Tempo 30 als Regelgeschwindigkeit in Villingen-Schwenningen außerhalb der Hauptverkehrsstraßen? Dieses emotionale Verkehrsthema steht nächste Woche erstmalig auf der Tagesordnung der Gremien des Gemeinderates.
Am Dienstag, 25. Januar, werden die Stadträte im Technischen Ausschuss das Thema vorberaten. Aus der Sitzungsvorlage wird allerdings deutlich: Die Stadtverwaltung steht dem Vorstoß der Gemeinderatsfraktionen von SPD und Grünen, die einen Beitritt zur „Städteinitiative Tempo 30“ beantragen, ablehnend gegenüber. Denn nach diesem Antrag soll sich die Stadt VS auch an dem „Modellversuch Tempo 30 als Regelgeschwindigkeit außerhalb der Hauptstraßen“ beteiligen.
Kommunen sollen selbst entscheiden
Diese Städte-Initiative, der bereits rund 70 Kommunen bundesweit beigetreten sind, spricht sich dafür aus, dass die Kommunen innerorts künftig selbst entscheiden dürfen, ob und wo sie Geschwindigkeitsbeschränkungen umsetzen wollen. Bislang entscheiden dies die Regierungspräsidien.
In dem Positionspapier der Initiative bekennen sich die Kommunen zur „Notwendigkeit der Mobilitäts- und Verkehrswende“, um die Lebensqualität in den Städten zu erhöhen.
Für Tempo 30 auf Hauptverkehrsstraßen
Gefordert wird seitens der Städte-Initiative vom Bund ein Rechtsrahmen, der es Kommunen künftig auch erlauben soll, Tempo 30 innerörtlich „auch auf Hauptverkehrsstraßen“ festsetzen zu können.

Außerdem plädieren die Kommunen für ein begleitendes Modellvorhaben, das die Auswirkungen von Tempo 30 auf den innerörtlichen Buslinienverkehr oder die Radverkehrssicherheit vertiefend untersucht.
Mehr Lebensqualität
Ulrike Salat, die stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Grünen im Gemeinderat, hat den Antrag kürzlich im SÜDKURIER wie folgt begründet: „Lärm für Anwohner reduzieren, Sicherheit für Fußgänger und Radfahrer erhöhen.“ Außerdem äußerte sie sich überzeugt: „Die Lebensqualität für die Anwohner an viel befahrenen Straßen steigt und die Schadstoffe in der Luft werden weniger.“
Problemfall öffentlicher Nahverkehr
Die Stadtverwaltung weist in ihrer Sitzungsvorlage allerdings darauf hin, dass mit einem weitgehenden Tempolimit 30 in der Stadt auch der Öffentliche Nahverkehr betroffen wäre. Die Buslinien müssten dann, zum Nachteil der Nutzer, ebenfalls auf Tempo 30 gedrosselt werden.
Im Unterschied zu Großstädten hätten die Nutzer in VS keine Möglichkeit, auf ein schnelleres Verkehrsmittel wie etwa S-Bahnen umzusteigen. Zum anderen, warnt die Stadt, müssten in diesem Falle alle Fahrpläne kostenintensiv umgestellt werden. Die Stadt beziffert diese Kosten auf mindestens 85.000 Euro.
Die Alternative: Wenn die Buslinien des ÖPNV von der Reduzierung auf Tempo 30 ausgenommen würden, könnte man sich diese Kosten sparen. Die Konsequenz wäre dann aber, dass in deutlich weniger Straßenzügen Tempo 30 umgesetzt werden könnte.
Kostspielige Neubeschilderung
Ein weiterer Kostenfaktor wäre die fällig werdende Neubeschilderung der Straßen. Wenn Tempo 30 zur Regelgeschwindigkeit würde, müssten zahlreiche Tempo-50-Zonen als Ausnahmen neu ausgewiesen werden. Laut Verwaltung würden überschlägig Kosten von rund 190.000 Euro fällig.
Fazit der Verwaltung: Positiv wäre es durchaus, wenn die Kommunen die Hoheit über die Geschwindigkeitsbegrenzungen bekämen, wie die Städte-Initiative dies fordert. Doch einen befristeten Modellversuch mit Tempo 30 als Regelgeschwindigkeit will die Stadt aufgrund der hohen Aufwendungen für Personal und Geld nicht befürwortet. Aber: Eine Unterstützung der Initiative „ohne Beteiligung am Modellversuch erscheint möglich und wird befürwortet“.
Skeptische Stimmen aus dem Rat
Ob die Fraktionen von SPD und Grünen eine Mehrheit für diese Initiative im Gemeinderat bekommen, wird eine spannende Frage. Nicht nur die Verwaltung ist skeptisch. Zwar haben die Fraktionen dieses Thema intern noch nicht diskutiert und Positionen bezogen. Doch einzelne Stimmen deuten darauf hin, dass es erhebliche Widerstände geben dürfte.
„Ich vermute, dass wir in dieser Sache mehr als skeptisch sind“, äußerte sich FDP-Fraktionssprecher Frank Bonath in einer ersten persönlichen Reaktion. Klaus Martin (CDU) will sich vorab noch nicht äußern. „Das ist ein Thema, dass man sehr sorgfältig abwägen muss“, betonte er.

„Es gibt manche Bereiche, da macht Tempo 30 Sinn“, erläuterte Andreas Flöß, der Fraktionsvorsitzende der Freien Wähler, seine persönliche Auffassung. Aber 30 Stundenkilometer als allgemeine Regelgeschwindigkeit lehne er ab. „Tempo 50 halte ich an vielen Stellen für angemessen und nicht zu schnell“, betonte er. Diese Geschwindigkeit innerorts habe sich „europaweit bewährt“.
Ablehnung auch von Olaf Barth (AfD). „Wir leben im 20. Jahrhundert. 30 Stundenkilometer ist was für Pferdefuhrwerke“, äußerte der Fraktionsvorsitzende. Er sei „mit der jetzigen Situation zufrieden“. Tempo 30 in Wohngebieten sei berechtigt, wenn es Gefahrenpotenziale gebe. Auf den Hauptverkehrsstraßen sollte weiter Tempo 50 gelten, das aber noch konsequenter als bisher überwacht werden müsste.