Vielleicht kommt sie ja auch diesmal noch: Die Zeit, in der aus Deutschen, die über Einkaufstouristen motzen, fröhlich wedelnde Bergtouristen in den Schweizer Alpen werden. Vielleicht erlaubt die Corona-Pandemie ganz am Ende der Saison noch einen Ski- oder Snowboard-Urlaub im grenznahen Umland.
Und dann? Wie sagen wir dem Grenzer, der Ski-Lehrerin oder dem Hirtenwirt Guten Tag? Mit anderen Worten: Wie halten wir es mit dem „Grüezi“ als Deutsche? Ist es erstens schlicht falsch, zweitens nur peinlich oder aber drittens anbiedernd, Schweizer damit zu grüßen?
Was bedeutet Grüezi eigentlich?
Zu erstens: Nein, denn sprachgeschichtlich bedeutet das Schweizer Wort schlechthin einfach nur „Grüße euch“. Solange die Hörerin oder der Hörer ein wenigstens leidlich vorgetragenes ü-e vernimmt, geht das auch lautmalerisch völlig in Ordnung. Damit verbunden zu zweitens: Richtig peinlich würde es nur, wenn es sich anhörte, als meinte der Sprecher das mit Vanillesauce servierte rote Fruchtkompott statt der freundlichen Begrüßung.
Schwieriger zu beantworten ist die dritte Frage. Ist das „Grüezi“ Ausdruck klebriger Schmeichelei, weil man sich dies- und jenseits der Grenze sonst nichts zu sagen hätte? Deutsche gelten im Ausland als besonders bemüht, wenigstens ein paar Brocken Landessprache loszuwerden.
Quasi jeder Reiseführer, ob mit oder ohne Insider-Tipps, beinhaltet ein Kapitel mit den wichtigsten Phrasen – meist am Ende aufgeführt, nachdem alle Schlösser und Museen ausführlich erklärt und jedes Restaurant für seine Urtümlichkeit gerühmt wurde. Gut so, Millionen Deutsche wissen deshalb, dass Griechen „Nä“ sagen, wenn sie „Ja“ meinen.
Ein Lächeln als Lohn
Im Gegenzug für den Spracherwerb gibt‘s dann im Gastgeberland ein bestätigendes Lächeln zurück. Zumindest, wenn es nicht zu grauenvollen Kauderwelschs wie diesem führt: „Hello, una cerveza, aber pronto, s‘il vous plaît.“ Wer einem dagegen schon den nicht ganz akkurat vorgetragenen fremdsprachlichen Gruß übel nimmt, darf sich über seine davon abgesehen fehlenden Probleme freuen. Daher lautet das Zwischenfazit: In der Schweiz also getrost mit „Grüezi“ arbeiten.
Der gewiefte Sprachfuchs geht aber noch einen Schritt weiter und sagt nicht nur dem Franzosen Bonjour, dem Spanier Buenos Días und dem Briten Good Afternoon. Nein, wenn sie oder er Bundeslandesgrenzen überschreitet, ist dann auch ein „Griaß di“ und „Pfiati“, „Moin“ oder „Guuude“ drin. Womit wir wieder bei der Pandemie wären. Denn wann, wenn nicht in diesem verseuchten Jahr mit all seinen Beschränkungen, waren wir uns mehr darüber bewusst, dass wir gerade das Ländle verließen? Auch ohne Sprachbarrieren.