Ein Tennisball fliegt in den weitläufigen Garten. Gino und Luis rennen drauflos, glücklich wedelnd mit ihrem Schwanz. So schön hatten es die Hunde nicht immer gehabt. Beide lebten auf Griechenlands Straßen, hungrig und unsicher. Gerettet wurden sie von Tierschützern vor Ort und einem Villinger Verein. Die Helfer müssen den richtigen Riecher haben, damit die Vermittlung erfolgreich wird.
„Der Gino ist ein lieber, so wie Labradore eben sind – sehr sozial“, sagt Joachim Kaluza. Er habe seinen tierischen Freund vor drei Jahren durch einen Artikel im SÜDKURIER gefunden. Berichtet wurde von der Villinger Tierschützerin Clara Thiemann, die gerettete Straßenhunde aus Griechenland vorstellte. Das Foto von Gino habe Kaluza zur Anfrage bewegt, auch weil der Labrador dem verstorbenen Familienhund ähnlich erschienen sei.

In diesem Fall hat die Vermittlung ein gutes Ende genommen. Gino weicht Kaluza augenscheinlich nicht mehr von der Seite, außer wenn Luis zum Ballspiel herausfordert. Der Griffon-Mix sucht noch ein Für-immer-Zuhause. Aktuell lässt er es sich als Kaluzas Pflegehund gut gehen. Diese Aufgabe übernimmt der Halter als Gründungsmitglied von Herzenshunde Griechenland.
Den Verein hat die jahrelange Tierschützerin Clara Thiemann mithilfe ihres Netzwerks, Familie und Freunden 2024 erarbeitet. Ihre Mutter Bettina Thiemann betont, worauf alle Vereinsmitglieder bei der Vermittlung der Hunde achten – damit ihre Schützlinge in die richtigen Hände kommen.
Kennenlernen wird großgeschrieben, damit Hunde in gute Hände kommen
„Ein 70-Jähriger kriegt keinen Welpen, das ist klar“, sagt die Tierschützerin. Sie nehme die Interessenten genau unter die Lupe. Ihr sei es wichtig, dass der Hund nach Adoption bis ans Lebensende bei seinem Halter bleibe. Denn als Pflegestelle weiß sie, wie stark sich die Fellnasen an ihre Menschen binden.

Wenn ernsthaftes Interesse bestehe, werde ein Treffen in Villingen organisiert. „Die Leute kommen aus ganz Deutschland zu uns. Aus Schleswig-Holstein zum Beispiel. Die haben sich dann ein paar Tage freigenommen, um den Hund kennenzulernen“, erzählt Thiemann. Beim Gassigehen würden erste Informationen ausgetauscht, etwa über den Charakter des Vierbeiners.
Am Beispiel von Luis würde Thiemann den Interessenten erzählen, dass er auf sechs Jahre geschätzt werde. Er sei ein sehr sozialer Hund, ruhig, dankbar, auch neugierig. Als Griffon-Mix zähle er zu den Jagdhunden, die Training und Beschäftigung bräuchten. Mit Kindern könne er sehr gut umgehen – das werde intensiv auf der Pflegestelle getestet, so Thiemann.
Sie wünscht sich für Luis ein Paar, das sich Zeit nimmt. Denn es brauche Geduld, bis sich ein Hund an das neue Zuhause gewöhne. Starke Ängste hätte Luis nicht. „Das ist ein Vorurteil. Manche ältere Straßenhunde können natürlich einiges erlebt haben. Aber nicht jeder ist traumatisiert. Die Meisten finden schnell wieder Vertrauen zu Menschen“, weiß die Tierschützerin. Die Fellnasen würden sich mit der Zeit an ihr neues Umfeld gewöhnen. Anders wäre es bei stark traumatisierten Angsthunden, die der Verein gar nicht erst in Deutschland vermitteln würde.
Die Finanzen der Halter müssen stimmen
Nach dem Kennenlernen zwischen Menschen und Tier ginge es zum formalen Teil. Angaben etwa zu Wohnverhältnissen und zur finanziellen Lage müssten von Interessenten in der Selbstauskunft gemacht werden. „Futter, Tierarzt, alles wird teurer“, sensibilisiert Thiemann. Sie möchte, dass sich Menschen über anfallende Kosten im Klaren sind.

Luis sei zum Beispiel wegen eines Herzwurms in Behandlung. Das ginge wieder weg und sei nicht ansteckend, anders als andere Mittelmeerkrankheiten. Auf diese schwerwiegenderen Fälle seien die ehemaligen Straßenhunde schon in Griechenland untersucht worden.
Die Grundimpfungen erhielten auch Welpen. Alle Formalitäten für die Einreise nach Deutschland würden erfüllt. Darum kümmere sich laut Thiemann der wichtigste Kontakt des Villinger Vereins: Sofia Mavridou. Sie finde die Straßenhunde vor Ort, päppele auf, biete Unterschlupf und helfe bei der Vermittlung in Deutschland aus der Ferne. Telefonisch kläre die Tierschützerin die Interessenten über die Vorgeschichte der Hunde auf, soweit sie diese kenne.

Wenn alle Beteiligten am Vermittlungsprozess ein gutes Gefühl hätten, dann würden die Interessenten zu Hause von den Tierschützern besucht. Letztere würden sich einen Eindruck von den Räumen verschaffen. „Gibt es viele Treppen? Manche Hunde können ja keine mehr hochsteigen“, nennt Thiemann als Beispiel, worauf geachtet werde. Bei einer Nachkontrolle würden sie sich versichern, ob es dem Hund in seinem neuen Zuhause tatsächlich gut gehe.
„Bisher haben wir sehr gut fühlen können, ob es passt oder nicht“, sagt Thiemann mit einem Lächeln. Sie selbst als Pflegestation habe über 100 Hunde in den vergangenen 15 Jahren vermitteln können. Davon habe es zwei Rückläufe wegen entwickelter Allergie gegeben.
Die Hunde seien von Thiemann wieder aufgenommen und weitervermittelt worden. Im Tierheim würden die Fellnasen nicht landen. Denn die Tierschützerin weiß, wie voll es dort schon ist. Darum plane sie etwa im Tierheim Rottweil zu unterstützen: „Ich stelle mir gegenseitige Vermittlungshilfe vor.“