Wie heiß wird es im Bayreuther Festspielhaus? Das war die Frage, die ich mir bereits Tage vor der Anreise mit bangem Blick auf die Wettervorhersage gestellt habe. Denn irgendwann war klar: Der Donnerstag, der Premierentag, würde der heißeste Tag der Hitzewelle werden. Und das Bayreuther Festspielhaus hat keine Klimaanlage. Zu Richard Wagners Zeit gab es halt noch keinen Klimawandel. Und in ein historisches Haus eine Klimaanlage einzubauen, das ist nicht einfach. Behauptet jedenfalls die Festspielchefin Katharina Wagner.
Ich schwitze schon bei der Anreise. Im Regionalzug zwischen Nürnberg und Bayreuth zeigt mein Thermometer gegen 13 Uhr bereits 34 Grad an – dabei sitze ich in dem Abteil, in dem die Klimaanlage noch so halbwegs funktioniert.
„In erster Linie Kopfsache“
Kurz vor 15 Uhr mache ich mich auf den Weg zum Festspielhaus. Wagner-Opern beginnen grundsätzlich um 16 Uhr. Vorher muss ich noch ins Pressezentrum mein Ticket abholen. Der Hotelier hat mich noch beruhigt. Diese Hitze durchzustehen, das sei doch in erster Linie eine Kopfsache. Passieren werde da nichts. Na ja, antworte ich, vielleicht so lange die Temperatur nicht die eigene Körpertemperatur übersteigt.
Eilmeldung: Hitzerekord
Ich stelle mir vor, dass dann irgendeine Art osmotischer Druck einsetzt und mich gewiss zum Platzen bringt. Nein, nein, so schlimm komme es nicht, beruhigt er mich. Kurz darauf erhalte ich eine Eilmeldung: In Bonn-Roleber wurden 40,6 Grad gemessen. Ein neuer deutscher Hitzerekord. Da haben wir es in Bayreuth doch noch richtig gut.

Beim Betreten des Festspielhauses denke ich: Geht doch eigentlich. Ein bisschen Lüftung gibt es hier nämlich schon. Aber das hält natürlich nicht lange. Während des ersten Aktes steigt die Temperatur merklich an. Vielleicht ist es auch nur die Schwüle. Zahllose Fächer sind in Bewegung. Und irgendwie ist es auch unruhiger als sonst.
Irgendwo in der Mitte der Reihe 27 wage ich mir nicht vorzustellen wie es ist, wenn ich jetzt umkippen würde, und bin einfach dankbar, dass heute nur der vergleichweise knappe „Tannhäuser“ gespielt wird und nicht etwa die „Götterdämmerung“. Schon nach einer Stunde ist der erste Akt zu Ende. Mein Thermometer zeigt 31 Grad an. Ich bin froh, dass ich raus komme. In der Sonne ist es zwar noch heißer, aber wenigstens gibt es Luft zu atmen.
Draußen geht die Vorstellung ja quasi weiter. Erstmals in der Festspielgeschichte gibt es so eine Art Pausenunterhaltung. Also hin. Die Dragqueen namens Le Gateau Chocolat und der kleine Oskar Matzerath sind jetzt von Statisten, die sie noch auf der Bühne waren, zu Musikern mutiert und liefern eine Performance. Le Gateau kann dabei noch hin und wieder im Schatten der Büsche herumhüpfen, aber Oskar paddelt in der prallen Sonne auf dem Teich. Es muss schrecklich sein, aber er lässt sich nichts anmerken. Echte Künstler eben.
Vor Beginn des zweiten Aktes überlege ich mir, dass ich lieber mit jemand am Rand meinen Platz tauschen würde. Seltsamerweise sind aber alle, die randnah sitzen, äußerst zufrieden mit ihren Plätzen und wollen dort sitzen bleiben. Schließlich ergatter ich doch noch einen Randplatz neben einem der Türsteher. So kann ich den zweiten Akt beruhigter durchstehen. Mein Thermometer zeigt 33 Grad. Es ist 18.10 Uhr.
Vielleicht doch mal eine Klimaanlage?
Danach wird es zumindest nicht mehr schlimmer. Die Vorstellung ist gegen 21 Uhr zu Ende. Und die 28 Grad anschließend im Biergarten sind dann richtig angenehm. Aber sollte zufällig Bayreuth im nächsten Sommer den deutschen Hitzerekord knacken, dann wird sich Katharina Wagner das mit der Klimaanlage doch noch mal überlegen müssen.