Alexander Herr, Sie sind nun seit rund 100 Tagen als kaufmännischer Geschäftsführer der Schwenninger Wild Wings tätig. Wie sind Ihre bisherigen Eindrücke?

Es sind schon einige Herausforderungen, mit denen man umgehen muss. Es herrscht eine gewisse Volatilität in diesem Geschäft. Dazu lag mein Einstiegsdatum einerseits am Ende des Geschäftsjahres, das gerade abgeschlossen wurde. Zum anderen ist die Zeit bis zum Start der nächsten Saison auch nicht sehr lang. Hier steht bis zum 25. Mai die Abgabe der Lizenzierungsunterlagen an. Dieses Thema ist für mich neu. Schön ist, dass wir tolle Partner haben. Das Team, mit dem ich arbeite, ist grundsätzlich auch sehr gut.

Welches waren bisher die größten Herausforderungen?

Man steht vor der Herausforderung des Wachstums, den man erreichen muss. Bessere Spieler werden nicht günstiger, der sportliche Erfolg hat seinen Preis. Meine persönliche Philosophie ist aber nicht, dass Geld Tore schießt. Ob man diese Philosophie immer so umsetzen kann, steht auf einem anderen Blatt und gehört natürlich auch mehr in den sportlichen Bereich.

Und wie sieht es im kaufmännischen Bereich aus?

Wir sind grundsätzlich schon recht stark „ausvermarktet“, was die Flächen angeht. Wir müssen und wollen aber trotzdem ein Wachstum erzielen. Da kommen die vielen, langjährigen Partner ins Spiel, die diesen Klub zu dem gemacht haben, was er jetzt ist. Die Herausforderung ist, diese Partner auf der Reise weiter mitzunehmen. Auf der einen Seite muss es eine gewisse Dankbarkeit geben, auf der anderen Seite muss man wachsen und mehr Einnahmen generieren.

Inwieweit spielen die Zuschauerzahlen eine Rolle?

Das ist ein wichtiges Thema. Ich habe mich dafür eingesetzt, dass wir die Ticketpreise stabil halten. Mein mittelfristiges Ziel ist es, dass sich die Zuschauer nicht immer bis kurz vor Spielbeginn sicher sein können, noch ein Ticket zu bekommen. Das hängt natürlich auch mit dem sportlichen Erfolg zusammen. Doch wir von der Management-Seite wollen dazu beitragen, mehr Begeisterung zu entfachen.

Wer oder wie haben Sie sich denn eingearbeitet?

Ich habe mich schon weitestgehend selbst freigeschwommen. Im Management sind Zahlen, Grundstrukturen immer ähnlich. Was ich vielleicht anders sehe, ist der Zuschauer als Kunde, den man zufriedenstellen sollte. Ich habe die letzten 15 Jahre nicht im Sport, sondern im Unternehmensbereich gearbeitet und habe deshalb einen anderen Blick auf die Kunden. Wie können wir den Fan mehr abholen und noch mehr gewinnen? Im Übrigen habe ich jegliche Unterstützung. Am Ende des Tages bin ich aber der Geschäftsführer und man erwartet zurecht von mir, dass ich die Entscheidungen treffe.

Wird gerade diese Fanbindung und Sponsorenbindung ein Hauptaufgabenbereich sein?

Man hat hier schon viel Gutes gemacht in den letzten Jahren. Die VIP-Räume sind großartig. Auch die Stimmung ist toll. Für mich geht es darum: Wie bekommen wir mehr Zuschauer, wie schaffen wir noch mehr Begeisterung und wie holen wir unsere Zuschauer noch mehr ab? Wir haben eine tolle Fanbasis, aber eben auch noch Potenzial für ein häufiger volles Stadion. Hier gilt es Ideen zu haben, zu besprechen und weiterzuentwickeln. Ich bin selbst ein Stadionmensch. Ich liebe volle Stadien und dieses Gänsehautgefühl. Ich möchte Menschen dieses schöne Gefühl näher bringen.

Können Sie uns schon an Ideen teilhaben lassen?

Öffentlich möchte ich da nicht zu konkret werden. Es geht zum Beispiel um Themen wie Digitalisierung oder Dauerkartenübertragbarkeit, aber auch um den großen Bereich An- und Abreise. Gerade beim öffentlichen Nahverkehr gibt es vielleicht noch Potenzial, manches zu optimieren. Es geht insgesamt ja nicht darum, auf einen Schlag tausend Zuschauer mehr zu haben. Mit vielen kleinen Konzepten lässt sich einiges erreichen.

Wird es denn auch Aktionen für die Fans außerhalb des Stadions geben?

Da ist einiges in der Planung. Wir werden da eine engere Kooperation mit der Stadt anstreben. Mehr kann ich dazu noch nicht sagen. Es gab bereits Gespräche mit der WTVS (Wirtschaft und Tourismus Villingen-Schwenningen), wir wollen näher zusammenrücken.

Wie stellt sich der Sponsorenbereich dar?

Gut. Manche Partnerschaften werden ausgebaut, manche Partner kommen neu dazu. Es wird einen neuen Trikotsponsor geben, eventuell kommt ein Zweiter hinzu. Einige Partner werden ihre Verträge auch aufstocken.

Womit sich dann direkt die Frage nach dem Etat anschließt. Konnten die Wild Wings den Etat erhöhen?

Ich sage mal so: wir sind schon auf einem guten Niveau. Wir dürfen uns im Ligavergleich nicht zu klein machen. Wir versuchen aber, den Etat auszubauen, zum Beispiel durch teurere Werbeflächen. Dabei darf und sollte man aber gerade seine langjährigen Partner nicht unter Druck setzen. Wir sind in vielen guten Gesprächen.

Sie tragen als früherer Skisprung-Weltmeister einen über die Stadtgrenzen hinweg bekannten Namen. Hilft es bei Gesprächen mit den Partnern, ein Sport-Promi zu sein?

Ich würde es nicht unbedingt am Namen festmachen. Die Leute wissen, dass ich aus dem Sportbusiness komme und gleichzeitig kennen sie meine berufliche Erfahrung im kaufmännischen Bereich. Man kann sich dadurch oft auf Augenhöhe unterhalten, man hat ein im positiven Sinne sehr professionelles Verhältnis zueinander.

Wie sehen Sie den kaufmännischen Bereich und die Verwaltung bei den Wild Wings generell aufgestellt?

Die Aufgaben sind sehr vielfältig, vieles davon sieht man von außen gar nicht. Und wir sind nach den Abgängen von Gabriel Federolf und Kai Herpich, die sich persönlich verändern möchten, sicher nicht überbesetzt. Als ehemaliger Unternehmensberater versuche ich aber, auch Prozesse effizienter zu machen, da haben wir bereits einiges umgestellt. Grundsätzlich möchte ich das Unternehmen effizient und natürlich im Team führen.

Wie sollen sich die Wild Wings in der Zukunft darstellen, wie soll man sie wahrnehmen?

Ich weiß nicht, ob dieser Vergleich den Anhängern so gefällt, aber ich würde die Wild Wings gerne als SC Freiburg des Eishockeys sehen. Das ist für mich einfach plakativ. Ich werde dafür alles reinlegen, was ich habe, all mein Wissen und meine Leidenschaft. Ich bin aber auch professionell genug, andere Wege einschlagen zu können, wenn diese Philosophie eben nicht umsetzbar sein sollte.

Was sind die Hoffnungen und Erwartungen für die kommende Saison?

Ich erhoffe mir durchschnittlich mehr Zuschauer, dazu setze ich auch auf die Fanklubs als Partner und Hilfe. Und da ich immer noch ein Sportlerherz habe, wünsche ich mir eine Platzierung im Mittelfeld. Oder, warum nicht weiter vorne? Wieso denn nicht einfach auch mal träumen? Man muss sich Dinge zutrauen.

Fragen: Tina Fröhlich