Daniela, haben Sie ihren bronzenen Medaillengewinn schon realisiert?

Mittlerweile schon. Manchmal ist es noch ein bisschen surreal und ich sage mir mit einem Grinsen: „Verdammt, ich hab die Medaille geschafft.“

Die ersten Minuten nach dem Zieleinlauf bei den Winterspielen in Peking waren eine emotionale Achterbahnfahrt. Können Sie beschreiben, was Ihnen da alles durch den Kopf ging?

Emotionale Achterbahnfahrt trifft es ganz gut. Nachdem ich als Vierte über die Ziellinie fuhr, war ich enttäuscht und traurig. Ich habe den drei anderen gratuliert und versucht, das Ganze schnell zu verarbeiten. Da bricht eine kleine Welt zusammen. Als es hieß, es gibt einen Videobeweis, dachte ich nur: Warum lasst ihr mich nicht einfach gehen? Ich will einfach nur raus. Das lange Warten kostete viel Kraft und Geduld.

Dann folgte die Nachricht, dass Sie doch eine Medaille gewonnen haben, weil Fanny Smith disqualifiziert wurde. Viele Skisport-Fans waren beeindruckt, weil Sie die Schweizerin sogar verteidigt haben. Lag dies am guten Verhältnis unter den Skicrossern oder an Ihrer persönlichen Einstellung?

Ich konnte die entscheidende Szene zu diesem Zeitpunkt gar nicht einschätzen, weil ich ja bei den Rennen keinen Rundumblick habe. Für mich war der Ablauf okay, weil es im Skicross oft solche Zweikämpfe gibt.

Nicht jeder hätte sich so fair verhalten. Was antworten Sie jemandem, der sagt, Sie hätten sich dadurch um die Medaille bringen können?

Ich konnte anfangs nicht verstehen, warum die Jury so entschieden hat, und wollte deshalb keine unfaire Medaille gewinnen. Als ich abends die TV-Bilder sah, wurde mir klar, dass die Jury richtig lag.

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Fanny Smith kritisierte diese Entscheidung scharf. Für Sie nachvollziehbar?

Ich denke, für sie war die Einschätzung im ersten Moment ähnlich wie bei mir. Wäre es anders herum gewesen, hätte mein Team vielleicht auch alles gegeben, um die Entscheidung anzufechten.

Wie groß war Ihre Nervosität vor dem großen Finale? Wesentlich größer als bei einem normalen Weltcup-Rennen?

Es war ähnlich. Ich bin die olympischen Rennen so angegangen, als wäre es ein Weltcup. Dadurch konnte ich auch die Nervosität zumindest einigermaßen kontrollieren.

Dachten Sie am Start daran, dass Sie jetzt sogar Olympiasiegerin werden können?

An Olympiasieg direkt nicht. Ich habe mir aber immer wieder gesagt, dass ich alles geben werde, um so weit wie möglich vorne zu landen.

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Wie ausgiebig konnten Sie Ihren Erfolg in China feiern?

Wir konnten richtig gut feiern. Im Hotel, in dem wir untergebracht waren, gab es eine Lounge eines deutschen Sponsors. Da unsere nordischen Kombinierer an diesem Tag Silber gewonnen hatten, wurde gemeinsam gefeiert.

Motiviert so etwas zusätzlich, wenn man täglich hautnah sieht, wie deutsche Medaillengewinner empfangen werden?

Definitiv. Es war zum Beispiel sehr bewegend, als Kombinierer Vinzenz Geiger nach seinem Olympiasieg ins Hotel kam. Da wird der eigene Traum von einer Medaille noch größer.

Beim Skiclub Urach war am Renntag von frühmorgens bis abends Daniela-Maier-Party. Haben Sie davon etwas mitbekommen?

Erst danach. Gemeinsam die Rennen zu schauen, war eine coole Idee. Einfach mega.

Sie hatten Anfang Februar noch gesagt, dass Sie in und um Peking keine Olympischen Spiele erwarten, wie man sie sich als Kind erträumt hat. Kam es am Ende auch so?

Anders als erwartet habe ich doch noch einiges mitbekommen. Ich war unter anderem bei den deutschen Erfolgen bei der Langlauf-Staffel und beim Mannschaftsspringen.

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Welche Eindrücke nehmen Sie von den Olympischen Spielen neben Ihren Rennen noch mit?

Sehr viele. Ich war auch bei der Abschlussfeier dabei. Das war extrem cool. Gigantisch war die Medaillenzeremonie. Ich hab schon geweint, bevor ich aufs Podium durfte. Für mich hatte diese Zeremonie etwas Magisches und Einzigartiges.

Sie gewannen die erste Olympische Medaille für die deutschen Skicrosser überhaupt und die erste einer alpinen Sportlerin aus dem Schwarzwald seit 86 Jahren. Wie stolz macht das?

Unheimlich stolz. Man hört immer von anderen Sportlern, dass sie Geschichte geschrieben haben. Nun habe ich es selbst geschafft. Das ist irgendwie verrückt.

Was glauben Sie: Wird dieser Erfolg Ihr Leben verändern?

Schwer zu sagen. Das Medieninteresse wurde in den vergangenen Tagen um einiges größer. Charakterlich wird mich das nicht verändern. Ich bin immer noch der gleiche Mensch. Vielleicht habe ich jetzt in den Rennen mehr Selbstvertrauen.

Snowboardcrosser haben bei Olympia und Weltmeisterschaften im Mixed-Wettbewerb eine zweite Medaillenchance, Skicrosser jedoch nicht. Wie sehr bedauern Sie das?

Es wäre wünschenswert, wenn ein Mixed- oder ein Team-Wettkampf auch bei uns kommt. Es gibt ja im Wintersport kaum noch Disziplinen ohne solche Wettbewerbe.

Furtwangen, Vöhrenbach und der Skiclub Urach planen zeitnah einen Empfang der Bronzemedaillengewinnerin in Ihrer Heimat. Wie sehr freuen Sie sich darauf?

Ich finde das großartig, hoffe aber, man macht sich keinen zu großen Aufwand. Ich freue mich auf jeden Fall tierisch darauf, meine Familie und die Freunde zu sehen.

Fragen: Christof Kaltenbach