Fußball-Bezirksliga: Einst gefeierter Nationalspieler, an der Seite von Weltstars wie Samuel Eto’o Afrika-Cup-Teilnehmer bei den „unbezähmbaren Löwen“ Kameruns – und 2019/20 aufgrund seiner Biografie die schillerndste Figur in der Bezirksliga: Somen Alfred Tchoyi, der Neuzugang beim SC Konstanz-Wollmatingen.

Kameruner mit interessanter Geschichte

Der 36-jährige Ex-Profi tritt überaus zurückhaltend auf, macht aus seiner facettenreichen Vorgeschichte nicht viel Wirbel. Doch die ist es wert, erzählt zu werden. Der 1983 in Kamerun geborene offensive Mittelfeldspieler kam über Frankreich nach Norwegen, wo er 2007 Norwegischer Spieler des Jahres wurde. Ein Jahr später unterschrieb er beim FC Red Bull Salzburg. Nachdem er 2008 in der Nationalmannschaft von Kamerun debütiert hatte, folgte 2009/10 das wohl erfolgreichste Jahr im Dress der roten Bullen und wohl überhaupt in Tchoyis Karriere.

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Der Meistertitel in Österreich wurde verteidigt, in der Europa League wurde Salzburg nicht zuletzt durch die Tore des Kameruners ungeschlagener Gruppensieger, mit der Nationalelf nahm der österreichische Spieler des Jahres am Afrika-Cup teil. Bei West Bromwich Albion in der englische Premier League kam die Karriere ins Stocken. Im Januar 2013 sollte ein Neuanfang in der Bundesliga gelingen, beim FC Augsburg. Aber dort wurde er nur noch zwei Mal eingesetzt. Nach einem Abstecher nach Indonesien zog es ihn zurück nach Salzburg, zum SV Austria. Der Verein wurde insolvent, sein Vertrag 2016 aufgelöst.

Somen Alfred Tchoyi blickt nicht im Zorn zurück

Das klingt nach einer Geschichte über die Schattenseiten des Traumberufs Fußballprofi, über falsche Entscheidungen, falsche Berater, falsche Freunde. Aber Fragen in diese Richtung lenkt Tchoyi freundlich und elegant um. Zurückblicken im Zorn ist nicht sein Ding. Eher der positive Blick nach vorne, auch wenn dieser heute wohl bescheidener ausfällt als noch vor wenigen Jahren. Der ehemalige umjubelte Torjäger der „unbezähmbaren Löwen“ wurde im Pokalspiel des Bezirksligisten SC Konstanz-Wollmatingen beim SV Litzelstetten kurz nach der Pause eingewechselt.

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Sein neuer Trainer, Serdar Yalcinkaya, hat ein gutes Netzwerk. Und so kam ihm zu Ohren, dass der FC 08 Villingen im Januar einen Offensivspieler testete, der sowohl technisch als auch menschlich überzeugte. Wegen einer längeren Wettkampfpause mit konditionellen Defiziten kam er aber für die Oberliga nicht in Frage. Der Kontakt wurde geknüpft, eine Arbeitsstelle über einen Sponsor gefunden und so hofft Konstanz-Wollmatingen auf eine klassische Win-Win-Situation.

Tchoyi soll den „Unterschied ausmachen“

Mit der Erfahrung und dem Können des Ex-Profis sollen in der Bezirksliga nicht nur Tore gelingen, auch die Mitspieler sollen in ihrer Entwicklung profitieren. „Er ist ein total positiver Typ“, beschreibt SC-Coach Yalcinkaya ihn und ergänzt: „Ich erwarte von ihm, dass er den Unterschied ausmacht und den jungen Spielern hilft.“ Bisher, so bestätigen der Coach und Spieler, ist Somen ein echter Teamplayer, völlig ohne Allüren. Allerdings: „Konditionell ist er erst bei etwa 70 Prozent“, erwartet Yalcinkaya, dass sein neuer Star, der kein Star sein will, läuferisch zulegt. Auch in der Bezirksliga gelingen Tore nur, wer Laufduelle gewinnt.

„Ich will helfen, dass wir nach oben kommen“

Warum aber tut er sich das an, statt Wembley-Stadion Litzelstetter Entengraben? „Ich liebe Fußball! Und wenn ich den jungen Spielern helfen kann, bin ich glücklich“, sagt Somen Alfred Tchoyi. Und seine Mimik verrät, dass dies keine Floskel ist. „Wir haben einen guten Trainer und eine gute Mannschaft. Ich will helfen, dass wir nach oben kommen. Wenn wir konzentriert spielen, können wir aufsteigen“, wagt der 1,90 Meter große Offensivspieler eine Prognose. Aber auch abseits des Fußballplatzes soll für ihn ein neuer Abschnitt beginnen: Leben nach der Karriere als Star. Und da scheint Konstanz – „das ist eine schöne Stadt“ – eine gute Basis.