Eine Fußballer-Kariere kann schnell vorbei sein. Manchmal beginnt sie auch ganz unverhofft. Und manchmal passiert beides in der Reihenfolge gleichzeitig. Es ist 25 Jahre her, als eine Rote Karte das weitere Leben von Marco Langner maßgeblich prägte.
In der Jugend in Donaueschingen
Langner war seinerzeit ein gestandener Torwart, der seine Fähigkeiten in der Jugend im Schwarzwald beim FV Donaueschingen und danach beim SC Pfullendorf in der Oberliga erlernt hatte. Einer, der ganz nah dran war am Profifußball, der bei Borussia Dortmund vorspielen durfte und bei den Stuttgarter Kickers in der 2. Liga auf sich aufmerksam gemacht hatte.
Armin Veh und der Ärger um die Rote Karte
Nach zwei Jahren bei Waldhof Mannheim lautete seine neue Station 1997 SSV Reutlingen. „Es wurde viel Geld investiert und Armin Veh kam als Trainer“, erinnert sich Langner. Nach dem Aufstieg in die 2. Bundesliga spielte der SSV in Mönchengladbach auf dem Bökelberg. Langner kassierte einen Platzverweis, der Trainer Veh richtig sauer machte.

Veh eröffnete seinem Keeper, dass er „kein Pfund Vertrauen mehr“ zu ihm habe. Seine Zeit als Stammtorwart sei vorbei. Zumindest verzichtete Veh auf den kompletten Rauswurf, vielmehr sollte er als Torwarttrainer weitermachen. „Damit musste ich mich erst einmal anfreunden, aber es half ja nichts“, blickt Langner zurück.
Die Vorbilder im Fernsehen
Aufgeben kam nicht infrage. Und so arbeitete sich der Schlussmann in Trainingskonzepte ein. Torwarttrainer waren damals eine Seltenheit. Langner selbst hatte in seiner Jugend keinen und musste alles aus dem Fernsehen lernen.
„Man hat vor dem Fernseher gesessen und sich viel von Sepp Maier oder Toni Schumacher abgeschaut. Wie bewegen sie sich, wie hechten sie und wie stehen sie im Tor? Und dann hat man versucht, das auf dem Bolzplatz nachzumachen“, sagt Langner und lacht.
Es ist ein trister Novemberabend, der Ausflug in die Vergangenheit muss wegen der Corona-Pandemie am Telefon stattfinden. Langer wohnt inzwischen bei München, der zum Torwarttrainer degradierte Kicker, dessen Karriere im Schwarzwald-Bodensee-Raum begann, ist in der Szene längst als Experte anerkannt.
Robin Dutt und der Beginn der Reise
Zwar kämpfte sich der heute 51-Jährige noch einmal ins Reutlinger Tor zurück, die Erfahrungen, die er als Torwarttrainer gesammelt hatte, sollten ihm aber zugutekommen. Wie Langner, der von 1997 bis 2007 beim SSV Reutlingen spielte und zwischenzeitlich auch Spielertrainer war, gleichzeitig noch junge Torwarttalente förderte, beeindruckte Robin Dutt.
Der SC Freiburg als erste Station
Wieder so eine Begegnung, die sich als Lebenskreuzung herausstellen sollte. Der damalige Kickers-Trainer nahm Langner 2007 als Torwarttrainer mit zu seiner neuen Station, dem SC Freiburg. Dort nahm Langner den jungen Oliver Baumann unter seine Fittiche.
Dutt und Langner, das passte. Als Dutt, nach vier Jahren beim Sportclub, im Juli 2011 zu Bayer Leverkusen, damals noch regelmäßiger Champions-League-Teilnehmer, wechselte, nahm der Trainer seine Assistenten mit. „Das waren schon Höhepunkte, in der Champions League am Spielfeldrand zu sitzen, wie zum Beispiel in Barcelona – auch wenn man 1:7 verliert“, erinnert sich Langner mit einem Schmunzeln.
Eine schöne Zeit in Bremen
Ein Jahr später war die Station Leverkusen für Dutt nach mehreren Pleiten in Folge vorbei. Langner hätte bleiben können. Rudi Völler bot ihm an, weiter in Leverkusen zu trainieren, da er das junge Talent Bernd Leno aus der Jugend des VfB Stuttgart holte und betreut hatte. „Aber ohne Robin wollte ich nicht bleiben“, erinnert sich der 51-Jährige.
Wieder ist es Dutt ist, der ihn 2013 als Torwarttrainer mitnahm – dieses Mal nach Bremen. „Das war die schönste Zeit, die Norddeutschen sind herzlich richtig gut drauf. Wir haben uns da sehr wohl gefühlt“, erklärt Langner. Als Dutts Zeit dort im Oktober 2014 zu Ende ging, musste Langner ebenfalls seinen Hut nehmen.
Aufstieg mit den Schwaben
Doch die gemeinsame Reise war noch nicht zu Ende. Der Fußballlehrer, damals Sportdirektor beim VfB Stuttgart, holte Langner 2015 zu den Schwaben. „Ich bin Robin wirklich dankbar für das entgegengebrachte Vertrauen und unsere gemeinsamen Stationen“, erklärt Langner rückblickend über seine Reise durch die Bundesligen.
Als Dutt nach dem Abstieg der Stuttgarter in der Saison 2015/2016, gehen musste, blieb Langner in der Landeshauptstadt. Und konnte dadurch im Jahr darauf den Wiederaufstieg feiern – ein Spektakel, das sich in seine Erinnerung gebrannt hat. „Wenn man mit dem Doppeldecker-Bus durch die Massen fährt, auf der Bühne auf dem Gelände der Cannstatter Wasen steht und im Hintergrund die Fantastischen Vier spielen, ist das schon Wahnsinn“, strahlt der 51-Jährige noch heute über die Aufstiegsfeier.
Tim Walter und die Wende
Doch dann ist da noch die andere, unschöne Erinnerung an den VfB: Nach seinem Urlaub will Langner mit dem neuem VfB-Trainer Tim Walter wieder frisch ans Werk gehen, die Keeper der Schwaben auf die Saison 2019/2020 vorbereiten. Doch seine Zeit am Neckar ist vorbei, denn Walter brachte seinen eigenen Torwarttrainer mit. „Das war enttäuschend, aber das Fußballgeschäft ist leider so“, sagt Langner.
Seither ist er zwar vereinslos, aber noch immer aktiv. Den Sohn seines Trauzeugen betreut er, Hin und wieder, „einen 16-jährigen Burschen, der gierig alles aufsaugt. Er spielt bei Bayer Leverkusen„, erzählt Langner. Einer wie er kann das Schulen von Torhütern eben einfach nicht lassen – nachdem er es selbst gelernt hat, wegen einer Roten Karte im Trikot des SSV Reutlingen.