Fußball-Oberliga: In gewisser Weise war es ein Statement, mit dem Geschlossenheit demonstriert werden sollte. Als die Stuttgarter Kickers in den Friedengrund kamen, standen nicht weniger als 25 Spieler auf dem Spielberichtsbogen. So viele, dass die Sitze für eigentlich vorgesehene Reservisten gar nicht mehr ausreichten und daneben zusätzliche Plätze in Form von Bierbänken geschaffen werden mussten. Denn es kam zusätzlich noch die restliche Entourage mit Trainern um den neuen Chefcoach Mustafa Ünal, dem sportlichen Leiter sowie den restlichen Verantwortlichen dazu. Nur mal zum Vergleich: Beim FC 08 Villingen waren es, allein was die Akteure betrifft, sieben Spieler weniger. Und noch nie zuvor in dieser Saison hatten die Blauen ein solch großes Aufgebot bei einem Spiel mit dabei.

In gewisser Weise zeugt dies aber auch von der angespannten Lage in Stuttgart. Nach der Freistellung von Ramon Gehrmann als verantwortlicher Mann an der Seitenlinie ist nun eindeutig die Mannschaft in der Pflicht. „Ich denke schon, dass damit ein klares Zeichen gesetzt werden sollte“, befand Villingens Cheftrainer Marcel Yahyaijan angesichts des Überangebots an Spielern beim Gegner. Mit einem Schmunzeln berichtete er von seiner eigenen Überraschung: „Da sind zwei komplette Mannschaften aus dem Bus gestiegen.“

Dieses Signal wurde von den Kickers offenbar verstanden. „Gerade in der ersten Halbzeit hat uns Stuttgart früh angelaufen und dadurch enorm unter Druck gesetzt. Wir dagegen haben so gut wie keine Lösungen gefunden“, musste Yahyaijan neidlos anerkennen. Hinzu kam der Vorteil, dass die Gäste diese Überlegenheit zu einer frühen Führung nutzten, was bei den Stuttgartern wie ein Befreiungsschlag wirkte. „Das hat ihnen zusätzliches Selbstvertrauen gegeben“, weiß auch Yahyaijan. Sein Kollege Ünal betonte sichtlich erleichtert nach seiner Premiere: „Danach haben wir uns in eine Art Rausch gespielt. Bis auf das zweite Tor ist nahezu alles gelungen.“ Den Sieg wollte er allerdings weniger an der Person des Übungsleiters, als vielmehr an seinem Team festmachen.

Auch Yahyaijan stellte lieber die positiven Aspekte beim FC 08, der in dieser Saison erstmals die Marke von 1000 Besuchern in der MS Technologie-Arena knackte, in den Vordergrund. „Wir haben uns im zweiten Durchgang gefangen. Jeder hat sich extrem reingeworfen und Stuttgart war nicht mehr derart dominant. Allerdings hat bei uns die Durchschlagskraft gefehlt“, lautete sein Fazit. Trotzdem kam er nicht umhin, auf zwei Dinge hinzuweisen. Nach Freiberg war es das zweite Mal, dass Villingen an einem Mittwoch gegen die nominellen Top-Favoriten der Liga antreten musste. „Während bei uns Spieler direkt von der Arbeit kommen, können sich die Profi-Teams optimal vorbereiten“, erklärte Yahyaijan. Ohne dies als Ausrede verstanden wissen zu wollen.

Zu Gast in Ravensburg

FV Ravensburg – FC 08 Villingen (Samstag, 14 Uhr). Diese körperliche Belastung macht die kommende Auswärtsaufgabe umso schwieriger. „Uns steckt das Spiel gegen Stuttgart mit Sicherheit noch in den Knochen, Ravensburg dagegen wird ausgeruht sein“, glaubt Yahyaijan. Dazu sind die Oberschwaben extrem heimstark. Im eigenen Stadion zu verlieren, kennen sie in dieser Saison noch gar nicht. Fünf Spiele, vier Siege, 13 Punkte und 16 erzielte Tore sagen alles über die Gefährlichkeit der Mannschaft von Trainer Steffen Wohlfarth. „Diese Wucht gilt es zu bändigen“, weiß Yahyaijan um die Schwere der Aufgabe. Dennoch sei es das klare Ziel, dort zu punkten. „Ravensburg geht offensiv viel Risiko, darin liegt unsere Chance“, hat der Villinger Coach ausgemacht. Dabei kann er wieder auf die Dienste seines Bruders Kamran nach abgesessener Sperre im Sturm zurückgreifen. Ebenso baut er auf die Rückkehr von Patrick Peters in der Hintermannschaft, während ein Einsatz für Lhadij Badiane nach dessen Oberschenkelblessur wohl immer noch zu früh kommt.