Eishockey: Für ihn war das Thema „Mannschaftsaufstellung“ in den letzten Monaten sicherlich eines der spannendsten. Denn Marius Möchel kann gefühlt überall spielen. Der Allrounder der Wild Wings gehört nicht nur deshalb schon jetzt zu den Gewinnern dieser Saison.

Er musste lange warten. Es galt geduldig zu sein, zu überlegen und nicht zu verzagen. Für Marius Möchel war der vergangene Sommer sicherlich einer der schwierigsten in seinem bisherigen Leben. Von seinem vormaligen Arbeitgeber, Grizzlys Wolfsburg, hatte der 29-Jährige kein Vertragsangebot mehr erhalten. Zudem musste er sich von seiner dritten schweren Verletzung innerhalb der letzten zwei Jahre erholen.

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Und dann auch noch die Pandemie. Etliche Eishockey-Profis standen im Frühsommer letzten Jahres vor einer unsicheren Zukunft. „Es waren harte Zeiten. Meine Verletzung hat mich den ganzen Sommer über begleitet, dazu kam Corona. Allerdings hatte ich lange das Gefühl, dass ich wieder einen Job in der Top-Liga bekommen werde. Das hat mir auch mein Ex-Manager gesagt und auch andere Berater haben das so vermittelt“, erinnert sich Marius Möchel.

Aber die Angebote kamen nicht. Der langjährige DEL-Profi, der bereits neun Saisons bei den Topklubs Hamburg Freezers, Nürnberg Ice Tigers und zuletzt in Wolfsburg absolviert hatte, stand plötzlich auf der Straße. „Irgendwann kam der Punkt, an dem man sich Gedanken macht, wie es überhaupt weitergeht. Ich habe auch überlegt, ob das mit dem Eishockey noch sinnvoll ist, oder ob ich einen anderen Weg einschlagen soll. Die meisten Klubs wussten einfach selbst nicht, wo es hingeht. Da muss man sich auch andere Gedanken machen“, beschreibt Möchel seine damalige Situation. In diesen Wochen hat er alle Möglichkeiten durchgespielt, auch ein Karriere-Ende tauchte als Option auf. Schließlich hat der gebürtige Nürnberger eine junge Familie, muss also nicht nur sich, sondern auch die Seinen absichern.

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Auch deshalb hat der Franke neben der sportlichen Karriere seit geraumer Zeit an seinem zweiten Standbein gearbeitet. Vor Kurzem hat er für sein Fernstudium im „International Management“ seine Bachelorarbeit geschrieben. Möchel wäre also nicht gänzlich ins Bodenlose gefallen. Doch der Stürmer war sich auch immer sicher, dass er noch gut genug ist für die erste Liga. „Deshalb habe ich nicht so ganz konkret ans Aufhören gedacht. Ich wollte schon noch weiter Eishockey spielen.“

Tatsächlich ging eine Tür auf, die im Regelfall sicherlich nicht die erste Wahl gewesen wäre für einen zweifachen National- und 458-fachen DEL-Spieler. Doch Marius Möchel unterschrieb im Oktober einen Vertrag beim Oberligisten VER Selb. „Das war ziemlich verrückt. Es gab einen Kontakt über zwei Ecken. Ich wurde gefragt, ob ich nicht Lust hätte, nach Selb zu kommen. Natürlich habe ich auch erst mal geschluckt und geschmunzelt. Aber es sind eben andere Zeiten. Die Nähe zu meinem Heimatort hat auch eine Rolle gespielt. Selb hat zudem Ambitionen Richtung DEL 2 und das Finanzielle hat ebenfalls gepasst“, berichtet der Stiefbruder von Nationaltorhüter Niklas Treutle. Marius Möchel sah es als Chance, wieder richtig fit zu werden, zu sehen, wie es dem operierten Handgelenk geht. Aber der Vertrag beinhaltete auch eine Ausstiegsklausel für die DEL.

Im Dezember kam der Anruf der Wild Wings und Familie Möchel zog zum vierten Mal innerhalb eines Jahres um. „Ich habe sofort die Wertschätzung gespürt. Niklas Sundblad hat mir zudem gesagt, dass er meine Spielweise mag. Man hatte wohl schon letzten Sommer über meine Verpflichtung nachgedacht, aber es waren finanziell ungewisse Wochen“, erzählt der Linksschütze über den erneuten Wechsel.

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Mittlerweile haben sich der Papa, Ehefrau Nicole und der acht Monate alte Sohn Leon in Donaueschingen häuslich eingerichtet. Auch wenn dies in Pandemie-Zeiten ebenfalls völlig anders vonstatten gehen musste. „Die ganze Integration läuft etwas schleppender, wenn man sich außerhalb des Stadions quasi überhaupt nicht treffen kann. Meine Frau würde die Partnerinnen meiner Teamkollegen gerne schneller kennenlernen. Aber die Mannschaft hat mich super aufgenommen und wir fühlen uns als Familie sehr wohl hier“, sagt „Möchi“. Derzeit finden lose Gespräche mit den Wild Wings über eine Fortsetzung der Zusammenarbeit statt. „Es gibt noch nichts Konkretes. Wir werden sehen, wie es in den nächsten Wochen weitergeht.“

Im Augenblick geht es ohnehin erst mal um die sportlichen Aussichten. Es stehen harte und entscheidende Wochen für die Schwenninger an. Sie wollen Platz vier unbedingt verteidigen. „Ich persönlich bin sehr zuversichtlich. Wir haben uns als Mannschaft gefunden und einen guten Zusammenhalt. Wir haben außerdem ein sehr gutes Trainerteam und sind absolut fit. Ich bin sicher, wir können die Playoffs anpeilen“, meint der Allrounder. Bei den Wild Wings hat er bislang sowohl im Sturm als auch in der Abwehr gespielt. Marius Möchel – ein Mann für alle Fälle. Es wird spannend bleiben, auf welchen Positionen er noch eingesetzt wird.