Der Unterrichtsalltag an den städtischen Schulen bietet in jüngster Vergangenheit wenig Grund zur Freude. Kaum sind die gravierendsten Corona-Beschränkungen vorüber, ächzen die Bildungsstätten unter wachsendem Personalmangel bei Lehrern und in der Ganztagsbetreuung.
Frustriert sind auch Eltern an der Golden-Bühl-Schule in Villingen. Dort hat die Stadt mit dem Start des neuen Schuljahrs Mitte September völlig unerwartet die Leiterin der Ganztagsbetreuung im Grundschulbereich abgezogen.
„Sie war das Herz und die Seele der Schule“, berichtet Sina Nonnenmacher. Sie ist Mutter eines Viertklässlers und hat die Arbeit der städtischen Mitarbeiterin über Jahre schätzen gelernt. „Sie hat für die Schule gebrannt und gelebt“, schildert Nonnenmacher den Eindruck vieler Eltern.
Reinigungskräfte als Betreuer?
Nach ihrer Versetzung, berichtet Nonnenmacher, gehe es bei der Ganztagesbetreuung „chaotisch zu“. Kinder, die betreut werden sollten, seien „vergessen“ worden. Grundschüler sollen von Personen an der Schule zum Teil unkontrolliert einfach abgeholt worden sein. Und: „Ich habe gehört, dass jetzt auch Reinigungskräfte auf die Kinder aufpassen“, berichtet die Mutter.
Warum die Teamleiterin der Ganztagsbetreuung nach 20 Jahren, angeblich gegen ihren Willen, von der Stadt versetzt wurde, wissen die Eltern nicht. Am Dienstag sind sie bei einem Elternabend über die vollendeten Tatsachen informiert worden.
Viele seien bestürzt gewesen, berichtet Sina Nonnenmacher. Die Hintergründe der Versetzung sind unklar. Von „Zwangsversetzung“ ist die Rede. Eltern vermuteten hier eine willkürlich agierende städtische Bürokratie. „Es ist wirklich bitter“, urteilt Sina Nonnenmacher. Angeblich hätten auch weitere Betreuungskräfte die Schule verlassen.
Auch Schulleitung bestürzt
„Auch für uns kam die Versetzung sehr überraschend. Wir sind ebenfalls sehr bestürzt“, bekundet Stephanie Schick, die Rektorin der Golden-Bühl-Schule. Erst am letzten Tag der Sommerferien habe die Stadt die Schulleitung darüber informiert, dass die Mitarbeiterin abgezogen wird.

Das Wort „Chaos“ nimmt die Schulleiterin nicht in den Mund. Doch sie sagt: „Wenn eine Person fehlt, die alles im Blick hatte, dann gibt es Lücken.“ Das verbleibende Team müsse sich nun neu sortieren. Die Schulleitung habe inzwischen die Eltern in einem Brief unterrichtet.
Sekundarstufe ganz ohne städtische Pädagogen
Aber auch in der Ganztagsbetreuung der Sekundarstufe ab Klasse 5 klemmt es gewaltig. Die Schule hat zum neuen Schuljahr die Nachmittagsbetreuung selbst übernommen. Es gibt kein städtisches Betreuungspersonal mehr für die älteren Schüler. „Die Stadt ist ganz raus“, berichtet Rektorin Schick.
Die Schulleitung hat in der Sekundarstufe daraufhin die gesamte Organisationsstruktur geändert. Die übliche Mittagspause für die Schüler von eineinhalb Stunden entfällt mangels Betreuungspersonal. „Die Schüler haben jetzt eine 20-minütige Vesperpause“, berichtet die Schulleiterin. Dann geht es nahtlos mit dem Unterricht weiter, um die Betreuung zu gewährleisten.
Wie es weitergeht, ist noch unklar. Rektorin Stephanie Schick hofft, dass sie nach den Herbstferien eine bessere Lösung bieten kann. „Daran arbeiten wir zielgerichtet mit der Stadt“, teilt sie mit.
Das bei der Stadt verantwortliche Amt für Jugend, Bildung, Integration und Sport (JuBiS), das von Stefan Assfalg geleitet wird, hält es nicht für geboten, die Öffentlichkeit und die Eltern über die Versetzung der städtischen Mitarbeiterin an der Golden-Bühl-Schule zu unterrichten. „Zu Personalangelegenheiten äußern wir uns grundsätzlich nicht“, beschied die städtische Pressestelle dem SÜDKURIER auf Anfrage.
„Akute personelle Vakanzen“
Generell räumt die Verwaltung aber größere Personalnöte in der Ganztagsbetreuung an der Schulen in städtischer Trägerschaft ein. „Derzeit bestehen akute personelle Vakanzen an verschiedenen Schulstandorten, auch im Bereich der Golden-Bühl-Schule“, bestätigte die Sprecherin der Stadtverwaltung, Oxana Zapf.
So sind aktuell an der Golden-Bühl-Schule, Haslachschule, Klosterringschule und Friedensschule nicht weniger als acht Stellen für pädagogische Fachkräfte unbesetzt, an der Golden-Bühl-Schule außerdem die Teamleitungs-Stelle.
Dies habe zur Folge, so Zapf weiter, dass an der Golden-Bühl-Schule „bis zu den Herbstferien lediglich eine eingeschränkte pädagogische Betreuung im Ganztagsbereich der Sekundarstufe vorgehalten werden könne“. Intensiv werde daran gearbeitet, die Lücken zu schließen. „Vorstellungsgespräche laufen auf Hochtouren.“
Löcher auch in der „Verlässlichen Grundschule“
Größere Lücken gibt es auch im Angebot der „Verlässlichen Grundschule“ in VS, mit der die Schulen die Betreuung zwischen 7 und 13 Uhr garantieren. Inzwischen nicht mehr für alle, die dies wünschen. „Aufgrund von zwei offenen Stellen an der Neckarschule gibt es derzeit eine Warteliste: Zwölf Schüler können bis zur Stellenbesetzung nicht betreut werden“, teilt die Stadt mit.
Und an der Warenbergschule in Villingen ist aktuell eine Stelle unbesetzt. Sechs Schüler können bis zur Stellenbesetzung nicht betreut werden. „Hinzu kommen krankheitsbedingte Ausfälle“, teilt die Stadt weiter mit.
Die Stadtverwaltung, so versichert die Rathaussprecherin, arbeite seit längerem „mit größtem Nachdruck“ an der Personalakquise im Bereich der Ganztagsschulen und der Verlässlichen Grundschulen, ebenso wie im Bereich der Kitas.
Derweil blickt Stephanie Schick, die Rektorin der Golden-Bühl-Schule, sorgenvoll auf den kommenden Winter. Schon jetzt ist die Personaldecke dünn. Doch was wird, wenn die nächste Corona- und Erkältungswelle so richtig zuschlägt?