Etwa 8000 Kilometer liegen zwischen Brigachtal und den Malediven, einer Inselgruppe im Indischen Ozean und Sehnsuchtsziel vieler Urlauber. Zwischen zehn und 14 Stunden dauert der Flug von Frankfurt zum maledivischen Flughafen Malé. Den wird auch Patrick Hoffmann im Oktober antreten. Dann fliegt er zurück zu seinem Arbeitsplatz, einem Fünf-Sterne-Resort auf den Malediven. Derzeit ist er in Villingen. Das Resort hat wegen der Coronakrise geschlossen.

Zurzeit ist Hoffmann in Villingen. Sein Resort hat Corona-bedingt geschlossen. Im Oktober fliegt er wieder auf die Malediven – so ...
Zurzeit ist Hoffmann in Villingen. Sein Resort hat Corona-bedingt geschlossen. Im Oktober fliegt er wieder auf die Malediven – so der Plan derzeit. Der Flug jedenfalls ist schon gebucht. | Bild: Matthias Jundt

Begonnen hat der Weg des 42-Jährigen in Brigachtal. Nach der Schule in Schwenningen ging er für ein Jahr nach New York, wo er hilfsbedürftige Kinder unterstützte. 1999 begann er seine Ausbildung zum Hotelfachmann im Maritim-Hotel in Darmstadt und die Tour um die Welt begann.

Wer denkt, dass Hoffmanns Weg vorgezeichnet war, täuscht sich. Immerhin besitzen seine Eltern bis heute ein Reisebüro in der Villinger Färberstraße. „Den Ausschlag für meinen Berufswunsch gab aber ein Oberkellner, den ich während eines Praktikums in Bad Dürrheim kennenlernte“, sagt der 42-Jährig, „der war so organisiert und durchgeplant. Das hat mich fasziniert.“

Das könnte Sie auch interessieren

In seinem Job muss Hoffmann genau diese Tugenden an den Tag legen: „Auf meinem Schreibtisch liegt nichts herum. Ich arbeite die Aufgaben am liebsten sofort ab.“ Ordnung und Disziplin sind im Luxussegment sehr wichtig, sagt er.

Bevor er in dieses einstieg, arbeitete er nach der Ausbildung zunächst bei der Show „Afrika Afrika“ im Einkauf, als Qualitätsmanager im Freizeitpark Phantasialand in Brühl und auf dem Kreuzfahrtschiff „Arosa Blue“.

Den Einstieg in das höchste Level der Gastronomie– und Hotelszene schaffte Hoffmann letztlich in München. Dort war er im Edel-Restaurant „Brenner“ in der Maximilianstraße tätig. Anschließend wechselte er nach Hamburg, wo er im legendären Hotel Atlantic anheuerte. Danach ging es nach St. Moritz in die Schweiz.

Anderes Land, neue Methoden

Nirgends war Hoffmann länger, als drei Jahre, überall mit im Gepäck hatte er seine Perfektion. Die versuchte er auch seinen Mitarbeiterin etwa in Slowenien, wo er in der Zwischensaison arbeitete, zu vermitteln: „Ich merkte da zum ersten Mal, dass ich mit meinen bekannten Methoden nicht weit kam.“ Die Mitarbeiter in Slowenien seien selbstständig und selbstbewusst. Sie hätten einen größeren Stolz auf das, was sie erreicht haben, und wollten dementsprechend wertgeschätzt werden. Führungskräfte, die das beherzigten, erreichten seiner Meinung nach viel mehr. Leider komme das noch zu selten vor. Deshalb sagt er: „Ich bin davon überzeugt, dass ein Großteil des Potenzials der Gesellschaft nicht genutzt wird.“

Hoffmann kümmert sich im Resort auch um die Fotos für Social Media. Nur selten ist er selbst auf Bildern zu sehen. Dieses hier ist die ...
Hoffmann kümmert sich im Resort auch um die Fotos für Social Media. Nur selten ist er selbst auf Bildern zu sehen. Dieses hier ist die Ausnahme. | Bild: Patrick Hoffmann

Sein eigenes Potenzial entfaltete sich dann in Berlin. Er nahm er eine Anstellung als Bankett-Leiter an – für ihn der Einstieg in die mittlere Management-Ebene. Drei Jahre blieb er, ehe es nach Vietnam ging: „Ich war im Hotel ,6 Senses‘ auf der sogenannten Teufelsinsel als Food-and-Beverage-Direktor (Speisen-und-Getränke-Direktor) tätig. Die Insel heißt so, weil sie mal als Gefängnis genutzt wurde.“

Die Mentalität vor Ort unterscheidet sich von der hiesigen: „Man kann einen Asiaten nicht anschreien. Das funktioniert nicht.“ Auch bei der Art der Abrechnung gibt es Unterschiede. Hoffmann: „In Deutschland sind wir es gewohnt, dass leere Teller oder Tassen sofort abgeräumt werden. In Vietnam wird dagegen alles auf dem Tisch gelassen, bis die Gäste fertig sind. Am Ende wird anhand der Teller und Gläser ermittelt, wie hoch die Rechnung ist.“

Mehr Idylle geht kaum. Was die Gäste im Resort nicht sehen, ist der Müll. Er ist ein riesiges Problem, mit dem die Malediven zu kämpfen ...
Mehr Idylle geht kaum. Was die Gäste im Resort nicht sehen, ist der Müll. Er ist ein riesiges Problem, mit dem die Malediven zu kämpfen haben. | Bild: Patrick Hoffmann

Zwei Jahre war er dort, ehe es über Stationen erneut in der Schweiz (in einem Rehahotel mit einem 26-Millionen-Franken-Weinkeller) und Berlin (im Schlosshotel „Grunewald“) vor einem Jahr auf die Malediven ging.

„Ich war zunächst skeptisch. Auf den Malediven sind die Menschen zu 100 Prozent muslimisch. Ich habe mich gefragt, wie ich als Nicht-Moslem aufgenommen werde.“ Dennoch wagte er den Schritt: „Ich stellte schnell fest, dass wenige streng religiös, aber dennoch stark verwurzelt in ihrer Religion sind.“

Viele Gäste werden per Wasserflugzeug zum Resort gebracht. Das kann aber nur starten und landen, wenn es noch hell ist.
Viele Gäste werden per Wasserflugzeug zum Resort gebracht. Das kann aber nur starten und landen, wenn es noch hell ist. | Bild: Patrick Hoffmann

Das für 80 bis 90 Millionen Dollar erbaute Resort, für das Hoffmann arbeitet, verfügt über 150 Villen und sechs Restaurants. Eine Nacht kostet in der günstigsten Kategorie 800 Euro für zwei Personen – all inclusive. Gäste werden häufig mit dem Wasserflugzeug zum Resort gebracht, der Anspruch ist hoch – vor allem an den Resort Manager.

„Private beach“: Resort-Gäste haben ihren eigenen Zugang zum Strand. Auf andere Gäste treffen sie nur, wenn sie es wollen.
„Private beach“: Resort-Gäste haben ihren eigenen Zugang zum Strand. Auf andere Gäste treffen sie nur, wenn sie es wollen. | Bild: Patrick Hoffmann

„Über mir ist nur der General Manager. Der ist vor allem für den finanziellen Aspekt verantwortlich. Ich kümmere mich um operative Belange, wie Reservierungsfragen, Lieferungen oder Beschwerden.“ Feierabend hat der Brigachtaler eigentlich nie.

Seine Wohnung befindet sich im Resort, wenn es etwas zu tun gibt, ist er zu erreichen. „Entspannung habe ich, wenn ich die Tür zu mache“, sagt er und lacht. Wenn Gäste ankommen beziehungsweise abreisen, beginnt sein Tag gegen 6.30 Uhr. Um 9 Uhr folgt das Morning Meeting, dann das Treffen mit den Mitarbeitern am Empfang sowie mit den Butlern. Anschließend folgt die Runde über das Resort, um nach dem Rechten zu schauen. Das Wohl der Gäste steht immer im Mittelpunkt. Der Arbeitstag endet gegen 17 Uhr – vorbehaltlich aller spontanen Einsätze danach.

Resort geschlossen

Wie Hoffmann leben auch die etwa 300 Mitarbeiter im Resort. Jeder von ihnen verdient 250 Dollar im Monat. Die Wohnungen wurden speziell für sie gebaut. Der Standard der Zwei- und Vier-Bett-Zimmer liegt laut Hoffmann über dem Durchschnitt auf den Malediven. Sogar eine Klimaanlage gibt es.

Das könnte Sie auch interessieren

Wegen der Coronakrise ist das Resort derzeit geschlossen. Hoffmann ist daher in Villingen. Hier bildet er sich fort, versucht auch unter anderem chinesisch zu lernen. Im September soll das Resort wieder öffnen, im Oktober – der Flug ist schon gebucht – will auch der Brigachtaler wieder hinfliegen. Die Voraussetzungen für Social Distancing sind laut Hoffmann gut im Resort. Neben mehrfachem Temperaturmessen, gebe es ausreichend Platz, viele Villen haben außerdem einen eigenen Zugang zum Strand.

Auch einen Privatpool haben die meisten Resort-Gäste.
Auch einen Privatpool haben die meisten Resort-Gäste. | Bild: Patrick Hoffmann

Dann muss er sich, neben dem steigenden Meeresspiegel – alle Inseln liegen rund einen Meter über dem Meeresspiegel – , auch wieder mit dem wohl größten Problem der Malediven auseinandersetzen. Die Inselgruppe öffnete sich 1972 dem Tourismus. Mit den Gästen kam der Müll und mit diesem das Plastik. Anfang der 90er-Jahre, überfordert vom Problem, begann die Regierung, den Abfall im Meer abzuladen. So entstand die Müllinsel Thilafushi. Heute wird sie häufig als höchster Berg der Malediven bezeichnet.

Ziel: plastikfrei

„Das ist ein riesiges Problem“ sagt Hoffmann. Das Resort selbst will bis 2025 plastikfrei sein. Einfach ist das aber nicht: „Die Schwierigkeit liegt in den Lieferketten. Das meiste wird in Styropor verpackt verschifft. Wir müssen hier erstmal eine geeignete Infrastruktur aufbauen.“ Immerhin: Resorts auf den Malediven müssen künftig regenerative Energienanlagen haben. Der 42-Jährige versucht in seinem Resort, Plastik zu recyclen (Ein Mehrwegsystem gibt es auf den Malediven erst seit diesem Jahr). Außerdem wurde begonnen, einen Gemüsegarten anzulegen und große Pumpflaschen zum Nachfüllen statt kleiner Duschgel- und Shampoofläschen zu verwenden. Hoffmann: „Das mag auf manche lächerlich wirken, es sind aber erste, kleine und wichtige Schritte.“

Nächster Halt: Bali

Sehr lange wird Hoffmann aber wohl nicht mehr auf den Malediven bleiben: „Mein Vertrag läuft noch ein Jahr. Ich würde danach gerne nach Bali in Indonesien.“ Unter seinem Lebensstil leiden, würden Freundschaften: „Ich habe Freunde, die haben aber in der Regel Familien und führen ein ganz anderes Leben. Wir telefonieren regelmäßig, auch mit der Familie. Aber klar, ich verpasse schon viele Ereignisse. Soziale Bindungen sind bei meinem Lebensstil schwierig.“ Eine Freundin hat er dennoch. Sie kommt aus Japan und ist Jazz-Sängerin: „Sie hatte sich im Hotel in Berlin vorgestellt. Ich habe sie engagiert. Seit zwei Jahren sind wir ein Paar.“

Sechs Restaurants hat Hoffmanns Resort, eines ist hier zu sehen.
Sechs Restaurants hat Hoffmanns Resort, eines ist hier zu sehen. | Bild: Patrick Hoffmann

Noch ist Hoffmann nicht müde, Neues zu entdecken, aber: „Irgendwann aber will ich ein Haus in Deutschland kaufen, mit einem großen Grundstück und viel Ruhe.“ Bis dahin ist es aber noch etwas hin und weil man nie weiß, wie es weitergeht, lernt er derzeit chinesisch: „Das ist aber verdammt schwer“, sagt er und lacht.