Am Samstag war ein unmissverständlicher Aufruf in den Tageszeitungen und Facebook zu lesen: „Wir appellieren eindringlich an alle Bürgerinnen und Bürger: Entscheiden Sie sich gegen eine Teilnahme an diesen ‚Spaziergängen‘ und für Werte wie Solidarität, Mitgefühl und Verantwortungsbewusstsein.“

Vier Namen fehlen

Darunter stehen: Der Name von Oberbürgermeister Jürgen Roth (CDU) und 35 VS-Gemeinderäten von CDU, SPD, Grünen, Freien Wählern und FDP. Es fehlen – was wenig verwundert – die drei Ratsmitglieder der AfD, Olaf Barth, Martin Rothweiler und Eduard Friesen sowie Rechtsaußen Jürgen Schützinger von der NPD.

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Und noch ein Name fehlt: Maria Noce, CDU-Stadträtin und Geschäftsführerin des Hospiz Via Luce in Schwenningen. Ja, sie steht ganz bewusst nicht dabei, sagt Maria Noce auf Nachfrage. Und: „Ich teile die Meinung von OB Jürgen Roth und dem Gemeinderat voll und ganz.“ Ebenso richtig sei es, bei den so genannten Spaziergängen Verstöße – etwa gegen die Maskenpflicht – zu sanktionieren.

„Wenn die Impfpflicht schon einen Eingriff in die Privatsphäre darstellt, dann muss sie für alle gelten.“
Maria Noce über ihre Beweggründe

Sie sagt aber auch: „Aus beruflicher Sicht will ich neutral bleiben.“ Die vor Kurzem beschlossene Impfpflicht für Mitarbeiter medizinischer Berufe stößt ihr sauer auf. „Ich bin geimpft und geboostert und absolut für die Impfpflicht“, sagt sie. „Aber die muss für alle gelten.“

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Mit AfD und NPD will sie nichts zu tun haben

Sie habe mit vielen Menschen aus dem Pflegebereich gesprochen, die bei den so genannten Spaziergängen der vergangenen Wochen dabei waren. Diese hätten sich dabei an alle Regeln wie Maskenpflicht und Abstand gehalten, viele seien geimpft. Gleichwohl hätten sie ihrem Ärger über die Corona-Politik Luft machen wollen. „Und denen will ich nicht einfach was verbieten“, erklärt Maria Noce ihre Beweggründe.

Mit einem Großaufgebot begleitet die Polizei seit Wochen an den Montagen die so genannten Corona-Spaziergänge in Villingen. Das Bild ...
Mit einem Großaufgebot begleitet die Polizei seit Wochen an den Montagen die so genannten Corona-Spaziergänge in Villingen. Das Bild entstand am 20. Dezember. | Bild: Matthias Jundt

Sie distanziere sich ausdrücklich von AfD und NPD und „will mit denen auch nichts zu tun haben“. Deshalb finde sie es auch richtig, dass die Polizei bei den getarnten Demos anwesend sei und durchgreife, wenn sich jemand nicht an die Spielregeln halte.

Pflegepersonal unter Druck

Dass für die Angehörigen aus Pflegeberufen die Impfpflicht ab 15. März gilt und für alle anderen nicht, ist für die 53-Jährige nicht nachvollziehbar. „Wenn die Impfpflicht einen Eingriff in die Privatsphäre darstellt, dann muss sie für alle gelten“, sagt sie. Das ohnehin schwer zu findende Pflegepersonal werde unter Druck gesetzt, während alle anderen machen dürften „was sie wollen“.

Ein Mann erhält seine Corona-Impfung. Maria Noce spricht sich ganz klar für eine Impfpflicht aus. Diese solle aber für alle gelten.
Ein Mann erhält seine Corona-Impfung. Maria Noce spricht sich ganz klar für eine Impfpflicht aus. Diese solle aber für alle gelten. | Bild: Marcus Brandt/dpa

Im Hospiz Via Luca beispielsweise muss sich jeder Besucher einem Schnelltest unterziehen, wenn er nicht gerade einen aktuellen negativen PCR-Test vorlegen kann. „Wir wissen doch alle, dass ein Schnelltest nur eine Momentaufnahme ist“, sagt Maria Noce. „Was ist denn, wenn ich ins Haus komme und mich beim Einkaufen davor schon infiziert habe?“

Betreuer lehnen Impfung ab

Hinzu käme, dass auch längst nicht alle Pflegebedürftigen geimpft seien. Es gebe genug Angehörige und gesetzlich bestellte Betreuer, die der Impfung eines von ihnen Betreuten nicht zustimmen würden. „Was mache ich denn mit diesen Menschen?“, fragt Maria Noce. „Soll ich sie vor die Tür setzen?“ Für sie ist deshalb klar: Nur eine allgemeine Impfpflicht werde die Pandemie beenden.