Eishockey: Es ist Donnerstag, der 13. März 2025. Um 21.55 Uhr geht in der Arena Nürnberger Versicherungen eine große Karriere zu Ende. Realisiert hat Daryl Boyle diese Tatsache aber erst in den letzten Tagen und Wochen.

Nach dem dritten und letzten Spiel in der ersten Playoff-Runde der Deutschen Eishockey Liga (DEL) zwischen den Schwenninger Wild Wings und den Nürnberg Ice Tigers standen am Ende zwei Dinge fest: Für die Schwaben war die Saison 2024/25 nach der zweiten Niederlage in der Best-of-Three-Serie vorbei.

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Die Wild Wings hatten sich gut geschlagen, es blieb allerdings ein wenig das Gefühl, dass auch mehr drin gewesen wäre.

Vielleicht war es dieser Umstand und das so knappe Aus der Schwäne, was Daryl Boyle zunächst einfach im Moment bleiben ließ. Rund eine halbe Stunde später aber flossen beim Deutsch-Kanadier die Tränen.

In diesen Minuten auf dem Parkplatz vor der Nürnberger Arena vor dem Schwenninger Mannschaftsbus wurde Boyle das erste Mal klar: „Das könnte mein letztes Spiel gewesen sein“, wie der 38-Jährige seinerzeit sagte.

Zwei Monate sind seither vergangen, die Wild Wings planen kräftig an der kommenden Spielzeit, die meisten Profis sind bereits wieder im Training. Das ist Daryl Boyle auch, allerdings ganz anders. „Ja, ich gehe schon ins Fitnessstudio, aber ich mache deutlich weniger.

Mir fehlt das harte Sommertraining auch überhaupt nicht“, berichtet der Ex-Nationalspieler lachend. Das stramme Training überlässt er derzeit seiner Frau. „Sie arbeitet hart für einen Fitnesswettbewerb, an dem sie teilnehmen will“, erklärt der Ehemann.

Dwan Boyle hat nun Zeit für ihre eigenen Hobbies, Papa Daryl kümmert sich derweil um die beiden Söhne Brees und Bray. Der fünfjährige und sein drei Jahre jüngerer Bruder genießen die Stunden mit „Dadda“, kennen es aber aus den letzten Jahren zwischen April und Juli auch nicht anders.

In der Eishockey-Pause war der Vater schon immer deutlich mehr zuhause. „Ich bringe sie in den Kindergarten und hole sie auch wieder ab. Wir haben zuletzt viel miteinander unternommen. Nach dem Saisonende waren wir auch noch ein wenig in Schwenningen, haben noch einige Ausflüge gemacht“, erzählt Boyle über die vergangenen Wochen.

Kurz vor dem Heimflug nach Lethbridge vor den Toren von Calgary stattete die Familie zudem ihrem ehemaligen Wohnort einen Besuch ab. In München lud der EHC Red Bull, für den der Abwehrspieler neun Jahre gespielt hatte, zu einem Playoff-Spiel ein, ehrte seinen ehemaligen Rekordspieler (514 Spiele) vor der Partie.

„Das war noch mal sehr schön, aber nicht mehr wie in Schwenningen kurz davor. Die Verabschiedung in der Helios Arena hat mich echt emotional angefasst. In München war es in gewisser Weise auch ein Abschied aus Deutschland“, berichtet Boyle.

Zumindest für einen gewissen Zeitraum werden der Ex-Profi und seine Familie ihre langjährige Heimat nicht wiedersehen. Ein Besuch ist aber sehr bald geplant. Immerhin ist Deutschland für die beiden Jungs beinahe mehr als ihr zweites Zuhause.

„Sie haben es im Augenblick noch nicht realisiert, dass wir nicht zurück gehen werden. Brees haben wir es erklärt, doch vermutlich wird er es erst im Juli verstehen. Bray ist ohnehin noch zu klein“, sagt Boyle.

Keine leichte Entscheidung

Doch auch für den Vater ist und war es keine einfache Situation. Dem ehemaligen deutschen Nationalspieler, der mit dem DEB-Team 2018 die olympische Silbermedaille gewann, ist die Entscheidung über sein Karriereende nach 18 Jahren nicht leicht gefallen.

„Mittlerweile ist es klar und ich habe meinen Frieden damit gemacht. Ich liebe Eishockey, aber ich möchte nicht mehr spielen“, ist der Entschluss aber inzwischen unumstößlich.

Der Blick geht deshalb in die Zukunft. Boyle möchte dem Eishockey auf jeden Fall erhalten bleiben, gerne als Trainer. Derzeit hilft er in diversen Eishockeycamps, hat sich aber auch bei einigen Klubs in der näheren Umgebung beworben.

Zudem schaut er sich die WM im Fernsehen an und freut sich über jeden deutschen Sieg. „Na klar drücke ich Deutschland die Daumen, schließlich kenne ich fast alle Jungs. Selbst in einem Finale gegen Kanada müsste ich überlegen“, so Boyle grinsend.

Und natürlich weiß der Ex-Schwenninger auch, wie es derzeit um die Wild Wings bestellt ist. „Ich habe mitbekommen, dass gerade sehr viele junge Spieler geholt wurden. Das ist gut, sie sind die Zukunft“, sagt Boyle und schaut auch in diesem Fall eher nach vorne und nur ein bisschen zurück.

„Ich hatte selten so viel Spaß wie in den beiden Jahren in Schwenningen. Ich werde mir ab September so viele Spiele wie möglich im TV anschauen.“

Testspiel gegen die ZSC Lions

Die erste Chance dafür ergibt sich am 16. August. Zum ersten Testspiel kommen die ZSC Lions in die Helios Arena. Anschließend bitten die Schwenninger zur Saisoneröffnungsfeier auf der benachbarten Möglingshöhe. Auch der finale Test vor dem Saisonstart am 12. September steht fest. DEL-Konkurrent Augsburger Panther kommt am Sonntag, den 7. September an den Neckarursprung. Spielbeginn ist um 15 Uhr.