„Die Kinder“, so sagt Jerome Jover, „sollten jetzt wirklich mal wieder ihre Teller leer essen.“ Warum ihn die Essgewohnheiten des doppelstädtischen Nachwuchses so interessieren? Jover ist Schwimmmeister im Villinger Kneippbad. Und damit ist er angesichts von Regenschauern und kühlen Temperaturen seit Tagen Herr über leere Becken und triste Liegewiesen. Blitzeblanke Teller wiederum sollen ja angeblich den Wettergott gnädig stimmen.
Wie auch immer, beim derzeitigen Wetter ist jedes Fünkchen Hoffnung gut. Von seinem Platz hoch oben in dem gelben Turm an der langen Seite des großen Beckens lässt Jerome Jover die Blicke schweifen.
Über ein Planschbecken ganz ohne Wasser, schon seit Tagen ist es verwaist, viel zu kalt für Wasserspiele. Über die fast unberührt glitzernde Oberfläche des großen Schwimmerbereichs. Das Wasser hat heute 24 Grad. „Selbst wenn nur zwei Leute schwimmen, passen wir auf die auf“, erklärt der Schwimmmeister.

17 Unerschrockene waren es zum Beispiel an diesem Morgen beim Frühschwimmen, zählt er auf. Knapp 200 Badegäste kommen derzeit täglich, schätzt er. Zum Vergleich: An heißen Sommertagen tummeln sich bis zu 3000 Menschen im Kneippbad. „Natürlich wirkt sich das regnerische Wetter unmittelbar auf die Besucherzahlen aus“, bestätigt auch Oliver Bauer, Pressesprecher der Bäderbetreiber Stadtwerke Villingen-Schwenningen (SVS).
Die Zwischenbilanz: Trotzdem eine sehr gute Saison
Bauer hat aber auch deutlich rosigere Zahlen zu bieten. „Dennoch erleben wir im Kneippbad ein sehr gutes Jahr bislang, denn wir hatten seit der Eröffnung rund 32.000 Besucher – rund 9.000 mehr als noch im vergangenen Jahr“, so der Pressesprecher. An den warmen und heißen Tagen, die der Sommer 2025 in VS ebenfalls schon zu bieten hatte, haben viele Menschen eine Abkühlung im Kneippbad gesucht.
„Ein bisschen trist ist das im Moment schon“, geben Jerome Jover und sein Kollege Martin Finkbeiner zu. Die meisten Badegäste kennen sie zur Zeit, ist mal ein Unbekannter dabei, sei es meist ein Urlaubsgast, kein Einheimischer.
Ohnehin, die Einheimischen: „Wenn es ein paar Tage regnet, brauchen die Doppelstädter in der Regel doppelt so lange, bis sie wieder ins Freibad kommen“, erzählt Jover, seit 32 Jahren Schwimmmeister, aus seinem reichen Erfahrungsschatz. Zwei Tage Regen bedeuten also beispielsweise, dass es nach vier Tagen erst wieder richtig losgeht. Der Grund: Angst vor kühlem Wasser und durchweichten Liegewiesen.
Apropos Erfahrungsschatz: Haben Sie schon einmal eine so lange Kälte-Regen-Rundum-Ekel-Periode mitten im Hochsommer erlebt, Herr Jover? „Wir hatten schon schlechtere Sommer“, beruhigt der Schwimmmeister. Und noch ein Lichtblick: „Abends wird‘s hier auch an schlechten Tagen oft schön, da kann man dann noch die letzten Sonnenstrahlen des Tages im Bad genießen.“
Und genug zu tun haben Jerome Jover und seine fünf Kollegen, die in Früh- und Spätschicht arbeiten, eigentlich bei jedem Wetter. An diesem Tag kommt zum Beispiel noch eine große Lieferung Chemikalien. Fast eine Tonne muss dann abgeladen und versorgt werden. Kleine Reparaturen auf dem riesigen Gelände oder Botengänge gibt es auch fast immer zu erledigen. „Man nimmt das aber auch ein bisschen als Erholung und zum Kraft tanken, wenn wieder stressigere Zeiten kommen“, so Jover.
Keiner will Pommes, Eis oder Fanta
Ein bisschen mehr Stress – das wünscht sich derzeit Ioannis Moissidis, Pächter des Freibad-Kiosks. Die grauen Tische und Stühle vor dem Kiosk sind verlassen, sie warten auf Besucher, die nicht kommen werden. Er habe heute ohnehin nur geöffnet, weil sich eine Schülergruppe angekündigt habe, erzählt Moissidis. Ansonsten sei der Kiosk seit Tagen geschlossen. „Die Leute kommen, schwimmen und gehen. Essen oder trinken will hier keiner etwas“, sagt er resigniert. „Wir können nur hoffen, dass es besser wird.“
Die Stadtwerke selbst haben angesichts der Wetteraussichten den geplanten Aktionstag im Kneippbad gestrichen, berichtet SVS-Sprecher Bauer. Die After-Work-Party wurde dagegen auf Ende August verschoben. „Wir sind guter Dinge, dass die Temperaturen nochmals steigen und damit auch die Besucherzahlen“, hofft Oliver Bauer.
„Wir werden auch wieder gutes Wetter haben“, sagt auch Jerome Jover, der Experte mit der jahrzehntelangen Erfahrung, voraus. Bis dahin nutzt er die Ruhe, um mit dem einen oder anderen Badegast auch mal in Ruhe ein kleines Pläuschchen zu halten. Das Thema? Ganz klar: Das Wetter!