And the winner is.... Sara Glojnarić! Die junge Komponistin wurde hochverdient für ihr Stück „Ding, Dong, Darling!“ mit dem diesjährigen Orchesterpreis des SWR Symphonieorchesters ausgezeichnet, der immer zum Abschluss der Donaueschinger Musiktage vergeben wird.

Der Preis ist undotiert, garantiert dem ausgezeichneten Werk aber ein Weiterleben in Form weiterer Aufführungen – was etlichen Uraufführungen sonst nicht vergönnt ist. Die Jury sah in Glojnarićs hochvirtuoser Komposition „ein Abbild unserer vielschichtigen Gegenwart“.

Popkulturelle Einflüsse

Das Orchester stellt sich damit dem Generationenwechsel, der auch in der Gegenwartsmusik zu greifen ist – nicht erst seit Donaueschingens künstlerische Leiterin Lydia Rilling sehr viel mehr junge und vor allem weibliche Komponistinnen und Interpretinnen ins Festival geholt hat. Mit ihnen ändern sich sowohl die Themen, mit denen sich die Werke auseinandersetzen, als auch die Stilistiken. Sie werden durchlässiger für popkulturelle Einflüsse und erweitern die thematische Bandbreite.

Dass Glojnaric ihr Stück „Ding, Dong, Darling“ für Orchester und Elektronik als Feier des queeren Lebens versteht, ist dabei nicht wichtig zu wissen, um der Energie und dem Drive des Stücks zu erliegen. Auch sämtliche popkulturellen Referenzen, die darin aufgegangen sein mögen, braucht man nicht erst zu entschlüsseln, um sich von den vertrackten Rhythmen fesseln zu lassen. Das Orchester ist da ganz schön gefordert, die Komponistin treibt es förmlich vor sich her. Ein kleines Meisterwerk.

Julia Barger und Ruseell Greenberg vom Quartett Yarn/Wire bei der Arbeit an Simon Steen-Andersens „grosso“.
Julia Barger und Ruseell Greenberg vom Quartett Yarn/Wire bei der Arbeit an Simon Steen-Andersens „grosso“. | Bild: Ralf Brunner/SWR

Gut möglich, dass der Jury die Entscheidung nicht ganz leicht gefallen ist. Denn unter den sechs Orchesterwerken in diesem Jahr ragte noch ein anderes hervor: „grosso“ für verstärktes Quartett, Leslie-Lautsprecher und Orchester von Simon Steen-Andersen. Allerdings hat der dänische Komponist schon zwei Mal den Preis geholt. Man kann ihn nicht jedes Mal auszeichnen – obwohl er es durchaus verdient hätte. Das Stück, das dem Orchester ein Quartett aus zwei Hammond-Orgeln, Schlagwerk und allerlei Krimskrams gegenüberstellt (die wunderbaren New Yorker Yarn/Wire), schwimmt einerseits auf der Retro-Welle, erweist sich darin allerdings als unerschöpfliche Wundertüte witziger Klangideen. Behaupte noch einer, Musik ohne Text oder Szene könne nicht humorvoll sein. Ganz großes Theater ist „grosso“ sowieso.

Was sonst noch in Erinnerung bleibt

Was bleibt sonst noch vom Donaueschinger Jahr 2024 in Erinnerung? Von Enno Poppes verzehnfachten Drum-Set war an anderer Stelle bereits die Rede. Auch eindrücklich: Carola Bauckholts poetisches „My Light Lives in the Dark“ für Kontrabass (Florentin Ginot) und Elektronik in der Dunkelheit des Schlossparks – ein feiner Herbstnachts-Traum, ohne Oberon, aber mit von den Bäumen zurückgeworfenen Tierlauten und Vogelrufen.

Konzert im Schlosspark: Der Kontrabassist Florentin Ginot mit einem Stück von Carola Bauckholt.
Konzert im Schlosspark: Der Kontrabassist Florentin Ginot mit einem Stück von Carola Bauckholt. | Bild: Ralf Brunner/SWR

Als sakral anmutendes Raumklang-Bad der unkitschigen Sorte erwies sich Claudia Jane Scroccaros „On the Edge“ für sechs Solistinnen, Chor (SWR Vokalensemble) und Elektronik, das sich mit Frauenschicksalen am Rande der Gesellschaft auseinandersetzt.

Ein Novum und dennoch fast untergegangen: Lucia Kilgers „smonize“. Erstmals hatten die Musiktage einen Kompositionsauftrag für den digitalen Raum vergeben. „Smonize“ ist entsprechend nur online zu erleben. Ein revolutionäres Format ist dabei nicht herausgekommen, eher etwas wie ein Musikvideo. Man wird sehen, ob im digitalen Raum künftig noch andere Ideen entstehen.

Die beiden Konzerte des SWR Symphonieorchesters wurden live als Video-Stream auf http://SWRkultur.de übertragen und sind dort weiterhin abrufbar