Ein Abend voller Empathie, voller Melancholie und voller Lebensfreude. Einmal mehr haben die Macher der Südwestdeutschen Philharmonie bei der Auswahl des Solisten ein gutes Händchen bewiesen. Der deutsch-schweizer Cellist Emanuel Graf war der Star des Abends, immer aufs Höchste konzentriert, mit seinem Instrument geradezu verwachsen, in der Darbietung mit großartiger Leichtigkeit.

Das Konzert für Violoncello und Orchester h-Moll, op. 104 von Antonin Dvorak stand auf dem Programm. Graf, als Solist in der ganzen Welt zuhause – New York, Shanghai, Wien – brillierte von Beginn an auf seinem Stradivari Cello, welches zu spielen ihm ein Gönner ermöglicht hat. Chefdirigent Gabriel Venzago agierte leidenschaftlich und mit Verve, wie man es von ihm seit seiner Ankunft in Konstanz im letzten Sommer schon gewohnt ist.

Liebeserklärung an die Heimat

Dvoraks Werk ist eine Liebeserklärung an seine Heimat, der Komponist weilte lange Zeit in Amerika, alte und neue Welt treffen hier aufeinander. „Das Cello ist ein Stück Holz, das oben kreischt und unten brummt“ ist als Zitat des Komponisten überliefert, der mit diesem Werk den Gral gefunden hat. Im ersten Satz beginnen die Bläser sehr bedächtig, langsam entwickelt sich das Crescendo, dann geht es rasant ins Forte, bis das Cello einsetzt und in komplexen Tonfolgen eröffnet.

Dem Stück wohnt eine enorme Dynamik inne, teils sehr lieblich, aber immer präsent. Auch der zweite Satz ist von Sehnsucht geprägt mit allen Nuancen dieser tiefen Lieblichkeit. Dann donnert das Orchester wieder, der wuchtige Klangkörper zieht alle Register. Das Cello ist als Instrument bestens geeignet, alle Melancholie des Stückes zu transportieren. Im dritten Satz tänzelt Graf durch die Partitur, es kommt zum großen Finale, immer mit einem spürbaren Hauch an Nostalgie. Lange anhaltender Applaus.

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Der zweite Teil dann mit der Symphonie Nr. 2 D-Dur op. 73 von Johannes Brahms. Selbiger war im übrigen ein großer Gönner Dvoraks. So war das Werk auch mit Bedacht ausgewählt worden. „Seelenmusik“ nannte es Venzago bei seiner Werkseinführung. Den Zuhörern bot sich eine Klangwelt der besonderen Art, die Musik durchleuchtet von einer luziden, aber keineswegs grellen Helligkeit. Als würde die Sonne den Raum fluten. Im Grunde hat Brahms ein großes symphonisches Schlaflied geschaffen, mal sanft und leicht, dann vom Graziösen wieder ins Schwere. Ländliche Tänze hört man heraus. Bereits im Allegro kommt die Sehnsucht zu Tage, vielleicht nach einer neuen Welt, vielleicht nach Frieden. Lebensfreude und Nostalgie müssen sich nicht widersprechen.

Spätestens im Adagio muss man Brahms lieben. Im Allegretto grazioso hat man eine Flusslandschaft vor Augen, es geht heiter und beschwingt. Die Symphonie wurde denn auch wegen ihrer großen Wirkung als „Beethovens Zehnte“ gehandelt. Im abschließenden Allegro dann hört man, wie eine Symphonie klingen muss: mächtig und kraftvoll mit einem furiosen Finale.