Nein, auch in diesem Jahr wird es wohl nichts mit einem unbeschwerten Festivalsommer. Zumindest die größte Veranstaltung dieser Art in unserer Region, das Southside in Neuhausen ob Eck, wird zum zweiten Mal in Folge ausfallen. Aufgrund der weiterhin bestehenden unsicheren Infektionslage habe man sich zu einer Absage entscheiden müssen, teilte das Konzertveranstalter-Netzwerk Eventim Live mit.
Neben dem Southside sind zahlreiche weitere große Festivals betroffen wie etwa „Rock am Ring“ in der Eifel, das Nürnberger „Rock im Park“ und auch das Schwesterfestival „Hurricane“ im niedersächsischen Scheeßel.
Für das diesjährige Southside hatten Bands wie Kings Of Leon, Rise Against und The Killers zugesagt. Allerdings mussten angesichts der anhaltend hohen Infektionszahlen bereits in den vergangenen Monaten viele internationale Künstler ihre Tourneen wieder abblasen – und damit auch ihre Festivalauftritte. Beim Southside traf es etwa die Band „The 1975“, dem Open Air auf Schloss Salem gab Roger Hodgson einen Korb.
„Stand jetzt findet Salem Open Air statt“
Im Salem sollen es nun nationale Popgrößen wie Peter Maffay und Sarah Connor richten. Ob es wirklich so kommt, weiß man beim Veranstalter Allgäu Concerts allerdings auch noch nicht: „Stand jetzt findet das Salem Open Air statt“, teilt Pressesprecherin Yasmin Voit mit. „Wir beobachten aber natürlich genau, wie sich das Infektionsgeschehen weiter entwickelt.“
In Neuhausen ob Eck herrscht derweil Traurigkeit. Zwar seien die Auswirkungen der Absage auf den lokalen Handel und das Gastgewerbe gering, erklärt Bürgermeisterin Marina Jung auf SÜDKURIER-Anfrage. „Die Besucher bleiben ja meistens auf dem Festivalgelände.“ Das Festival stelle für die Gemeinde aber eine große Bereicherung dar: „Eines der größten Festivals der Republik bei uns vor Ort zu haben, macht uns stolz.“
Marcus S. Kleiner ist Festivalexperte und Professor für Medien- und Kommunikationswissenschaft an der SRH Berlin University of Applied Science. Eine erneute Absage von Musikfestivals, sagt er gegenüber dem SÜDKURIER, könnten nur große Veranstalter finanziell verkraften – „und auch die nur mit Schmerzen“.
Sollte es im kommenden Jahr erneut zu einem Ausfall kommen, wären wohl auch die Branchenriesen am Ende ihrer Möglichkeiten angekommen. „Wir beobachten hier die ökonomische Erosion einer ganzen Branche.“

Diese Einschätzung deckt sich mit Auskünften des Southside-Veranstalters FKP Scorpio. Von einem „erheblichen“ finanziellen Schaden berichtet Pressesprecher Jonas Rohde auf SÜDKURIER-Anfrage. Er sei zwar nur schwer zu beziffern, werde sich aber für das Unternehmen im Millionenbereich bewegen. Scorpio muss den Schaden offenbar selbst tragen. „Unsere Festivals sind entgegen des letzten Jahres nicht mehr versichert“, teilt Rohde mit.
An der Vorbereitung und Veranstaltung eines Festivals wie dem Southside sind seinen Angaben zufolge insgesamt rund 5000 Personen beteiligt. „Allein unsere Firmengruppe beschäftigt rund 150 Mitarbeiter in Deutschland.“ Hinzu kommt ein Netz aus Partnern und Dienstleistern, die die Logistik einer Kleinstadt erst möglich machen.
Kein Geld für Digitales
Wie lassen sich angesichts dieses enormen Aufwands bei gleichzeitiger Unsicherheit künftig überhaupt noch Festivals organisieren? Marcus Kleiner sieht ein wesentliches Problem in der mangelnden Zahlungsbereitschaft für digitale Konzerte. Gleichzeitig gebe es kein Konzept für Live-Auftritte unter Pandemie-Bedingungen. Konzertveranstalter, rät Kleiner, sollten deshalb mehr als bisher „über Live-Musik in Zeiten der wahrscheinlich wiederkehrenden Pandemien nachdenken“. Denn die aktuelle Coronakrise werde nicht die letzte Herausforderung ihrer Art sein.
Beim Southside hofft man vorerst auf den Sommer 2022. Dann soll es endlich wieder klappen mit einem Festival in annähernd gewohnter Form. Die Tickets, heißt es, behalten bis dahin ihre Gültigkeit. Wer dann auf der Bühne steht? Man arbeite mit Hochdruck daran, einen Großteil des diesjährigen Line-ups erneut zu bestätigen, sagt Jonas Rohde vom Versanstalter FKP Scorpio: „Wir werden uns schon in Kürze dazu melden.“