoss des Gebäudes. Dort ist im Januar ein Yoga-Studio eingezogen.

Yoga im Industriebau: Jil-Sophie Thieringer und Ingrid Kirchmayer in ihrem neuen Studio in der Goldenbühlstraße 14.
Yoga im Industriebau: Jil-Sophie Thieringer und Ingrid Kirchmayer in ihrem neuen Studio in der Goldenbühlstraße 14. | Bild: Jil Thieringer

Inmitten des Industriekomplexes haben die bekannte Villinger Yoga-Lehrerin Ingrid Kirchmayer und ihre junge Kollegin Jil-Sophie Thieringer ein Yoga-Studio eingerichtet. Es zeichne sich durch seine Größe und Einzelstunden-Buchungen aus. „Das wird mega gut angenommen“, ist Ingrid Kirchmayer zuversichtlich.

In diesem Kursräum können bis zu 24 Teilnehmer gemeinsam Yoga machen.
In diesem Kursräum können bis zu 24 Teilnehmer gemeinsam Yoga machen. | Bild: Jil Thieringer

Berberich-Consulting zieht ein

Voraussichtlich zum 1. April wird im zweiten Stock des Gebäudes die Firma Berberich Consulting mit rund einem Dutzend Mitarbeiter einziehen. Falk Berberich, der in Rietheim eine der größten deutschen Sportschulen im Kampfsport Krav Maga betreibt, wird aus Platzgründen sein zweites Standbein, eine bundesweit operierende Unternehmensberatung für Kampfsportschulen, in das AGVS-Verwaltungsgebäude auslagern.

Ein weiterer Mieter ist die Firma Netzwerk Technik Unger N-T-U Netzwerktechnik, ein EDV- und Netzwerkdienstleister. Im Erdgeschoss wird die AGVS neue Büro- und Sozialräume für ihre eigene mittlere Führungsebene einrichten.

Photovoltaik-Landschaft auf den Dächern

Ein weiterer Investitionsschwerpunkt der AGVS liegt im Bereich der eigenen Stromerzeugung. Ein Großteil der Dächer des Industrieparks sind mittlerweile mit Photovoltaik-Modulen belegt. Die AGVS kämpft für ihre eigene Energiewende.

Kontraste: So sieht es in der Produktion der Alu Gießerei Villingen-Schwenningen aus.
Kontraste: So sieht es in der Produktion der Alu Gießerei Villingen-Schwenningen aus. | Bild: Nico Pudimat

Knapp eine Million Euro, so berichten Geschäftsführer Uwe Klier und Prokurist Christian Ruf, wurden vergangenes Jahr in die erneuerbare Energie investiert. Schätzungsweise 150.000 Euro kann das Unternehmen damit jährlich an Stromkosten einsparen. Die bisherigen gasbetriebenen Gießerei-Öfen wurde durch energieeffizientere Elektro-Öfen ersetzt.

Eine Daueraufgabe für die AGVS ist außerdem der Erhalt der zahlreichen großen Hallen und Immobilien. Umfangreiche Dachsanierungen sind ein großes Thema. „Wir haben ein jährliches Budget von 500.000 Euro zum Erhalt und der Weiterentwicklung der Gebäude“, weist Christian Ruf auf die Dimension der Unterhaltungsmaßnahmen hin.

Christian Ruf ist Prokurist der AGVS.
Christian Ruf ist Prokurist der AGVS. | Bild: Stadler, Eberhard

Solide Entwicklung seit Jahren

Dass sich die Gießerei all dies leisten kann, liegt vor allem daran, dass das Unternehmen von Anfang an eine grundsolide Entwicklung genommen hat. Die Zahl der Mitarbeiter ist seit 1995 von 45 auf inzwischen rund 230 Beschäftigte angestiegen, darunter etwa 50 Zeitarbeiter. Sie alle werden nach Tarif bezahlt. Die AGVS ist eine der wenigen Gießereien im weiten Umkreis, die noch Mitglied im Unternehmerverband ist.

Mehrere ehemalige Produktionshallen werden heute als Lagerstätten genutzt.
Mehrere ehemalige Produktionshallen werden heute als Lagerstätten genutzt. | Bild: Stadler, Eberhard

Dass es nach der Corona- und Ukraine-Krise aktuell sehr gut läuft, führt Geschäftsführer Uwe Klier auch auf die aktuellen Konzentrationsprozesse in der Gießerei-Branche zurück. Die Zahl der Mitbewerber schrumpft, was an den wachsenden Anforderungen liegt, die beispielsweise die Automobilbranche ihren Zulieferern auferlegt. Diesbezüglich sieht der Geschäftsführer die AGVS, die rund 60 Millionen Euro Umsatz im Jahr macht, gut aufgestellt.

Vollbeschäftigung in drei Schichten

„Wir sehen optimistisch in die Zukunft“, unterstreicht er. „Wir sind aktuell voll beschäftigt, arbeiten fünf Tage die Woche in drei Schichten.“ Die langjährigen guten Kundenbeziehungen und die gute Qualität sind nach seinem Urteil die Garanten für diese stabile Unternehmensentwicklung.

Uwe Klier, einer der Geschäftsführer der AGVS: „Wir schauen optimistisch in die Zukunft.“
Uwe Klier, einer der Geschäftsführer der AGVS: „Wir schauen optimistisch in die Zukunft.“ | Bild: Stadler, Eberhard

Neben den 230 Mitarbeitern der Gießerei sind in dem Industriepark noch eine Reihe von kleineren Betrieben mit insgesamt rund 80 Mitarbeitern eingemietet. Das sind zum Teil Betriebe, die Serviceleistungen für die AGVS erbringen, aber auch eine ganze Reihe unabhängiger gewerblicher Kleinbetriebe.

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Das Franziskaner Museum hat auf 3000 Quadratmeter einen Teil ihrer Archivalien eingelagert und selbst eine Mini-Brauerei produziert in den Räumen der alten Kantine. Und jetzt eben auch noch ein Yoga-Studio. Mit der Vermietung des ehemaligen Verwaltungsgebäudes „sind nahezu alle unsere Gebäude voll belegt“, konstatiert Uwe Klier zufrieden. Der AGVS-Industriepark, er floriert offenbar auch in schwierigen Zeiten.